PLATON - Gesammelte Werke. Platon. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Platon
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Философия
Год издания: 0
isbn: 4066338120939
Скачать книгу
dieser Schein immer am Monde, wenn anders die Anaxagoreer Recht haben. Denn so oft die Sonne im Kreise um ihn herumgeht, wirft sie immer neuen Schein auf ihn; der alte aber ist der vom vorigen Monat.

      Hermogenes: So ist es.

      Sokrates: Weil nun der Mond immer neuen und alten Schein hat, kann er mit Recht eigentlich Moneualt heißen, und zusammengezogen heißt das Mond.

      Hermogenes: Das ist ja gar ein dithyrambischer Namen, Sokrates. Aber was machst du aus dem Monat und den Sternen?

      Sokrates: Der Monat könnte, weil ein neuer alle Morgen näher kommt, Morgennaht heißen, die Sterne aber ihren Namen von den Strahlen haben, die Strahlen selbst aber, weil den Staar Alle bekommen die immer hinein sehen wollten, eigentlich Staarallen geheißen haben, nun aber hat man das schöner gemacht und Strahl gesagt.

      Hermogenes: Wie aber mit Feuer und Wasser?

      Sokrates: Vom Feuer weiß ich gar nichts, und entweder muß mich des Euthyphrons Muse verlassen haben, oder dies allzuschwer sein. Sieh nun zu, welchen Kunstgriff ich anbringe bei allen dergleichen, von denen ich nichts zu sagen weiß.

      Hermogenes: Was für einen?

      Sokrates: Das will ich dir sagen. Antworte mir nur. Weißt du zu sagen, weshalb das Feuer so heißt?

      Hermogenes: Ich, beim Zeus, gewiß nicht.

      Sokrates: So sieh zu, was mir davon ahndet. Ich denke nämlich, daß die Hellenen, zumal die in der Nähe der Barbaren wohnenden, gar viele Worte von den Barbaren angenommen haben.

      Hermogenes: Und was weiter?

      Sokrates: Wenn einer nun aus der hellenischen Sprache erklären will, in wiefern diese mögen richtig gebildet sein, und nicht aus jener der das Wort wirklich angehört: so siehst du wohl, daß er nichts schaffen wird.

      Hermogenes: Ganz natürlich.

      (410) Sokrates: Also sieh zu, ob nicht auch dieses Wort ein barbarisches ist. Denn einerseits ist gar nicht leicht, es an die hellenische Sprache anzuknüpfen, andrerseits ist ganz bekannt, daß die Phryger es mit einer kleinen Abweichung eben so nennen, was auch von Wasser, Hund und vielen andern gilt.

      Hermogenes: Richtig.

      Sokrates: Solchen muß man also keine Gewalt antun, denn sonst könnte einer wohl etwas von ihnen sagen. Aus diesem Grunde nun weise ich das Feuer und das Wasser von der Hand. Die Luft aber, Hermogenes, sollte die etwa deshalb so heißen, weil sie Dinge von der Erde lüpft? Oder weil sie immer läuft? Oder weil aus ihrer Bewegung der Wind entsteht? Den Wind nämlich nennt man auch wohl dichterisch Hauch, und sagt von ihm daß er weht. Vielleicht also ist sie, als ob man sagen wollte Lauf hauch oder Lauf weht, daher Luft genannt worden. Den Äther aber stelle ich mir so vor, weil er die Luft selbst umfließt und sich immer dreht, konnte er sehr leicht der sich um Allesdreher genannt werden. Was aber Erde sagen will, das versteht man besser, wenn man Welt dazunimmt, wofür die Alten Werld sagen, wodurch sich beides verwandt zeigt und offenbar wird, daß Erde eigentlich Werde heißt, und mit Recht die Erzeugerin so genannt wird.

      Hermogenes: Gut.

      Sokrates: Was war uns nun das nächste?

      Hermogenes: Die Zeit und das Jahr.

      Sokrates: Die Zeit muß man nur, wie das oft in vielen Gegenden verwechselt wird, Ziet nennen. Denn Ziet heißt sie, weil sie dem Winter und Sommer, den Winden und den Früchten der Erde ihr Ziel setzt, dieser Bestimmung wegen heißt sie mit Recht Ziet oder Zeit. Jahr aber und Jahreszeit scheint ganz dasselbe zu sein. Denn was alles wachsende und werdende an seinem Teil ans Licht bringt und durch sich selbst Jedes gar macht und reif, das kann mit Recht Jahr heißen. Und von Jahreszeit gälte dann das umgekehrte von dem was wir vorher über den Namen Zeus sagten, wie nämlich dort eine Erklärung in zwei Namen zerteilt sich zeigte, und Einige sich des einen bedienten, Andere des andern, so sind hier gleichsam zwei Erklärungen in ein und dasselbe Wort zusammengebracht, und werden von Allen verbunden, wenn sie Jahreszeit sagen.

      Hermogenes: Wahrhaftig, Sokrates, du machst große Fortschritte.

      Sokrates: Offenbar ja komme ich schon weit in der Weisheit.

      Hermogenes: Allerdings.

      Sokrates: Und bald wirst du es noch mehr sagen.

      (411) Hermogenes: Aber nächst dieser Art möchte ich nun gern jene schönen Wörter betrachten, was für eine Richtigkeit sie wohl bei sich führen, die auf die Tugend gehn, wie Gesinnung, Verstand, Gerechtigkeit und die übrigen hieher gehörigen.

      Sokrates: Da störest du uns keine schlechte Art von Wörtern auf, Freund! indes da ich einmal die Löwenhaut umgetan habe, darf ich ja keine Furcht zeigen, sondern muß zusehn, wie es steht um Gesinnung, Verstand, Einsicht, Erkenntnis und die andern schönen Wörter, welche du meinst.

      Hermogenes: Freilich dürfen wir ja nicht eher ablassen.

      Sokrates: Und wahrlich, beim Hunde, das dünkt mich gar keine schlechte Ahndung zu sein, was ich auch vorher schon bemerkt habe, daß die ganz Alten, welche die Benennungen bestimmt haben, gerade wie jetzt die meisten unter den Weisen, weil sie sich so oft und vielfältig herumdrehen müssen bei der Untersuchung, wie es sich mit den Dingen verhält, immer gar sehr schwindlig werden, und ihnen dann scheint, als ob die Dinge sich herumdrehten und auf alle Weise in Bewegung wären. Sie suchen aber die Schuld von dieser Erscheinung nicht innerlich in dem was ihnen selbst begegnet, sondern in den Dingen selbst, die eben so geartet wären, daß nichts fest und beständig bleibe, sondern alles fließe und sich rege und immer in voller Bewegung und Erzeugung sei. Das sage ich mit Hinsicht auf alle die Wörter, mit denen wir jetzt zu tun haben.

      Hermogenes: Wie so das, Sokrates?

      Sokrates: Du hast sie vielleicht nicht recht darauf angesehn, daß offenbar den Dingen nur unter dieser Voraussetzung, daß sie fließen und werden und sich bewegen, diese Namen sind beigelegt worden.

      Hermogenes: Das bin ich gar nicht gewahr worden.

      Sokrates: Gleich zuerst jenes was wir erst nannten hat auf alle Weise eine solche Beziehung.

      Hermogenes: Welches denn?

      Sokrates: Die Gesinnung. Denn diese ist offenbar der Sinn für das Gehende und Junge, jung aber sind die Dinge, weil sie immer werdend sind. Man könnte auch sagen, des Gehenden Sein in uns; auf alle Weise deutet es auf Bewegung. Oder wenn du willst, die Einsicht bezeichnet offenbar die Ansicht und das Sehen des Eilens, und Eilen ist doch eine Art sich zu bewegen. Eben so wenn du willst die Vernunft ist von Vernehmen, das Nehmen des Werdens, denn daß nach diesem die Seele trachtet, macht der kund, der diesen Namen gleichsam Werdnehmen gesetzt hat. Denn Vernunft hieß es nicht vor Alters, sondern das V muß man sich weich denken, und das D ist herausgeworfen. Die Besonnenheit aber oder Besinnung ist offenbar das Behalten dessen, was wir eben schon betrachtet haben, der Gesinnung. Die Erkenntnis aber (412) deutet sicher darauf, daß indem die Dinge sich bewegen, die Seele, die tüchtige nämlich, sie begleitet und weder hinter ihnen zurückbleibt noch ihnen voraneilt. Darum muß man dem Anfangsbuchstaben einen scharfen Hauch geben, und hernach o lesen statt e, so bekommt man die Herkommnis der Seele mit den Dingen. Verstand aber von den Dingen scheint das zu sein, was man durch Folgerungen erlangt, und wenn einer Verstehen sagt mit Umkehrung zweier Buchstaben Werdsehen, meint er dasselbe als Erkennen, und deutet an, daß die Seele sehend dem Werden der Dinge folgt. So auch die Weisheit bedeutet nichts anders als des Wehenden Gewißheit, freilich etwas dunkler und wunderlicher. Allein man muß sich nur erinnern aus den Dichtern und ihrer Sprache, daß von allen schnellen und kaum sichtbaren Bewegungen das Wehen gebraucht wird. Von dieser Bewegung nun gewiß zu sein,