92
Wenig streitanfällig (weil gerichtlich bereits entschieden[33]) ist die Verpflichtung der Unternehmer zu einer Datenorganisation und -trennung, die es erlaubt, nur die steuerlich relevanten Daten herauszugeben. Bei einer vermischten Ablage von vorlagepflichtigen relevanten und nicht relevanten (nicht vorlagepflichtigen) Daten sind alle Daten herauszugeben, wenn eine einfache Trennung nicht möglich ist. Diese Datenorganisation ist keine Aufgabe für die IT-Organisation, sondern für den Steuerberater (also Vorbehaltsaufgabe nach dem Steuerberatungsgesetz), weil nur dieser die steuerliche Relevanz erkennen kann.
93
Ebenfalls unstreitig ist allerdings auch die Verpflichtung der Finanzverwaltung, nach Abschluss der Prüfung die elektronischen Daten zu löschen. Abschluss der Prüfung in diesem Sinne bedeutet Bestandskraft der nach der Prüfung ergangenen Steuerbescheide, weil der Betriebsprüfer in einem eventuellen Rechtsbehelfsverfahren für seine Stellungnahme auf die Daten der Prüfung zugreifen können muss.[34] Es können also durch die Betriebsprüfungen keine umfangreichen Datensammlungen und Archive angelegt werden, auf die die Steuerfahndung zurückgreifen könnte.
ee) Informationsquellen des Bundes
94
Die Finanzverwaltungen der Länder können auch auf Informationsquellen des Bundes zurückgreifen, die zumeist beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) vorgehalten werden. Das Bundeszentralamt für Steuern ist zuständig für den steuerlichen Auslandskontakt mit Finanzbehörden in anderen Staaten innerhalb und außerhalb der EU. Über das BZSt läuft der gesamte Amtshilfeverkehr mit anderen Staaten (s.u. Rn. 108 ff.). Aus verschiedenen Auskunftsverfahren bekannt gewordene Informationen werden systematisch gesammelt in der Informationszentrale Ausland (IZA), die von den Ländern abgefragt werden kann.
95
Besondere Bedeutung hat das BZSt für die Umsatzsteuer, weil dort die zentrale deutsche Kontaktstelle (CLO)[35] für das Ausland angesiedelt ist und alle umsatzsteuerlich relevanten Informationen aus den anderen EU-Mitgliedsstaaten in dieser Stelle zusammen fließen. Das betrifft sowohl die innergemeinschaftlichen Lieferungen von Unternehmen aus anderen Staaten nach Deutschland, die im Inland steuerbare innergemeinschaftliche Erwerbe darstellen wie auch die Informationen über dubiose Empfänger von (steuerfreien) deutschen innergemeinschaftlichen Lieferungen, die möglicherweise gar keine sind, weil die Liefergegenstände mangels Existenz des Empfängers gar nicht bei diesem ankommen können.
ff) Mitteilungspflichten für Dritte
96
Die Steuergesetze verlangen in vielfältiger Weise die Mitwirkung Dritter bei der Lieferung von Informationen, die zur Sicherstellung der Besteuerung und zur Kontrolle der vom Steuerpflichtigen erklärten Informationen zweckdienlich sind. Regelmäßig gehören die Dritten einer bestimmten Berufsgruppe an oder haben eine bestimmte Eigenschaft, aufgrund derer sie zur Informationsbeschaffung herangezogen werden.
97
Mitteilungspflichten Dritter (nicht abschließend)
– | Arbeitgeber haben die Grunddaten ihrer Arbeitnehmer sowie die im Lohnsteuerabzugsverfahren maßgebenden Werte nach § 41b EStG auf amtlichem Datensatz zu übermitteln (sog. ELSTAM-Verfahren). |
– | Rentenversicherungsträger haben die Grunddaten sowie die bezogenen Renten von gesetzlich Rentenversicherten auf amtlichem Datensatz nach § 22a EStG bis zum 1.3. des Folgejahres mitzuteilen. Übermitteln sie nicht pünktlich, ist ein besonderer Verspätungsgeld in Höhe von 10 EUR für jeden Rentner und angefangenen Monat der Verspätung zu entrichten, § 22a Abs. 5 S. 1 EStG. |
– | Versicherungsunternehmen übermitteln nach § 10 Abs. 2a EStG auf amtlichen Datensatz die Versicherungszahlungen ihrer Kunden für Kranken- und Pflegeversicherung sowie ihre Beitragsrückzahlungen. |
– | Im Erbfall haben geschäftsmäßige Vermögensverwahrer (z.B. Banken und Sparkassen), Vermögensverwalter und Versicherungsunternehmen über das in ihrem Gewahrsam befindliche Vermögen des Erblassers innerhalb eines Monats seit Bekanntwerden des Todesfalls an das zuständige Erbschaftsteuerfinanzamt Mitteilung zu machen, § 33 ErbSchStG. |
– | Notare haben vielfältige Mitteilungspflichten beispielsweise bei Mitwirkung bei der Erteilung von Erbscheinen (§ 34 Abs. 2 ErbSchStG), bei der Beurkundung von Schenkungen oder bei der Beurkundung gesellschaftsrechtlicher Vorgänge. Das Gleiche gilt für die Beurkundung von Immobilienverkäufen, durch die Grunderwerbsteuer ausgelöst werden kann. |
– | Aufzählung ist nicht abschließend. |
b) Ermittlungen im Steuerstrafverfahren
98
Bei Ermittlungen im Strafverfahren treten neben den dargestellten vorgelagerten steuerlichen Informationsmöglichkeiten weitere strafprozessuale Informationsmöglichkeiten nach der Strafprozessordnung hinzu.
aa) Abschöpfung in Datenbanken vorhandener Informationen
99
Bestimmte Informationen stehen der Steuerfahndung erst nach Einleitung eines Steuerstrafverfahrens zur Verfügung. Es handelt sich zumeist um Datenbanken der Polizei, auf die allerdings nicht direkt zugegriffen werden kann sowie um unterschiedlichste Datenbanken aller möglichen Behörden.
– | Automatisierter Abruf von Konteninformationen nach § 24c Abs. 3 S. 1 Nr. 3 KWG, der im Strafverfahren ohne die Hürden des Besteuerungsverfahrens (§ 93b AO) möglich ist. |
– | Anschlussinhaberabfragen nach § 112 TKG bei der Regulierungsbehörde für Telekommunikation über die Inhaber von Festnetzanschlüssen und Mobiltelefonen. |
– | Anfragen beim Kraftfahrtbundesamt (KBA) nach Haltern und Historie von Fahrzeugen. |
– | Anfragen in den Einwohnermelderegistern nach bestimmten Personen und (das ist weiter als im steuerlichen Ermittlungsverfahren) als sog. Gruppenanfragen nach allen an einer bestimmten Adresse als wohnhaft gemeldeten Personen. |
– |
|