167
Ob ein Unternehmen im Zuge von Straf- oder Bußgeldverfahren mit der ermittelnden Behörde kooperiert und an diese Berichte über die Internal Investigation herausgibt, wird in der Praxis stark motiviert durch informelle Zusagen der Behörden über Strafnachlässe und sonstige Milderungen der Umsetzung von Besserungs- und Selbstreinigungsmaßnahmen, die den Anforderungen oder Auflagen der Behörden genügen. Solche Maßnahmen können allerdings nur erzwungen werden, wenn eine förmliche Bindung des Unternehmens an solche Auflagen eingetreten ist oder das Unternehmen – nach wohlüberlegter Abwägung der Vorteile und Nachteile für das Unternehmen – aus eigener Überzeugung sich zur Umsetzung solcher Maßnahmen entscheidet (auch im Vorgriff oder zur Vermeidung verbindlicher Auflagen). Auf vage Zusagen der Behörden hin muss sich das Unternehmen nicht festlegen. Es kann nach in- und ausländischen Vorgaben mit der Investigation einen eigenen Kurs wählen und damit (zunächst) autonom über die Verwendung der Ergebnisse der Internal Investigation bestimmen. Das gilt auch bei Anwendung der sog. US-amerikanischen SEC-Verhaltensempfehlungen (sog. „Sentencing Guidelines“) oder vergleichbarer kartellrechtlicher Vorgaben von EU-Behörden und des BKartA. Vielfach empfiehlt es sich daher, möglichst förmliche Zusagen zu verabreden oder – wenn die Behörde sich nicht selbst binden will – eine Dokumentation der Gespräche mit den Behörden anzulegen, um ggf. später bei Versuchen der Behörden, sich von diesen Zusagen zu distanzieren („Erinnerungslücken“, „Dezernatswechsel“) die Gesprächssituationen dokumentieren zu können.
b) Berichtsinhalt, Berichtsformat
168
Der Inhalt und das Format des Berichts an die Behörden entsprechen im Wesentlichen den Anforderungen der Berichtsinhalte an Leitungsgremien und die externe Kommunikation des Unternehmens. Wenn im Einzelfall kein besonderes Format verabredet ist, empfiehlt sich eine Abklärung mit den Behörden, ob von dort Bedenken gegen die Vorlage der im Projekt entstandenen Berichterstattung (strategisches und operatives Reporting) bestehen.
169
Aus schlechten Erfahrungen der Praxis zu den angeblich möglichen „Abschichten“ von Themen und Inhalten bei Berichten, die die kfm. Betriebsführung, Sorgfaltsgrundsätze oder betriebswirtschaftliche Faktoren usw. betreffen, ist davon abzuraten, zweierlei Berichte entstehen zu lassen, die man dann unterschiedlichen Adressaten übergibt. Die für eine Trennung der Berichterstattung angeführten Gründe (bspw. der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, der Schutz der Selbstbelastungsfreiheit von Mitarbeitern, die Angst vor einer unkontrollierten Verbreitung ehrenrühriger Tatsachen durch Ermittlungsbehörden[40] etc.) können als Argumente gegen eine umfassende Kooperation ausgelegt werden. Wenn das Unternehmen auf dem Standpunkt steht, jede Seite solle die eigenen Aufgaben in der ihr vorgegebenen prozessualen Logik und rechtlichen Umgebung durchführen, dann spricht nichts für eine Trennung von Berichtsinhalten, sondern alles für eine Nichtherausgabe. Will man aber die Akzeptanz der eigenen Berichterstattung (bspw. als Sachverständigengutachten gegen einen Ermittlungsvorwurf) erreichen, dann sollte man sich auch für die vollständige Übergabe des Berichts entscheiden. Was im technischen und medizinischen Bereich längst akzeptiert ist, sollte sich auch für kaufmännisch-betriebswirtschaftliche Themen durchsetzen.
a) Abschlussbericht; typische Inhalte
170
Der Abschlussbericht ist ein Ergebnisbericht. Zwar darf jedes Projekt aus Sicht des Projektverantwortlichen auch mit einem Bericht über das Projektcontrolling[41] enden, für die durch die Geschäftsleitung gem. §§ 78, 93 Abs. 1 AktG, §§ 37, 43 Abs. 1 GmbHG zu treffenden Entscheidungen stehen aber eindeutig die Ergebnisse der Feststellungen und Würdigungen im Vordergrund.
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Im Idealfall erfüllt der Abschlussbericht mehrere Funktionen:[42]
– | Qualifizierung eines festgestellten Verhaltens aus strafrechtlicher/bußgeldrechtlicher Sicht (d.h. im Entscheidungsbereich einer Ermittlungsbehörde); hier sollte der konzentrierte Sachverhalt so aufbereitet sein, dass er Grundlage einer Strafanzeige, einer Neben- oder Privatklage oder eines Adhäsionsantrages sein kann; |
– | Qualifizierung eines festgestellten Vorgangs, der Auswirkungen auf die Handels- und Steuerbilanz hatte (d.h. im Entscheidungsbereich der Finanzbehörden und der Kapitalmarktaufsicht); hier sollte der Sachverhalt so aufbereitet sein, dass sich die jeweilige Zuordnung zum Finanzbericht oder zur Steuererklärung ablesen lassen können; |
– | Aufbereitung der Beweisgrundlagen aus haftungsrechtlicher Sicht (als Grundlage für Schadensersatzansprüche gegen Verantwortliche und etwaiges Anfordern einer Versicherungsdeckung); hier bedarf es einer klaren historischen und funktionellen Beweisführung, die einen Schaden und die kausalen Handlungen dahin belegt; |
– | personenbezogene Aufbereitung der Feststellungen, wenn aus der Berichterstattung Personalentscheidungen getroffen werden müssen (in diesem Fall sind auch Feststellungen zu dem Personalstatus und etwaigen Erlaubnissen, Genehmigungen oder Freistellungen der betroffenen Person notwendig); |
– | Soweit organisatorische Anpassungen vorgeschlagen, die Änderung von Richtlinien, neue Schulungen oder Eingriffe in Arbeitsabläufe empfohlen werden sollen, ist eine eher zusammenfassende Darstellung (Auflistung mit kurzer Begründung) angeraten. Die notwendige Änderungsdokumentation wird dann in der Regel durch eine innerbetriebliche Funktion (bspw. Compliance-Abteilung, Revision, Organisationabteilung) übernommen werden können. |
172
Damit kann