Unser Haus dem Himmel so nah. Shahla Ujayli. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Shahla Ujayli
Издательство: Bookwire
Серия: Alawi Bibliothek
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783966750257
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immer wieder aus den Fingern glitt, und rief: »Haltet diese Verrückte auf, sonst bringt sie ihre Kinder noch um!« Die drei Jungen flüchteten sich zu ihr und suchten Schutz in ihrem Haus, das eher einer Höhle glich. »Souaida ist auch ein Gangster!«, war Natalias Kommentar dazu.

      *

      Tante Souaida war sehr hellhäutig, klein und dick und hatte einen gewaltigen Hintern, den ihre traditionellen, weiten Unterkleider nicht verbergen konnten. Ihr Haar hatte sie in zwei kurze Zöpfe geflochten. Jeden Morgen, wenn sie den Gehweg vor dem Haus fegte, rutschte der Stoff ihres Gewandes zwischen ihre Gesäßbacken und zog die Blicke von Groß und Klein, Anwohnern und Passanten, auf sich. Später stellte sich heraus, dass ihr Unterhosen zu sehr ins Fleisch schnitten, und so hatte sie beschlossen, darauf zu verzichten. Dies gab sie auch allen bekannt. Meine Mutter missbilligte dieses Benehmen sehr und sagte, es gehöre sich nicht und Tante Souaida lebe wie eine Ungläubige. Aber sie bete und faste doch und lese im Koran, entgegnete ich. Und Onkel Faisal erhob sie sogar zu einem Muster an revolutionärer Gesinnung, einem modernen Exemplar der Sansculotten während der Französischen Revolution in Paris. Unter ihnen seien auch Arbeiterinnen gewesen, in denen man heute eine der Wurzeln der internationalen Frauenbewegung sehe, die gegen aristokratische Gepflogenheiten aufbegehrten, indem sie keine Kniebundhosen, sondern lange Hosen trugen.

      Tante Souaidas Erscheinung und revolutionäre Autorität erfüllten mich stets mit Bewunderung und Freude, und so setzte ich mich gerne auf die Schwelle des Nachbarhauses, um ihren emsigen Bewegungen zuzusehen, für die ihr schwerer Körper kein Hindernis darstellte. »Sitz nicht auf der Schwelle, Djudju«, rief sie mir dann zu, »die Dschinn halten dort Hochzeit, und du störst sie!« Sie war die Einzige, die mich Djudju rief, denn Kosenamen waren in unserem Haus verboten. Ich erschauerte bei ihren Worten, setzte mich woandershin und dachte: ›Warum lassen die Dschinn eigentlich so viel Platz ungenutzt und tummeln sich nur auf den Türschwellen?‹

      Irgendwann zog Onkel Faisal mit seiner Familie nach Bagdad, um an der Universität Kunst zu unterrichten. Er hatte von Freunden, die er von seinem Studium in Rom her kannte, ein verlockendes Angebot erhalten. Die Chance, an den Universitäten von Damaskus oder Aleppo eine Stelle zu bekommen, war für einen Nicht-Baathisten ohnehin gering. Er kämpfte zwar in einer seltsamen Mischung von Existenzialismus und Marxismus weiter gegen Privateigentum, Grundbesitz und die Reaktion, lebte aber von den Zinsen seiner Erbschaft, auch wenn von dem Land seines Vaters nur ein Bruchteil übriggeblieben war. Zum letzten Mal sahen wir ihn 1983, als er sich von uns verabschiedete, um nach Rom zu ziehen. Er hatte gerade eine einjährige Haftstrafe verbüßt, weil er trotz des vollständigen Abbruchs der Beziehungen zwischen Syrien und dem Irak Kontakt zu irakischen Staatsbürgern gehabt hatte. Von Rom ging er wieder nach Bagdad, wo er später promovierte. Trotz der Kriege im Irak verließ er das Land danach nicht mehr. Nachdem man ihn beschuldigt hatte, dem irakischen Flügel der Baath-Partei anzugehören, war es ihm auch gar nicht mehr möglich, zurückzukehren. Ihn plagte das Heimweh, bis er wenige Monate nach dem Einmarsch der Amerikaner starb.

      Als ich im Jahr 2005 mit einer Alitalia-Maschine von Casablanca zu einer Tagung über mediterrane Frauenmythen nach Mailand reiste, sagte der Steward durch, Käpt’n Qais Badran lasse die Passagiere grüßen. In vier Sprachen wurde der Name bestätigt: Der Pilot war tatsächlich Qais, der Sohn meines Onkels Faisal. Ich bat darum, ihn sehen zu dürfen, und etwa auf halber Strecke besuchte er mich an meinem Platz. Wir hielten uns lange in den Armen. Er war attraktiv und stark. Wie mein Vater hatte er den glühenden Blick der Badrans. Ich verliebte mich sofort in ihn und wünschte mir, immer bei ihm bleiben zu können. In Mailand stellte er mir seine italienische Frau vor und berichtete, dass sie alle nach der amerikanischen Besatzung des Irak nach Italien gezogen seien und dass seine Mutter Natalia vor einem Jahr an einem Stromschlag gestorben sei, als sie den Weihnachtsbaum schmückte.

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