Das Beweiserhebungs- und -verwendungsverbot des § 160a Abs. 1 StPO erstreckt sich auf alle Ermittlungsmaßnahmen – nach herrschender Meinung – mit Ausnahme der §§ 97 und 100c Abs. 6 StPO, sofern diese eine eigene Regelung treffen.[12] Ermittlungsmaßnahmen sind Tätigkeiten der Strafverfolgungsbehörden, die auf die Aufdeckung und Erforschung eines Sachverhalts gerichtet sind.[13] Ob die Maßnahme offen oder verdeckt durchgeführt wird, ist irrelevant.[14]
c) Voraussichtliche Erkenntnisse, über die diese Person das Zeugnis verweigern dürfte
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Der Schutz des § 160a Abs. 1 StPO bezieht sich auf Erkenntnisse, über die die genannten Personen voraussichtlich das Zeugnis verweigern dürften. Die Reichweite des Erhebungs- und Verwendungsverbotes steht daher in unmittelbarem Zusammenhang mit den Vorschriften der §§ 53, 53a StPO und es ist ein enger Zusammenhang der anvertrauten oder bekanntgewordenen Tatsachen mit der Berufsausübung zu fordern. Ist das Bestehen eines Zeugnisverweigerungsrechts umstritten, schlägt dieser Streit unmittelbar auf die Anwendbarkeit des § 160a StPO durch.[15] In tatsächlicher Hinsicht ist Sicherheit über das Bestehen des Zeugnisverweigerungsrechts nicht erforderlich, um den Anwendungsbereich zu eröffnen. Ausreichend ist die Prognose, dass bei Vornahme der jeweiligen Ermittlungsmaßnahme entsprechende Erkenntnisse gewonnen werden.[16] Maßgeblich sind die vorliegenden tatsächlichen Anhaltspunkte.[17] Weitergehende Ermittlungen, ob entsprechende Erkenntnisse zutage treten könnten, sind nicht erforderlich.[18] Treten sie zutage, ist ihre Verwendung gem. § 160a Abs. 1 S. 2 StPO untersagt. Werden nicht geschützte Gegenstände gezielt mit Gegenständen verknüpft, die dem Schutz des § 160a Abs. 1 StPO unterfallen, um eine Überwachung zu verhindern, hindert das rechtsmissbräuchliche Verhalten die Ermittlungsmaßnahme nicht.[19]
aa) Unzulässigkeit der Ermittlungsmaßnahme gemäß Abs. 1 S. 1
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§ 160a Abs. 1 S. 1 StPO enthält ein Beweiserhebungsverbot, das die genannten Personen von gegen sie gerichteten Ermittlungsmaßnahmen gleich welcher Art freistellt. Die Freistellung ist absolut ausgestaltet, d.h. sie ist keiner Abwägung im Einzelfall zugänglich.[20] Auf die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts kommt es nicht an.
bb) Beweisverwendungsverbot gemäß Abs. 1 S. 2
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Unterstützt wird das Beweiserhebungsverbot des S. 1 durch ein absolutes Verwendungsverbot der erlangten Erkenntnisse im weiteren Verfahren. Verboten ist daher nicht nur die Einführung der Erkenntnisse in das Strafverfahren, sondern auch jegliche Form der Nutzung solcher Daten zu Zwecken der weiteren Informationsgewinnung oder -verarbeitung.[21] Ein Verstoß gegen das Beweiserhebungsverbot des § 160a Abs. 1 S. 1 StPO ist nicht erforderlich, um das Verwendungsverbot zu begründen.[22] Im Sinne der Norm „dennoch“ erlangte Erkenntnisse sind insbesondere auch solche, bei denen die Prognose ex ante rechtsfehlerfrei die Durchführung einer Ermittlungsmaßnahme gestattet hat und sich erst ex post herausstellt, dass die Prognose unzutreffend war.[23] Zum Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung und der besonderen Vertrauensbeziehungen greift das Verwendungsverbot aber auch ein, wenn der Zeugnisverweigerungsberechtigte z.B. ohne Entbindung von der Schweigepflicht freiwillig an der Ermittlungsmaßnahme mitwirkt.[24]
cc) Pflicht zur unverzüglichen Löschung gemäß Abs. 1 S. 3 und zur Erstellung von Aktenvermerken gemäß Abs. 1 S. 4
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Unverwendbare Daten i.S.d. § 160a Abs. 1 S. 2 StPO sind gem. S. 3 unverzüglich zu löschen. Die Tatsachen der Erlangung und die Löschung der Aufzeichnungen sind gem. S. 3 aktenkundig zu machen, um die Einhaltung der Löschungspflicht zu dokumentieren und zugleich die Voraussetzungen einer gerichtlichen Überprüfung zu erhalten.[25] Der Löschungspflicht unterliegt stets die Person, die mit der Auswertung der Maßnahme betraut ist.[26]
dd) Revisionsgrund
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Werden Erkenntnisse in der Beweiswürdigung berücksichtigt, die einem Beweisverwertungs- oder sogar -verwendungsverbot i.S.d. § 160a Abs. 1 S. 2 und 5, Abs. 2 S. 3 StPO unterliegen, ist ein relativer Revisionsgrund gegeben.[27] Wie auch im Rahmen des § 97 StPO muss der Revisionsführer darlegen, dass die Voraussetzungen des Abs. 4 nicht vorlagen, wenn diese Möglichkeit ernsthaft in Betracht zu ziehen ist.[28] Wurde zu Unrecht ein Beweisverwertungs- oder -verwendungsverbot angenommen, kann dies mit der Aufklärungsrüge beanstandet werden.[29]
a) Geschützte Personen
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Dem Schutz des Abs. 2 unterfallen gem. S. 1 und 4 die in § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 3–3 b und Nr. 5 genannten Personen mit Ausnahme von Rechtsanwälten, nach § 206 BRAO in eine Rechtsanwaltskammer aufgenommenen Personen und Kammerrechtsbeiständen. Die letztgenannte Gruppe von Berufsträgern wird ja seit der Neufassung des § 160a StPO durch Abs. 1 geschützt. Der Ausschlussgrund des Abs. 4 gilt für Abs. 2 entsprechend den Ausführungen zu Abs. 1.
b) Ermittlungsmaßnahme und Erkenntnisprognose
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Zu den Tatbestandsmerkmalen „Ermittlungsmaßnahme“ und das „voraussichtliche Erlangen von Erkenntnissen, über die die Person das Zeugnis verweigern dürfte“ gilt das zu Abs. 1 Gesagte entsprechend.
aa) Berücksichtigungspflicht bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung gemäß Abs. 2 S. 1 und 2
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§ 160a Abs. 2 S. 1 und 2 StPO sieht für die dort genannten Personen ein relatives Beweiserhebungsverbot vor.[30] Dass voraussichtlich Erkenntnisse erlangt werden, über die die geschützten Personen das Zeugnis verweigern dürften, ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung besonders zu berücksichtigen. Betrifft das Verfahren keine Straftat von erheblicher Bedeutung, sei – so der Gesetzeswortlaut – in der Regel nicht von einem Überwiegen des Strafverfolgungsinteresses auszugehen. Soweit geboten, ist die Maßnahme dann zu unterlassen oder, soweit dies nach der Art der Maßnahme möglich ist, zu beschränken. Eine Straftat von erheblicher Bedeutung ist nach überwiegender Auffassung eine solche, die mindestens dem Bereich der mittleren Kriminalität zuzurechnen ist, den Rechtsfrieden empfindlich stört und darüber hinaus geeignet erscheint, das Gefühl der Rechtssicherheit der Bevölkerung erheblich zu beeinträchtigten.[31]
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Die Reichweite des relativen Beweiserhebungsverbotes richtet sich wie auch die Reichweite des absoluten Beweiserhebungsverbotes nach der des Zeugnisverweigerungsrechts. Die Verhältnismäßigkeitsprüfung selbst ist unabhängig davon durchzuführen, ob sich die Maßnahme unmittelbar gegen den geschützten Berufsträger richtet oder gegen einen Dritten.[32] Anders als in Abs. 1 S. 1 ist es nicht erforderlich, dass sich die Ermittlungsmaßnahme gegen die genannte Person „richtet“. Vielmehr ist nach § 160a Abs. 2 S. 1 StPO ausreichend, dass eine geschützte Person „betroffen wäre“. Einer § 160a Abs. 1 S. 5 StPO entsprechenden Regelung bedurfte es in Abs. 2 daher nicht. Entscheidend ist vielmehr die von den Ermittlungsbehörden anzustellende Prognose, ob die Maßnahmen Erkenntnisse hervorbringen werden, die dem Zeugnisverweigerungsrecht einer geschützten Person unterliegen. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung ist das Interesse der Allgemeinheit an einer wirksamen Strafrechtspflege gegen das Interesse der Allgemeinheit an der vom Berufsträger wahrgenommenen Aufgabe und dem individuellen Interesse an der Geheimhaltung der jeweiligen Tatsachen abzuwägen.[33] Bei Straftaten, die nicht von erheblicher Bedeutung