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Die knappe thematische Übersicht zeigt, dass sich eine Projektberichterstattung von einem Ergebnisbericht (Abschlussbericht) deutlich unterscheidet. Im Vordergrund der Projektberichterstattung stehen die Projektziele, Grundsätze und Maßnahmen, der Projektverlauf, die Darstellung der eingesetzten Mittel und Kosten sowie etwaige Projektrisiken. Auch wenn mitunter die Ergebnisentwicklung dargestellt wird, ist streng genommen in der Projektberichterstattung nur „der Weg das Ziel“, d.h. es wird eine vorläufige, auf die Gesetzmäßigkeiten und Strukturen der Projektarbeit bezogene Berichterstattung vorgelegt.
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Eine „Berichtsreife“ für Ergebnisse von Aufklärungsmaßnahmen, also die Darstellung der in der Internal Investigation nach forensisch-methodischen Kriterien erarbeiteten Tatsachengrundlagen und ihre fachliche Zuordnung, tritt erst dann ein, wenn eine methodengerecht ermittelte, qualitätsgesicherte Tatsachenbasis vorliegt, die einer darauf aufbauenden Wertung zugänglich ist. Grundsätzlich ist der jeweilige Stand des IuK-Systems aufgrund seines Detaillierungsgrades die tatsächliche Grundlage für die jeweilige Berichterstattung. Man sollte sich vergegenwärtigen, dass auch in einer prozessualen „Beweisaufnahme“ durchaus zwischen dem Factfinding und der Erörterung der Ergebnisse unterschieden wird. Gerade aufgrund der in den Eingangskapiteln dieses Handbuchs erläuterten Pflichten zur Herstellung einer Entscheidungsbasis für Geschäftsleitungsmaßnahmen wird man daher eine „endgültige“ Berichtsreife erst dann annehmen können, wenn die Internal Investigation tatsächlich insgesamt oder in einem sachlich abgrenzbaren Teil abgeschlossen ist.
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Da die Tatsachenbasis alleine noch nicht zwingend eine Entscheidung des Geschäftsleiters über die umzusetzenden Maßnahmen determiniert, ist neben der Tatsachenbasis auch eine fachliche Bewertung der zusammengestellten Informationen im Sinne einer Empfehlung erforderlich. Wertungen können sowohl technischer, kaufmännischer, betriebswirtschaftlicher, personalwirtschaftlicher oder auch rechtlicher Natur sein. Bspw. ist der Maßstab einer Anwendung von „best practice“-Grundsätzen in bestimmten Betriebsabläufen betriebswirtschaftlich-organisatorischer Natur,[16] der Maßstab der „Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters“[17] ist dagegen rechtlich besetzt, auch wenn er kaufmännisch-betriebswirtschaftlich vorgeprägt ist („Wahrung von Vorteilen der Gesellschaft und Vermeidung von Schäden“). Ähnliches gilt für den Prüfungsmaßstab des § 238 HGB,[18] für „Handelsbrauch“[19] und „Verkehrssitte“[20] gerade auch im internationalen Geschäfts- und Rechtsverkehr.
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Soll die Berichterstattung Grundlage für eine externe Kommunikation sein, kommt es auf den spezifischen Verwendungszweck an. Dann können mehrere qualitativ abgestufte Anforderungen unterschieden werden:
– | Pflichtberichte aufgrund laufender Prüfungen (bspw. Erkenntnisse aus der Investigation, die im Rahmen der gesetzlichen Abschlussprüfung oder einer Geschäftsführungsprüfung i.S.v. § 53 HGrG, einer Sonderprüfung der BaFin nach § 44 KWG oder nach § 35 WpHG oder auch einer freiwilligen Prüfung im Zuge einer verwaltungsbehördlichen Zuverlässigkeitsbeurteilung vorzulegen sind); hier ist besondere Sorgfalt auf die Unterscheidung sowie die Vorläufigkeit von Feststellungen über Tatsachen und Wertungen, Prognosen und Meinungen zu legen, da an den Wahrheitsgehalt und die Aussagereichweite besondere gesetzliche Folgen geknüpft werden (vgl. bspw. die §§ 320, 331 Nr. 4 HGB); |
– | verpflichtende Berichterstattung nach gesellschaftsrechtlichen Vorgaben (bspw. vom Vorstand an den Aufsichtsrat nach §§ 90 Abs. 3, 111 Abs. 4 AktG oder von der Geschäftsführung an die Gesellschafter nach § 46 GmbHG) oder auch nach kapitalmarktrechtlichen Vorgaben (Ad-Hoc-Relevanz, § 15 WpHG); hier ist ebenfalls besondere Sorgfalt auf die Unterscheidung von Feststellungen über Tatsachen und Wertungen, Prognosen und Meinungen zu legen, da an den Wahrheitsgehalt und die Aussagekonsistenz besondere gesetzliche Folgen geknüpft werden (vgl. bspw. die §§ 90, 400 Abs. 2 HGB); |
– | Regelberichterstattung der Leistungsorgane an Aufsichtsgremien oder die Gesellschafter (bspw. i.S.d. HGrG); auch hier können je nach Vorinformation besondere gesellschaftsrechtliche Anforderungen an Form und Inhalt bestehen. |
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Der reine Projekt(-status-)bericht eignet sich – anders als der Ergebnisbericht – regelmäßig nicht für eine solche Berichterstattung. Soll der Bericht Grundlage für eine Wahrnehmung der gesellschafts-, bilanz- oder kapitalmarktrechtlichen (Ad-Hoc-) Pflichten sein, sind entsprechende Anforderungen an Inhalt und Aussagekraft bei Auftraggeber nachzufragen. Es ist darauf zu achten, dass die formellen und materiellen gesetzlichen oder unternehmensinternen Anforderungen an diese Informationspflichten eingehalten werden, so dass der Auftraggeber den Bericht des Untersuchungsführers zur Grundlage seiner eigenen Berichterstattung machen kann. Besondere Mitteilungen, die Auswirkungen auf das öffentliche Ansehen oder den Marktpreis von emittierten Wertpapieren der Gesellschaft haben könnten, bedürfen einer entsprechenden vorherigen Würdigung des Projektverlaufs und der daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen. Wenn keine gesicherten Erkenntnisse vorliegen, sollte besser auf inhaltliche Angaben verzichtet werden, statt durch Spekulationen oder Gerüchte Diskussionen auszulösen.
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Das Gleiche gilt auch, wenn der Ergebnisbericht/Abschlussbericht veröffentlicht werden soll oder eine Veröffentlichung wahrscheinlich ist (bspw. aufgrund von Anzeige- oder Auskunftspflichten). Besonders Chancen-/Risiko-Darstellungen oder auch Erfolgsmeldungen sind auf Relevanz, Transparenz und Tragfähigkeit der Angaben auch aus Sicht eines Empfängers zu prüfen. Bei Statusberichten muss die Vorläufigkeit der Darstellung deutlich herausgestellt werden. Die Abgabe einer abschließenden Bewertung (auch nur von Teilen einer einheitlichen Untersuchung) ist grundsätzlich haftungsträchtig, solange die Investigation nicht insgesamt abgeschlossen wurde. Die Darstellung der Ergebnisse darf weder im negativen noch im positiven Sinne übertrieben, selbstdarstellerisch oder „blendend“ sein.[21] Eine unkritische Darstellung belastet zudem häufig auch eine kooperative Grundhaltung der Ermittlungsbehörden und sonstiger Empfänger gegenüber dem Unternehmen.
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Der Unterschied zwischen einem projektinternen Fortschrittsbericht und einem Ergebnisbericht sollte dem Auftraggeber und jedem anderen Empfänger durch deutlich auf dem Bericht angebrachte Hinweise nahegebracht werden. Für die Dokumentation der Erfüllung eigener Sorgfaltspflichten im Vertragsverhältnis zum Auftraggeber empfiehlt sich, den jeweiligen Berichtsinhalt, die Berichtsgrundlagen und etwaige begleitende Erklärungen („Disclaimer“, den IuK-Systemstand usw.) im Berichtszeitpunkt „einzufrieren“. Erst bei Projektabschluss (mit Vorlage des Abschlussberichts) kann darüber entschieden werden, wie mit solchen Zwischenberichten weiter zu verfahren ist.
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Zuletzt soll die Frage gestreift werden, ob solche Berichte und Dokumentationen herausgabepflichtig