154
Der Umfang der zu übermittelnden Informationen richtet sich nach dem, was im angefragten Staat an Information vorhanden ist, da Zwangsmaßnahmen ausgeschlossen sind. Damit ist Zielrichtung der im anderen Staat vorhandene Akteninhalt und was in den nationalen Datenbanken des ersuchten Staates gespeichert ist. Allenfalls kann die ersuchte Behörde noch bestimmte Ermittlungen (z.B. Ortsbesichtigungen) freiwillig durchführen; verpflichtet ist sie dazu indes nicht. Die Möglichkeiten nach der schwedischen Initiative machen die justizielle Rechtshilfe daher nicht entbehrlich.
155
Denkbare Fallgestaltungen für Ersuchen nach der schwedischen Initiative sind:
– | Übermittlung einer Zustellanschrift von Personen (insbesondere Beschuldigten), um diesen anschließend Schriftstücke unmittelbar gem. Art. 5 EU-RhÜbk. zustellen zu können; |
– | Auskünfte aus Registern jeder Art; |
– | Auskünfte von den Steuerbehörden, ob bestimmte Personen oder Firmen tatsächlich existieren und was sie ggf. steuerlich erklärt haben; |
– | Überprüfung der Existenz und ggf. Gewinnung weiterer Informationen (z.B. zum Alter oder zu Verwandtschaftsverhältnissen) angeblicher ausländischer „Darlehnsgeber“ bei vermuteten fingierten Darlehn; |
– | Überprüfung/Vorbesichtigung ausländischer Firmen- oder Privatadressen, um dort geplante im Wege eines Rechtshilfeersuchens durchzuführende Durchsuchungsmaßnahmen vorzubereiten. |
156
Der Weg der Ersuchen nach der schwedischen Initiative soll nach dem Prinzip des Inlandsstandards frei von bürokratischen Hürden sein und grundsätzlich direkt von anfragender zu Auskunft gebender Stelle gehen. Da letztere häufig nicht bekannt sind, haben die Staaten nationale Zentralstellen geschaffen für die Steuerung der Weiterleitung. In Deutschland sind das das Zollkriminalamt in Köln und das Bundeskriminalamt in Wiesbaden. Allerdings haben sich in einzelnen Bundesländern die üblichen Hierarchien vernachlässigt gefühlt und zum Teil noch landeseigene Zentralstellen dazwischen geschaltet. Das war so von der schwedischen Initiative nicht gewollt und widerspricht deren Sinn und Zweck.
157
Die Verwertbarkeit der Informationen nach der schwedischen Initiative regelt Art. 1 Abs. 4 RbDatA, der bestimmt, dass eine unmittelbare Verwertung der Information als Beweismittel in eben diesem Verfahren zulässig ist, in dem angefragt wurde, wenn dies sogleich mit der Übermittlung erklärt wird. Das geschieht in der Regel durch ein entsprechendes Kreuzchen im Antwortvordruck „A“ („Informationen dürfen für die angefragten Zwecke verwendet werden“), bei formlosen Antworten wird sie mit Erteilung der Auskunft zum konkret angefragten Zweck als konkludent erteilt unterstellt.
158
Diese Verwendungsbeschränkung ist – sozusagen als Selbstbindung – auch entsprechend im nationalen Recht festgeschrieben worden: Für den repressiven Bereich in § 92b IRG, für den präventiven Bereich – u.a. – in § 117b AO.
159
Der Schwedischen Initiative haben sich die EU – Mitgliedsstaaten, die Schweiz, Island, Norwegen und Liechtenstein angeschlossen, so dass sie innerhalb der EU und in den EWR-Staaten Anwendung findet.
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Der Rahmenbeschluss kann und soll die klassische justizielle Rechtshilfe nicht ersetzen. Er kann aber gerade in Steuerstrafverfahren in einzelnen Bereichen eine schnelle und mit wenig Aufwand verbundene Informationsbeschaffung ermöglichen.
h) Automatischer Auskunftsverkehr
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Der automatische Auskunftsverkehr ist eine der großen Entwicklungen der aktuellen Zeit, die über die dadurch gesteigerte internationale Transparenz für Auslandskonten zu einem spürbaren Rückgang der Steuerhinterziehung bei Kapitalerträgen führen wird. Das kommt leider zu spät, denn angesichts des derzeitigen Zinsniveaus wird es mangels nennenswerter Erträge für das Gros der Kapitalanleger schwer werden überhaupt noch nennenswert Steuern auf reine Kapitalerträge hinterziehen zu können. Zu betrachten sind drei Instrumente des automatisierten Informationsaustausches:
– | die Zinsinformationsrichtlinie (ZIV); |
– | Foreign Account Tax Compliance Act (FATCA); |
– | Common Reporting Standard (CRS, in Deutschland a) oder auch Mehrseitige Vereinbarung vom 29.10.2014 (s.u. Rn. 172 ff.). |
aa) Die (alte) und neue Zinsinformationsrichtlinie
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Mit der Zinsinformationsrichtlinie und der nationalen Umsetzung durch die Zinsinformationsverordnung (ZIV) soll innerhalb der EU die Besteuerung der Kapitalerträge von natürlichen Personen als wirtschaftlich Berechtigte sichergestellt werden, insbesondere bei grenzüberschreitenden Zinszahlungen.
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Verpflichtet wurden und werden die Banken als Zahlstellen (§ 4 ZIV) bestimmte Daten über Zinszahlungen an natürliche Personen und Personenvereinigungen nicht gewerblicher Art an eine nationale Zentralstelle (in Deutschland das Bundeszentralamt für Steuern, BZSt) zu melden. Das BZSt leitet diese Informationen einmal jährlich bis zum 31.5. des Folgejahres als Kontrollmitteilungen an die jeweilige Zentralstelle eines anderen EU-Mitgliedsstaates weiter, in dem der Zinszahlungsempfänger steuerlich erfasst ist.
164
Umgekehrt empfängt das BZSt die Kontrollmitteilungen aus den anderen EU – Mitgliedsstaaten über Zinszahlungen an deutsche Steuerpflichtige und gibt diese an die Länderfinanzverwaltungen weiter.
165
Inhaltlich sind zu melden Zinsen und Erlöse beim Verkauf bestimmter festverzinslicher Wertpapiere. Damit diese steuerlich zugeordnet werden können, umfasst die Meldeverpflichtung nach § 8 ZIV folgende Informationen:
– | Name und Wohnsitz des Kapitalanlegers, |
– | Name und Anschrift der Zahlstelle, |
– | Kontonummer oder Kennzeichen der Kapitalforderung und |
– | Gesamtbetrag der Zinsen oder der zinsähnlichen Erträge, |
– |
Gesamtbetrag des Erlöses aus der Abtretung, Rückzahlung oder Einlösung, die im Kalenderjahr zugeflossen
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