135
Besonderheit:
Ein Ersuchen nach TIEA im Strafverfahren ist möglich und geht dann über das Bundesamt für Justiz (BfJ) in den ersuchten Staat. Die Ersuchen werden in Verfahren, die von der Finanzverwaltung (BuStra) selbst geführt werden, direkt von der BuStra dem BfJ zugeleitet, ohne dass eine Staatsanwaltschaft eingebunden sein muss. Im Steuerstrafverfahren sind jedoch nur schriftliche Auskünfte möglich.
136
Die TIEAs bieten im Strafverfahren auch nur eine Informationsrechtshilfe. Um die Durchführung strafprozessualer Maßnahmen kann nicht gebeten werden. Wie sich allerdings der ersuchte Staat die erbetenen Informationen beschafft, richtet sich ausschließlich nach seinem nationalen Recht, so dass im Einzelfall aber durchaus auch Zwangsmaßnahmen aufgrund eines TIEA-Auskunftsersuchens angestoßen werden können.
137
Hinweis:
Keine Sperre des Amtshilfewegs durch die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens. Im Strafverfahren ist zwar grundsätzlich stets der Rechtshilfeweg zu beschreiten; das gilt auch für strafrechtliche Ersuchen nach einem TIEA. Dienen aber die ersuchten Informationen der Förderung des Besteuerungsverfahrens, können sie selbst nach Einleitung eines Steuerstrafverfahrens im Wege eines steuerlichen Amtshilfeersuchens angefordert werden. Der Amtshilfeweg wird aber dann verschlossen, wenn die ersuchten Auskünfte objektiv der Verfolgung einer Steuerstraftat dienen sollen. Die Abgrenzung mag im Einzelfall schwierig sein.
e) Amtshilfe im vertragslosen Bereich
138
Auch zwischen Staaten, die kein Doppelbesteuerungsabkommen und keinen Auskunftsvertrag angeschlossen haben, ist der Informationsaustausch auf Anfrage im Einzelfall möglich.[53] Allerdings besteht in diesen Fällen kein völkerrechtlicher Anspruch gegen diese Staaten auf Erteilung von Auskünften.
139
Umgekehrt kann auch Deutschland solchen Staaten Auskunft geben, wenn die Voraussetzungen des § 117 Abs. 3 AO erfüllt sind.
f) Rechtshilfe im Einzelfall
140
Rechtshilfe ist jede Unterstützung, die für ein Verfahren in einer strafrechtlichen Angelegenheit (§ 1 Abs. 2 IRG) in einem anderen Staat gewährt wird, unabhängig davon, ob das Verfahren von einem Gericht oder anderen Behörde betrieben wird.[54] Im eingeleiteten Strafverfahren kann die Steuerfahndung sowohl polizeiliche Rechtshilfe nach der Schwedischen Initiative (s.u. Rn. 150 ff.) und/oder justizielle Rechtshilfe nach dem Gesetz über die internationale Rechtshilfe beanspruchen.
aa) Rechtsgrundlage der justiziellen Rechtshilfe
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Rechtsgrundlagen der zwischenstaatlichen Rechtshilfe ergeben sich aus multi- und bilateralen Verträgen sowie ergänzend aus dem Gesetz über die internationale Rechtshilfe (IRG) und den Richtlinien für den Verkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten (RiVASt)[55]. Die wichtigsten Zusammenarbeitsverträge sind beispielhaft:
– | das Europäische Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen (EuRhÜbk)[56] vom 20.4.1959 mit Zusatzprotokollen vom 17.3.1978 und vom 8.11.2001. Darin enthalten ist eine Einschränkung für Fiskalstraftaten nach Art. 2 EuRhÜbk, für die Rechtshilfe nur geleistet werden muss, wenn dies in Zusatzabkommen zum EuRhÜbk ausdrücklich vorgesehen ist. |
– | Das Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedsstaaten (MS) der Europäischen Union (EU-RhÜbk)[57] vom 20.5.2000 erleichtert die Anwendung des EuRhÜbk zwischen den EU-Mitgliedsstaaten und ersetzt bestimmte Regelungen der Schengener Durchführungs-Übereinkunft (SDÜ). Der Fiskalvorbehalt wurde aufgegeben, gilt aber bis zum Beitritt zum Übereinkommen für Griechenland, Italien, Irland, Luxemburg und Malta weiter. |
– | Die EU-Mitgliedsstaaten haben sich zudem im Zusatzprotokoll zum EU-RhÜbk vom 16.10.2001 verpflichtet, Auskünfte über Bankkonten im Rahmen der Rechtshilfe in Strafsachen zu erteilen. Ein eventuell nach nationalem Recht bestehendes Bankgeheimnis darf der Rechtshilfe nicht entgegen stehen. |
– | Das Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ) gibt eine Reihe von zwischenstaatlichen Informations- und Hilfepflichten. Allerdings wird Art. 51 SDÜ, der die Bedingungen für Durchsuchungen und Beschlagnahmen regelt, weder durch das EU-RhÜbk noch durch das Zusatzprotokoll vom 16.10.2001 berührt. |
– | Daneben sind bestehende bilaterale Verträge zwischen den EU-Mitgliedsstaaten und weiteren Schengen-Staaten (z.B. die Schweiz) anwendbar, Art 1 Abs. 2 EU – RhÜbk bzw. Art 48 Abs. 2 SDÜ. |
Rechtshilfe im vertragslosen Bereich richtet sich ausschließlich nach dem IRG.
bb) Weg der justiziellen Rechtshilfe
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Nach der Zuständigkeitsvereinbarung 2004 zwischen Bund und Ländern über den Rechtshilfeverkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten[58] ist grundsätzlich die Bundesregierung für die Bewilligung der Rechtshilfe in Abgabensachen zuständig, die die Zuständigkeit auf das Bundesamt für Justiz delegiert hat.
143
Das Rechtshilfeersuchen geht in der Praxis über die Staatsanwaltschaft zum nationalen Ermittlungsrichter. Dessen Entscheidung wird dann mit einem Antrag auf Gewährung von Rechtshilfe durch den nationalen Staatsanwalt über das Bundesamt für Justiz (BfJ) in den ersuchten Staat geleitet und nach Bewilligung der Rechtshilfe von den dortigen Behörden vollzogen. Regelmäßig wird dabei um die Erlaubnis der Anwesenheit von inländischen Beamten nachgesucht, die in den meisten Fällen auch bewilligt wird. Die deutschen Beamten haben allerdings nur ein Anwesenheitsrecht, aber keinerlei Befugnisse im ersuchten Staat.
144
In gleicher Weise ersucht der deutsche Staatsanwalt um Beschlagnahme und Herausgabe der bei der ausländischen Durchsuchung aufgefundenen Beweismittel. Der Adressat der Zwangsmaßnahme hat die nach seinem nationalen Recht gegebenen Rechtsmittel gegen die Rechtshilfemaßnahmen.
cc) Umfang der justiziellen Rechtshilfe
145
Der Umfang des zwischenstaatlichen Rechtshilfeverkehrs bestimmt sich nach den völkerrechtlichen Vereinbarungen (§ 1 Abs. 3 IRG) oder nach §§ 59 ff. IRG, insbesondere ist möglich:[59]
– | Durchsuchung von Personen und Räumen, |
– | Beschlagnahme und Herausgabe von Beweismitteln, |
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Vernehmung von Beschuldigten, Zeugen
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