b) Detailberichte, Spontanberichte
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Will der Auftraggeber besondere Einzelthemen behandelt wissen, bspw. die Gefährlichkeit eines Stoffes/Produktes für den Verbraucher oder die Relevanz bestimmter Leistungen an ausländische Domizilgesellschaften, dann empfehlen sich jenseits der Gesamtprojektberichterstattung sog. Detailberichte. Diese stellen in der Regel einen abgrenzbaren Sachverhalt auftragsbezogen anhand nachvollziehbarer (darzulegender) Kriterien dar, ohne damit das Gesamtprojekt abschließen zu wollen. Dies sollte deutlich gemacht werden, auch dadurch, dass in der Berichterstattung darauf verwiesen wird, dass weitere Untersuchungen durchgeführt werden und der vorliegende Bericht nur aus besonderem Anlass oder zu einem besonderen Zweck isoliert dargestellt wird. Der Berichterstatter sollte sich durch entsprechende vertragliche Vereinbarungen oder Bestätigungen des Auftraggebers vergewissern, dass seine Berichterstattung nicht in einem falschen Zusammenhang dargestellt wird und der Einzelbericht nicht zweckentfremdet gewertet werden kann.
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Spontanberichte kommen im Rahmen des Projektes häufig vor, sie umgehen in der Regel das normale, stetige Berichtswesen über die Projektfortschritte und -ergebnisse. Spontanberichte sind vor allen Dingen dann erforderlich, wenn der Auftraggeber zu Sofortmaßnahmen veranlasst werden soll und eine fundierte Entscheidungsgrundlage benötigt. Das kann der Fall sein bei Gefahren für Leib, Leben und Eigentum, die nur durch sofortiges Eingreifen abgewendet werden können. Es kann aber auch ein Warnbericht notwendig sein, wenn ohne ein Eingreifen ein strafrechtlicher Tatbestand durch automatische Abläufe vollendet werden würde, bspw. die Auslösung einer korruptiven Zahlung durch die Buchhaltung ohne Wissen und Billigung des Leitungsorgans. Daher werden in der Praxis sog. Zahlungsstopps vor allem auf der Grundlage von Spontaneinschätzungen ausgelöst, um geeignete Sachprüfungen durchführen zu können.
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Spontanberichte können sich aber auch als schädlich erweisen, wenn ihnen eine sachlich geprüfte und validierte Informationsbasis fehlt, wenn Wertungen getroffen werden, die viel zu weitgehend sind oder Maßnahmen einseitig ausgelöst werden, für die im Organisationsablauf die Hinzuziehung weiterer (Mit-)Entscheider erforderlich wäre. Vergleichbar ist das mit der Situationsbeurteilung einer „Gefahr im Verzug“, bei der in einzelnen Ermittlungssituationen die an sich gesetzlich vorgesehene Entscheidungs- und Korrekturfunktion eines gesetzlichen Richters (vorübergehend) ausgeschaltet wird, um einen schnelleren Ermittlungszugriff zu ermöglichen. Dass solche Situationen auf das Äußerste begrenzt werden müssen und grundsätzlich die auch unternehmensintern eingerichteten Zuständigkeiten und Kompetenzen beachtet werden müssen, sollte dem jeweiligen Berichtsverfasser bewusst sein. Ein Hinwegsetzen über diese ordnungsgemäß eingerichteten und aus der Gesellschaftsordnung abgeleiteten Leitungs- und Delegationsstruktur sollte daher sorgfältig begründet und durch den Auftraggeber legitimiert sein. Daher empfiehlt sich gerade hier eine eingehende Dokumentation sowohl des konkreten Auftrages zur Abgabe eines Spontanberichts als auch der Tatsachengrundlagen und der jeweils abgegebenen Empfehlungen.
c) Abgleich mit Unternehmensberichten (Pressemitteilungen, Geschäftsberichte etc.)
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Eine länger andauernde Internal Investigation bleibt weder im Unternehmen noch außerhalb des Unternehmens unbemerkt. In der Regel sind neben den Leitungsorganen auch externe Stakeholder, d.h. Hauptgesellschafter, Banken, Garantiegeber, eine Aufsichtsbehörde und die Ermittlungsbehörden über Art und Umfang mehr oder weniger genau informiert. Da alle externen Beobachter die Unternehmenskommunikation, d.h. die Geschäftsberichte, die Pressemitteilungen, die Homepage etc., daraufhin analysieren, welche Informationen dort zum Thema der Internal Investigation veröffentlicht werden, wird diese externe Berichterstattung ebenfalls von dem Untersuchungsführer in seine Überlegungen einbezogen. Die Veröffentlichungen der Vergangenheit werden daraufhin analysiert, ob hier ggf. mit Blick auf das Untersuchungsthema und den Fortschritt der Untersuchungen Änderungen zu empfehlen sind. Das kann vom einfachen Widerspruch bis hin zu einer Gegendarstellung oder auch der Veranlassung einer förmlichen Nachtragsberichterstattung (zu Bilanzierungs- oder Aufsichtsthemen) gehen.
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Der Untersuchungsführer wird bei einem stark in der Öffentlichkeit stehenden Unternehmen (bspw. einem Unternehmen der Medienbranche) besonderen Wert darauf legen, eine externe Berichterstattung über die Internal Investigation und deren Ergebnisse wie auch den Zeitpunkt und das Format der Veröffentlichung mit zu gestalten.[23]
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Da die externe Berichterstattung im Wesentlichen auf Rechtspflichten des Unternehmens und seiner Organe beruht, ist es frühzeitig erforderlich, sich ein Bild vom Zustandekommen der Informationsgrundlagen für die Veröffentlichung zu machen und den jeweilig Verantwortlichen für die Unternehmenskommunikation in die Internal Investigation ein zu beziehen. Dazu besteht zwar keine Rechts- oder Sorgfaltspflicht, es kann sich aber in entscheidenden Situationen, in denen Ermittlungsbehörden ihrerseits von ihren Pressemitteilungsbefugnissen Gebrauch machen, als professionelle Voraussicht erweisen, wenn der Unternehmenssprecher in ähnlicher Weise informiert ist und auf eine negative Unternehmensöffentlichkeit reagieren kann.
d) Rechtswirkungen der Berichterstattung
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Das Format der Berichterstattung und die Verbindlichkeit der Berichterstattung an den Auftraggeber werden in der Praxis im Einzelfall mit dem Auftraggeber vereinbart, wenn keine gesetzlichen oder satzungsgemäßen zwingenden Vorgaben bestehen. In größeren Internal Investigations ist eine Berichterstattung in einem Powerpoint-Format üblich, sie sollte regelmäßig zusammenfassend die wesentlichen Erkenntnisse berichten. Eine nur mündliche Berichterstattung empfiehlt sich nur bei kleineren Projekten oder bei einfachen Statusupdates ohne besonderen Neuigkeitswert. Für den oder die externen Beauftragten verpflichtend sollte es jeweils sein, eine Agenda mit Besprechungspunkten für eine solche Berichterstattung bereit zu halten, die dem Auftraggeber auch überreicht werden kann. Je nachdem, ob das Projektcontrolling beim Auftraggeber oder bei den externen Beauftragten liegt, kann eine Fortschrittsberichterstattung den für interne Projekte wichtigen Normalisierungsfaktor bestimmen.[24]
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Die Rechtswirkungen eines solchen Projektstatusberichts sind begrenzt. Grundsätzlich sind alle Projektstatusberichte für den Auftraggeber Grundlage der laufenden Aufgabenwahrnehmung innerhalb des Unternehmens. Der Statusbericht für sich gesehen stellt aber weder eine Erkenntnis des Leitungsorgans über die Gesamtrisikolage des Unternehmens (§ 91 Abs. 2 AktG) noch über die Gesamtsituation eines Internen Kontrollsystems oder eines Compliance Management-Systems dar. Auch ist ein Statusbericht grds. keine geeignete Basis für arbeitsrechtliche Maßnahmen (bspw. gem. § 626 Abs. 2 BGB).[25] Anders wäre das nur zu beurteilen, wenn ausschließlich ein spezifisches Mitarbeiterverhalten Gegenstand der Untersuchung war und ein vollständiger Ergebnisbericht