Vorangegangene Studien haben den Einsatz einer Kombination von synchroner und asynchroner Kommunikation beleuchtet und herausgefunden, dass die Kombination von beiden das Engagement Lernender maximieren kann (Harris & Wambeam, 1996; Ohlund, Yu, Jannasch-Pennell & Digangi, 2000) und dass beide Formen von CMC von Lernenden aus unterschiedlichen Gründen preferiert werden (Johnson, 2006). Synchrone CMC ist einer mündlichen Kommunikation ähnlicher, da verschiedene Kommunikationsstrategien eingesetzt werden und diskursive Strukturen häufiger zu finden sind (Abrams, 2003; Chun, 1994; Pelletieri, 2000; Smith, 2003). Die Studien zeigen, dass in synchroner Kommunikation mehr Output produziert wird als in asynchroner. Jedoch fördern asynchrone Formen die Entwicklung syntaktischer Komplexität stärker (Abrams, 2003; Sotillo, 2000) und sind für die Lernenden teilweise einfacher in ihrem Zeitplan unterzubringen (Abrams, 2003; Johnson, 2006). Die Kategorien von Synchronität und Asynchronität vermischen sich jedoch mit der Weiterentwicklung der digitalen Medien zunehmend (Baron, 2008), da beispielsweise Chat-Kommunikation auch asynchron verlaufen kann, wenn die Nutzenden mit einem Account auf einer Plattform wie Facebook oder Skype eingeloggt sind und Nachrichten im Chat hinterlassen, die zu einem späteren Zeitpunkt beantwortet werden. Auch andere Kategorisierungen, wie die Unterscheidung zwischen primär schriftlicher bzw. mündlicher Online-Kommunikation, beispielsweise in E-Mails vs. Skype Voice-Calls (Heim & Ritter, 2013), sind nicht mehr eindeutig, da sich hybride Formen entwickeln, die nicht kategorisierbar sind. Durch die Entwicklung des Social Web und dessen Applikationen sind neue Möglichkeiten für die Nutzung von CMC im Fremdsprachenunterricht entstanden, da Plattformen wie Soziale Netzwerke eine Integration von synchronen und asynchronen Kommunikationsformen darstellen. Dennoch ist es im Kontext des Sprachunterrichts sinnvoll, diese allgemeinen Unterscheidungen in die didaktischen Überlegungen und die methodische Planung von CMC-Projekten einzubeziehen.
1.4 Chancen und Herausforderungen von CMC für den Fremdsprachenunterricht
Wie bereits erwähnt, konzentrieren sich viele der frühen Studien auf einen Vergleich von sprachlichen Entwicklungen und Besonderheiten in elektronischen Diskussionen und vergleichen diese mit dem traditionellen mündlichen Unterrichtsdiskurs. Diese Studien stellen die Steigerung von authentischen Möglichkeiten zur Übung schriftlicher Sprachkompetenzen (DiMatteo, 1990; Kelm, 1996; Kern, 2000; Warschauer, 1997) durch CMC dar. Im Vergleich zum traditionellen Fremdsprachenunterricht erweitert der virtuelle Austausch mittels einer sozialen Interaktion mit Gleichaltrigen und Muttersprachler_innen außerhalb des Unterrichts die Diskursoptionen sowie die Rolle der Lernenden (Warschauer, 1996b) und gilt als lernerzentrierter Ansatz (Kelm, 1996). Zudem werden authentische Kommunikationsanlässe kreiert (Goertler, 2009), was zu einer verbesserten allgemeinen Sprachkompetenz führen kann (Belz, 2007b; Belz & Kinginger, 2003; Thorne, 2003). Weitere Vorteile von CMC liegen in hoher Lernmotivation (O’Dowd, 2006) und gesteigerter Interaktion (O’Dowd, 2007; Smith 2012; Thorne, 2006), gesteigertem Output (Beauvois, 1992; Chun, 1994; Smith, 2012), Möglichkeiten zur Reflexion von Sprache (O’Dowd, 2006) und gesteigerter Kontaktzeit mit der Zielsprache (O’Dowd, 2007). Untersuchungen zeigen, dass elektronische schriftliche Diskussionen zu einer erhöhten Sprachproduktion und beinahe ausschließlichem Gebrauch der Fremdsprache führen und dass der verwendete Sprachstil komplexer als in vergleichbaren mündlichen Diskussionen ist (Beauvois, 1998; Kern 1995; Warschauer, 1996b). Zudem kann synchrone CMC die Aufmerksamkeit der Lernenden für linguistische und grammatische Formen fördern und ihre Bereitschaft steigern, in der Fremdsprache sprachliche Risiken einzugehen (Smith, 2004, 2012). Auf der Grundlage der Interaktionshypothese argumentiert, bietet synchrone CMC die Möglichkeit der Wahrnehmung von sprachlichen Umformulierungen (recasts), von Bedeutungsaushandlungen und korrektivem Feedback (Salaberry, 2000; Smith, 2004, 2012). Verschiedene Studien, die Eye-Tracking Technologien nutzten, konnten zeigen, dass Lernende ungefähr 60 % der Umformulierungen in synchroner CMC bewusst wahrnehmen und lexikalische Umformulierungen einfacher wahrzunehmen, aufzunehmen und anschließend in schriftlichen Tests wiederzugeben sind als grammatische (Smith, 2010). Des Weiteren zeigen diese Untersuchungen, dass Lernende Umformulierungen aus unterschiedlichen linguistischen Kategorien zwar gleichermaßen ausgesetzt sind, das bedeutet, in der synchronen Kommunikation kommen sie zwar genauso häufig vor, aber semantische und syntaktische Aspekte werden eher wahrgenommen als morphologische (Smith, 2012). Diese Möglichkeiten zur Wahrnehmung von Umformulierungen bieten Chancen für ein authentisches Lernen der Fremdsprache.
Jedoch bringt CMC im Fremdsprachenunterricht nicht nur Vorteile mit sich und auch die negativen Aspekte müssen bei einem Einsatz berücksichtigt werden. Obwohl Lernende in westlichen Ländern meistens guten Zugang zu internetfähigen Computern haben, fehlen oftmals die für Audio- und Videokommunikation notwendige Hardware wie Kameras, Mikrofone und Kopfhörer (Winke & Goertler, 2008). Darüber hinaus verfügen Lernende generell zwar über grundlegende Computerkenntnisse, die sie zur Nutzung des Internets und zum Verfassen von Text benötigen, jedoch können sie eher selten komplexere multimediale Vorgänge durchführen wie beispielsweise eine Webseite zu erstellen oder Videomaterial zu editieren (Goertler, Bollen & Gaff, 2012). Dies ist in der Auswahl der Kommunikationsformate zu berücksichtigen.
Viele Forschungsprojekte beziehen sich auf einzelne Formate oder Anwendungen wie E-Mail (Belz, 2005; Schenker, 2012a), Chat-Kommunikation (Kost, 2008; L. Lee, 2001, 2002; Marques-Schäfer, 2013; Tudini, 2007; Wilden, 2007) und den Einsatz von Blogs (Ducate & Lomicka, 2008; L. Lee, 2009), Podcasts (L. Lee, 2009) und Diskussionsforen (Schuetze, 2008; Poorman & Schenker, 2013).
In einem von der Forscherin zuvor durchgeführten Austauschprojekt, welches zwischen einer Universität in den USA und Deutschland stattfand, wurden mehrere Formate eingesetzt, um herauszufinden, welche von den Lernenden als besonders geeignet für eine Online-Kommunikation eingeschätzt werden. Die Studie zeigte, dass die Teilnehmenden generell die Verwendung aller Anwendungen (E-Mail, Text-Chat, Voice-Chat, Diskussionsforen und Videokonferenzen) positiv bewerteten, aber die Nutzung des Text-Chats als besonders geeignet für ihren Sprachlernprozess evaluierten (Schenker & Poorman, 2017).
Allgemein haben sich im Einsatz von CMC im Fremdsprachenunterricht zwei grobe Forschungsbereiche herauskristallisiert (Heim & Ritter, 2013): erstens die Auswirkung von computervermittelter Kommunikation auf interkulturelle Lernprozesse (Belz, 2005; Müller-Hartmann, 2000; O’Dowd, 2006, 2011; Schenker, 2012a, 2012b) und zweitens die Effekte, die CMC auf die Entwicklung von Sprachkompetenzen hat (O’Dowd & Ware, 2009; Payne & Whitney, 2002; Schenker, 2016), wobei viele der Forschungsarbeiten beide Aspekte einbeziehen und untersuchen.
Die Forschungsergebnisse für Untersuchungen zur Förderung interkultureller kommunikativer Kompetenz zeigen, dass CMC auf besondere und direkte Art und Weise Möglichkeiten für interkulturelles Lernen ermöglicht (Heim & Ritter, 2013; Schenker, 2012a). Besonders im Bereich Telekollaboration sind hierzu viele Studien durchgeführt worden (Belz, 2005, 2007a; Belz & Thorne, 2006; Müller-Hartmann, 2000; Murphy et al., 2009; O’Dowd, 2006, 2011).
Der andere Forschungsbereich konzentriert sich auf die sprachlichen Auswirkungen einer Kommunikation durch CMC. Da sich die vorliegende Arbeit in den Forschungsstrang der sprachlichen Auswirkungen eingliedert, wird im Folgenden genauer auf diesen Aspekt eingegangen.
1.5 Sprachliche Auswirkungen von CMC
Die frühen Untersuchungen eines Einsatzes von CMC auf die sprachlichen Kompetenzen der Lernenden sind in den 90-er Jahren anzusiedeln. Zum Beispiel untersuchte Chun (1994) die Auswirkungen auf die Entwicklung von interaktiver Kompetenz und schlussfolgerte, dass Lernende im CMC-Setting öfter die Initiative ergriffen, als im traditionellen Unterrichtsdiskurs und diverse Kommunikationsstrategien verwendeten und dass CMC ihnen die Möglichkeit bot, ihre kommunikative Kompetenz auszubilden. Auch Beauvois (1997) verglich in ihrer Studie eine CMC-Gruppe mit Lernenden, deren Unterrichtsmethode der traditionelle Unterrichtsdiskurs gewesen war und analysierte die Auswirkungen auf deren Aussprache und syntaktische und lexikalische Richtigkeit im Mündlichen. Dabei konnte sie feststellen, dass die CMC-Gruppe sich im Vergleich zur anderen Gruppe signifikant verbessert hatte. Kern (1995) untersuchte die Zunahme von grammatischer Kompetenz in Online-Diskussionen