Der Zweite WeltkriegZweite Weltkrieg endete nicht mit einem großen internationalen Friedensvertrag vergleichbar mit der Wiener KongressWiener Kongressakte oder den Versailler VerträgeVersailler Verträgen. Die einsetzende Blockbildung ab 1947 verhinderte einen solchen Friedensvertrag. In Europa fehlte ein solcher Vertrag bis zum 2+4 Vertrag (1990) ganz. Mit Japan wurde 1951 ein Friedensvertrag geschlossen, mit Österreich 1955. Das heißt aber nicht, dass es deshalb keine Nachkriegsordnung vergleichbar mit dem Wiener KongressWiener Kongress oder VersaillesVersailler Verträge gab. Auf den Konferenzen von TeheranKonferenz von Teheran (1943), JaltaKonferenz von Jalta (1944) und Konferenz von PotsdamPotsdam (1945) erzielten die Alliierten eine Einigung über wichtige Verhandlungsgegenstände, die eine Grundlage für eine Nachkriegsordnung darstellten (vgl. Tabelle 2.1)Alliierte Konferenzen als Grundlage für Nachkriegsordnung. Gegenstand der Verhandlungen war nicht nur die Neuordnung in Europa, sondern auch die in Asien und im Nahen und Mittleren Osten.
Teheran (1943)Roosevelt, Churchill, Stalin | Jalta (1944)Roosevelt, Churchill, Stalin | Potsdam (1945)Truman, Churchill/Attlee, Stalin | |
Gegenstände | Invasionspläne, Teilung Deutschlands | territoriale Aufteilung Asiens, Deutschlands, Osteuropas, Entmilitarisierung Deutschlands,Entwurf für Vereinte NationenVereinte Nationen | Verwaltung Deutschlands, Reparationen, Gebietsabtretungen an Polen |
Ergebnisse | Bestätigung der Grenzen der Sowjetunion nach dem Hitler-Stalin-Pakt | Aufteilung Osteuropas in Einflusssphären:Rumänien: US 90% – andere 10%Griechenland: GB 90% – RUS 10%Jugoslawien, Ungarn: RUS 50% – andere 50%Bulgarien: RUS 75% – andere 25% | Bestätigung der polnischen Verwaltung über deutsche Gebiete westlich Oder-Neiße-Linie |
Unabhängigkeit Finnlands, Jugoslawiens | Kriegseintritt Russlands gegen Japan, Bündnis mit China | Aufteilung Deutschlands in Besatzungszonen | |
Unabhängigkeit des Iran nach Besetzung durch britische und sowjetische Truppen | Atlantik-Charta | ||
Ereignisse | Kapitulation Italiens und Kriegserklärung Italiens an Deutsches Reich | Alliierte Invasion in Frankreich | Atombombenabwurf auf Hiroshima und Nagasaki August 1945 |
Verhandlungsgegenstände und Ergebnisse der Alliierten Konferenzen
Die Alliierten Konferenzen
beinhalteten Regelungen zur territorialen Eindämmung Deutschlands und Japans. Damit verbunden waren Gebietsabtretungen Deutschlands an Polen. Japan verlor alle vor dem Ersten WeltkriegErster Weltkrieg erworbenen Gebiete.
etablierten je einen Alliierten Kontrollrat als Institution für die Überwachung Deutschlands und Österreichs. In Japan übernahm diese Funktion der Alliierte Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte.
schufen durch die Aufteilung von Deutschland und Österreich in Besatzungszonen eine effektive territoriale Kontrolle.
erreichten durch die Demilitarisierung des Saarlands und die gemeinsame Verwaltung des Ruhrgebiets eine effektive Kontrolle der deutschen Rüstungsproduktion.
Außenpolitische Überwachung Deutschlands und Japanszielten mit diesen vorübergehenden Maßnahmen auf die umfassende außenpolitische und militärische Überwachung insbesondere von Deutschland und Japan als ehemaligen Angreiferstaaten.
Sehen wir uns die getroffenen Vereinbarungen etwas genauer entlang der bereits bekannten Trias von territorialer Neuordnung, Überwachung und Friedenssicherung an:
Eindämmung Deutschlands und Japans: Die Alliierten veränderten zwar den Zuschnitt Deutschlands, das einen Teil seines Gebiets abtreten musste (an Polen, das nach Westen verschoben wurde), bestätigten aber dessen territoriale und wirtschaftliche Einheit. Die zahlreichen Annexionen und der Anschluss Österreichs wurden rückgängig gemacht. Ruhrgebiet und Saarland wurden – wie bereits 1918 – demilitarisiert. Langfristig würde Deutschland durch die Institutionalisierung der Teilung in Besatzungszonen und die Gründung der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik weiter geteilt werden. Das war zwar von den Alliierten zunächst nicht intendiert, stellte aber langfristig betrachtet sicher, dass Deutschland keine Bedrohung für die Nachbarstaaten mehr darstellte. Auch Österreich wurde in Besatzungszonen geteilt und eine Alliierte Kontrollkommission übernahm bis 1955 die Verwaltung.
Für Japan waren die territorialen Veränderungen etwas größer: Die Uhren wurden in territorialer Hinsicht auf 1854 zurückgestellt, das heißt, Japan verlor auch alle vor dem Ersten WeltkriegErster Weltkrieg erworbenen Gebietsansprüche. Vietnam und Korea, die beide von Japan besetzt worden waren, wurden unter eine gemeinsame Verwaltung gestellt: Im Fall Koreas hatten sich Stalin, Chiang Kai-Scheck und Churchill 1943 darauf verständigt, das Land unter die Verwaltung der Sowjetunion und der USA zu stellen. Im Fall Vietnams wurde eine Treuhandschaft durch China und Großbritannien vereinbart. Diese sollte explizit die Wiederbesetzung durch Frankreich verhindern.
Überwachung Deutschlands und Japans als Angreiferstaaten: Die Eingriffe der Alliierten in die innerstaatlichen politischen und wirtschaftlichen Strukturen Deutschlands und Japans waren umfassend. Ähnlich zur Alliierten Militär-Kontrollkommission, die die Einhaltung der Abrüstungsbestimmungen des Versailler Vertrags überwachen sollte, wurden Deutschland und Japan einer externen Kontrolle unterworfen. Für Deutschland agierte der Alliierte KontrollratAlliierter Kontrollrat, dem die Siegermächte unter Beteiligung Frankreichs angehörtenÜberwachung Deutschlands durch Alliierten Kontrollrat. De facto waren es aber die jeweiligen Militärbefehlshaber der Besatzungszonen, die Entscheidungen trafen (Dallinger/Golz 2005: 316). Die Kontrolle war im Verhältnis zu den für Deutschland nach dem Ersten WeltkriegErster Weltkrieg getroffenen Regelungen nicht nur tiefer (der Kontrollrat traf sämtliche politischen Entscheidungen für Deutschland, nicht nur außenpolitische, diese wurden von zwölf Direktoraten vorbereitet), sie war auch breiter, da sie das gesamte Staatsgebiet Deutschlands umfasste.
In beiden Staaten wurden Verwaltung und Wirtschaftsorganisationen dezentralisiertWirtschaftliche Dezentralisierung. In Japan war ursprünglich die Auflösung der wirtschaftlichen Riesenkonzerne (Zaibatsu) geplant, denen die Verantwortung für Japans aggressive Kriegs- und Eroberungspolitik zugewiesen wurde. Dieser Plan wurde nicht verwirklicht; verwirklicht wurde aber eine umfassende Bodenreform, die den Großgrundbesitz verteilte und eine gerechtere Verteilung innerhalb Japans gewährleistete (Dallinger/Golz 2005: 367f.).
Der Alliierte Kontrollrat löste sich im Zusammenhang mit der Entscheidung der USA und Großbritanniens, einen westdeutschen Bundesstaat zu gründen, auf. Die Sowjetunion verließ den Rat. Sie versuchte danach, mit der Berlin-BlockadeBerlin-Blockade (1948) und der Blockade der Lebensmittelversorgung Berlins die Westmächte zur Aufgabe West-Berlins zu zwingen. Im Fall Japans traf, da es keine vergleichbare Institution zum Alliierten Kontrollrat gab, der militärische Oberbefehlshaber der US-Armee alle Entscheidungen.
Region | Staat | territoriale Veränderung | weitere Regelungen/Implikationen |
Europa | Deutschland | nimmt durch Westverschiebung Polens Gebietsverluste hin;wird in Besatzungszonen aufgeteilt | wird durch die Gründung der deutschen Teilstaaten langfristig geteilt und stellt keine Bedrohung für Nachbarstaaten dar;externe Kontrolle durch Alliierte Kontrollkommission;Abtrennung Saargebiet (als franz. Protektorat), Demontage und Kontrolle des Ruhrgebiets;Reparationszahlungen;Demilitarisierung, Denazifizierung, Demokratisierung, Dezentralisierung |
Österreich | wird wieder unabhängig;wird in Besatzungszonen aufgeteilt | Überwachung der Außenpolitik (bis 1955);Demilitarisierung;wird neutral | |
Italien | Rückgabe der besetzten Gebiete (Albanien);Verlust der Kolonien (Libyen, Somaliland) | ||
Polen | wird nach Westen und Süden verschoben | ||
Asien | Japan | wird auf die Größe von 1854 reduziert;gibt besetzte Gebiete
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