PLATON - Gesammelte Werke. Platon. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Platon
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Философия
Год издания: 0
isbn: 4066338120939
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wir müssen doch versuchen die Wörter zu erklären. Laß uns nur bedenken, wenn jemand immer nach den Worten, aus welchen eine Benennung besteht, fragen will, und dann wieder nach jenen, woraus diese herstammen, forscht, und damit gar nicht aufhören will, wird dann nicht der Antwortende zuletzt notwendig verstummen?

      Hermogenes: Das dünkt mich.

      Sokrates: Wann aber hätte er wohl ein Recht sich loszusagen, (422) daß er nicht weiter könne? Nicht wenn er bei jenen Wörtern angekommen wäre, welche gleichsam die Urbestandteile der übrigen sowohl Sätze als Worte sind. Denn von diesen könnte man ja wohl billigerweise nicht mehr zeigen sollen, daß sie aus andern Wörtern zusammengesetzt sind, wenn es sich wirklich wie angenommen mit ihnen verhält. So wie wir eben das Gute erklärt haben als zusammengesetzt aus gültig und Mut, den Mut aber wieder von etwas anderem herleiten könnten, und dies wieder von etwas anderem, wenn wir aber endlich eins erhalten hätten, das nicht wieder aus irgend anderen Wörtern entsteht, dann erst mit Recht sagen könnten, daß wir nun bei einem Urbestandteil oder Stammworte wären, welches wir nicht wieder auf andere Wörter zurückführen dürften.

      Hermogenes: Du scheinst mir hierin Recht zu haben.

      Sokrates: Sind nun etwa auch die Wörter, nach denen du jetzt fragst, solche Stammwörter, und müssen wir also ihre Richtigkeit schon auf eine andere Weise untersuchen, worin sie besteht?

      Hermogenes: Wahrscheinlich wohl.

      Sokrates: Wahrscheinlich freilich, Hermogenes, wenigstens scheinen doch alle vorigen auf diese zurückgekommen zu sein. Wenn sich nun dies so verhält, wie ich glaube daß es sich verhalte: so komm und erwäge mit mir worin ich sage daß die Richtigkeit der ersten Wörter bestehen müsse, ob ich wohl irre rede.

      Hermogenes: Sprich nur; soviel es in meinen Kräften steht will ich es mit erwägen.

      Sokrates: Daß es nun nur eine und dieselbe Richtigkeit gibt für jedes Wort, sei es ein erstes oder ein letztes, und daß in Absicht auf das Wort sein, die einen sich nicht von den andern unterscheiden, das glaube ich ist auch deine Meinung.

      Hermogenes: Allerdings.

      Sokrates: Aber die Richtigkeit der bis jetzt von uns durchgegangenen Wörter wollte doch darin bestehen, daß sie kund machte, wie und was jedes Ding ist?

      Hermogenes: Was sollte sie anders wollen?

      Sokrates: Dies also müssen die ersten nicht minder leisten als die letzten, wenn doch jene auch Wörter sein sollen.

      Hermogenes: Freilich.

      Sokrates: Allein die späteren oder abgeleiteten Wörter, wie es scheint, konnten dies vermittelst der früheren bewirken.

      Hermogenes: So scheint es.

      Sokrates: Gut. Aber die ersten Wörter, denen noch nicht andere zum Grunde liegen, auf welche Weise werden uns diese wohl so weit als möglich die Dinge deutlich machen, wenn sie doch Wörter sein sollen? – Beantworte mir nur dieses. Wenn wir weder Stimme noch Zunge hätten, und doch einander die Gegenstände kund machen wollten, würden wir nicht, wie auch jetzt die Stummen tun, versuchen sie vermittelst der Hände, des Kopfes und der übrigen Teile des Leibes anzudeuten?

      Hermogenes: Wie sollten wir es anders machen, Sokrates?

      Sokrates: Wenn wir also, meine ich, das leichte und obere (423) ausdrücken wollten; so würden wir die Hand gen Himmel erheben, um die Natur des Dinges selbst nachzuahmen. Wenn aber das untere und schwere, so würden wir sie zur Erde senken. Und wenn wir ein laufendes Pferd oder anderes Tier darstellen wollten: so weißt du wohl würden wir unsern Leib und unsere Stellung möglichst jenen ähnlich zu machen suchen.

      Hermogenes: Notwendig, denke ich, verhält es sich so wie du sagst.

      Sokrates: So denke ich entstände wenigstens eine Darstellung vermittelst des Leibes, wenn der Leib das was er darstellen will nachahmte.

      Hermogenes: Ja.

      Sokrates: Nun wir aber mit der Stimme, dem Munde und der Zunge kund machen wollen, wird uns nicht alsdann was durch sie geschieht eine Darstellung von irgend etwas sein, wenn vermittelst ihrer eine Nachahmung entsteht von irgend etwas?

      Hermogenes: Notwendig, denke ich.

      Sokrates: Das Wort also ist, wie es scheint, eine Nachahmung der Stimme dessen was es nachahmt, und derjenige benennt etwas, der was er nachahmt mit der Stimme nachahmt?

      Hermogenes: Das dünkt mich.

      Sokrates: Beim Zeus, mich aber dünkt noch nicht, daß dies gut erklärt ist, Freund!

      Hermogenes: Wie so?

      Sokrates: Wir müßten dann denen, welche den Schafen nachblöken und den Hähnen nachkrähen und so mit andern Tieren, auch zugestehen, daß sie das benennen was sie nachahmen.

      Hermogenes: Da hast du Recht.

      Sokrates: Hältst du also das vorige für gut?

      Hermogenes: Das nicht. Aber was für eine Nachahmung wäre dann das Wort?

      Sokrates: Zuerst, wie mich dünkt, nicht wenn wir die Dinge so nachahmen, wie wir sie in der Tonkunst nachahmen, wiewohl wir sie auch dann durch die Stimme nachahmen; ferner auch nicht, wenn wir dasjenige nachahmen, was die Tonkunst auch nachahmt, auch dann glaube ich werden wir nichts benennen. Ich meine es nämlich auf diese Weise. Die Dinge haben doch jedes seine Gestalt und Stimme, auch Farbe wohl die meisten?

      Hermogenes: Allerdings.

      Sokrates: Mir scheint nun nicht, wenn Jemand diese nachahmt, und nicht in Nachahmungen dieser Art die benennende Kunst zu bestehen. Denn diese gehören die einen zur Tonkunst, die andern zur Malerei. Nicht wahr?

      Hermogenes: Ja.

      Sokrates: Und was sagst du hiezu? Meinst du nicht auch daß jedes Ding sein Wesen hat, so gut als seine Farbe und was wir sonst so eben erwähnten? Denn haben nicht zuerst gleich Farbe und Stimme selbst jede ihr Wesen? und so alles, dem überhaupt diese Bestimmung, das Sein, zukommt?

      Hermogenes: Ich glaube wenigstens.

      Sokrates: Wie nun, wenn eben dies, das Wesen eines jeden Dinges Jemand nachahmen und darstellen könnte durch Buchstaben und Silben, würde er dann nicht kund machen, was jedes ist? oder etwa nicht?

      Hermogenes: Ganz gewiß.

      (424) Sokrates: Und wie würdest du den nennen, der dies könnte? so wie du doch die vorigen den einen Tonkünstler nanntest, den andern Maler, wie eben so diesen?

      Hermogenes: Eben das, o Sokrates, was wir schon lange suchen, scheint mir dieser zu sein, der Benennende.

      Sokrates: Wenn nun dies wahr ist, so werden wir nun wohl wegen jener Worte nach denen du fragtest, des Flusses und des Gehns und Haltens zusehn müssen, ob sie durch Buchstaben und Silben das Sein jener Dinge ergreifen, so daß sie ihr Wesen abbilden, oder ob nicht.

      Hermogenes: Das werden wir müssen.

      Sokrates: Wohlan laß uns sehen, ob diese allein zu den Stammwörtern gehören, oder ob noch viele andere?

      Hermogenes: Ich wenigstens glaube auch noch andere.

      Sokrates: Man sollte ja denken. Auf welche Art sollen wir aber nun das einteilen wovon der Nachahmende seine Nachahmung anfängt? Wird es nicht, da doch die Nachahmung des Wesens in Silben und Buchstaben