Konflikt- und Streitschlichtung
Förderung der Anwendung von Normen und RegelnKontrolle ihrer UmsetzungSanktionierung ihrer MissachtungErzwingung ihrer Einhaltung
Bildung und Nutzung von Verifikationsinstrumenten
Bildung und Nutzung von Verifikationsinstrumenten
operational (organisatorisch/logistisch) z.B. für Entwicklungszusammenarbeit, Noteinsätze
Serviceleistungen aller Art für grenzüberschreitende Kooperation
Durchführung komplexer operativer Aktionen
Umsetzung von umfassenden Arbeitsprogrammen
Ressourcen-Allokation
Not- und Katastrophen-Hilfe
internationaler Einsatz von national gestellten Truppen
Die frostige Metapher von den internationalen Organisationen als „gefrorene[n] Entscheidungen“ (Keohane 1988, S. 384; siehe 3) wirft ein kaltes, aber klares Licht auf ihre Struktur und Eigenart, die erst aus historischer Perspektive auf ihr Entstehen und Fortbestehen verständlich werden. Nur jeweils in einer historischen, also einmaligen spezifischen Situation, die nicht auf Dauer so sein wird, sind konkrete Festlegungen von weitreichender Bedeutung in Verträgen möglich – was in Diplomatensprache (siehe 7.1) gern „window of opportunity“ genannt wird. Solche sehr seltenen Gelegenheiten zur verbindlichen Umsetzung eines gelingenden Konsens zu nutzen, bedeutet aber, dass die Vertragspartner notwendigerweise immer auch auf Bedingungen dieser spezifischen Situation eingehen und diese somit in Form von bleibenden normativen und organisatorischen Regelungen festschreiben: „Geschichte verschlüsselt in Regeln“ (March/Olson 1984, S. 741). Aus machtpolitischen Motiven und wegen der rechtlichen Verfahrensprobleme bei einer Änderung oder auch schlicht aus Gewohnheit bleiben diese Regelungen stabil, selbst wenn die Entstehungssituation und ihre Zwänge kaum noch erinnerlich sind.
In entwicklungsgeschichtlicher Perspektive zeigen sich auch langfristige Trends als Rahmenbedingungen internationaler Kooperation:
Durchsetzung und unbedingte Achtung der Souveränität als Grundregel der Beziehungen der konsolidierten modernen Staaten als den entscheidenden Akteuren (siehe 2.4);
Institutionalisierung von vertragsbasierten Organisationen und Verfahren, u.a. wegen der wachsenden Anzahl und Vielfalt der staatlichen Akteure, und
in der Folge dessen zunehmende Verregelung oder Verrechtlichung der immer komplexeren internationalen Beziehungen im kooperativen Multilateralismus (siehe 2.2);
wegen Überbeanspruchung durch den somit gefährdeten Multilateralismus (siehe 2.2) als gegenläufige Tendenz auch Informalisierung (siehe 7.6 und 9.2), die paradoxerweise die Zusammenarbeit im jeweils gegebenen, möglicherweise zu starren institutionellen Rahmen aufrechterhalten oder sogar vertiefen könnte.
Es zeigt sich eine Tendenz: Funktionierender Multilateralismus macht allmählich das Souveränitätsprinzip problematisch und konnte es schwächen; Staaten bleiben bislang die Handlungskerne der Kooperation, aber andere Instanzen und Mechanismen lagern sich um sie an und gewinnen an Handlungsspielraum. Ob diese Entwicklung nachhaltig ihre Ausgangslage des Primates der Nationalstaaten transformiert oder wiederum Gegenreaktionen provoziert, wird das 21. Jahrhundert prägen.
Literaturverweis zu 2.3.: Internationale Organisationen
Karns/Mingst 2018; Keohane 1984; Keohane/Nye 1987; Keohane 1988; Krasner 1983; March/Olson 1984; Müller 1993; Rittberger/Zangl 2008; Schraepler 1994; Wesel 2012; Woyke 2007
2.4 Völkerrecht
Den gesetzestreuen, zumindest Polizei und Justiz achtenden Bürgern eines Rechtsstaates ist es schwer verständlich, dass es ein weltweit geltendes Recht geben soll – ohne Polizei und Justiz, also ohne Staat als politischen Rahmen, der die rechtmäßige Ordnung sichert und Rechtsverletzungen ahndet. Im Deutschen schafft die altehrwürdige Bezeichnung „Völkerrecht“ noch weitere Missverständnisse; das englische „international law“ drückt deutlicher aus, worum es geht: um das Recht zwischen den Staaten, nicht um Recht unter Völkern oder gar Rechte der Völker. Wenn es also um zwischenstaatliches Recht geht, ist immer sogleich über die wichtigste Eigenschaft eines Staates zu reden: seine Souveränität.
Das Konzept der Souveränität ist die Grundlage des modernen Staates und aus ihm folgt das maßgebliche Prinzip des Verhältnisses der Staaten untereinander: Anarchie ohne vorgegebene Regeln. Paradoxerweise gilt ein Friedensvertrag als Beginn dieses Zustandes zwischen den Staaten: Im Vertrag des Westfälischen Friedens von 1648 zum Ende des Dreißigjährigen Krieges ist erstmals völkerrechtlich greifbar, dass der souveräne Nationalstaat der entscheidende Akteur aller Politik sein wird: Im modernen internationalen System handeln nun uneingeschränkt nach innen und nach außen unabhängige, souveräne und gleichberechtigte Staaten – ohne übergeordnete geistliche oder weltliche Machtinstanz.
Das sog. Westfälische Staaten-System
Der Vertrag des Westfälischer Friedens von 1648 zum Ende des Dreißigjährigen Krieges erkannte nur noch Staaten als die oberste – eben „souveräne“ – Macht auf ihrem Territorium an, was nach den Religionskriegen kirchliche Einflüsse eindämmte. Das Abstraktum „Staat“ wurde noch nicht genannt, aber gemeint waren als neue Träger der Souveränität eben nicht mehr autorisierte Personen und Personenverbände als Herrscher, sondern die territoriale Herrschaft selbst – die „Völker“ waren dabei nicht angesprochen. Die Deckungsgleichheit von Territorium, Staat, Volk und auch des religiösen Bekenntnisses wird in der Folge als Idealfall angenommen; die Durchsetzung des Prinzips „cuius regio, eius religio“ („Wessen Herrschaft, dessen Religion“) war damals ein friedensschaffender zivilisatorischer Fortschritt: Der Verzicht auf die Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines anderen Staates entschärfte eine häufige Kriegsursache.
Das Westfälische Staaten-System ist begründet durch das Souveränitätsprinzip und das Territorialprinzip; das Legalitätsprinzip machte es zu einem funktionierenden inter-nationalen Regelwerk: Ungeachtet seiner Größe, Bevölkerung, militärischen Macht oder Wirtschaftskraft ist jeder souveräne Staat gegenüber allen anderen souveränen Staaten absolut gleichberechtigt; völkerrechtliche und vertragliche Regelungen gelten nur auf der Basis von Freiwilligkeit und Kündbarkeit nach Maßgabe der eigenen Interessen; Kriegsführung als ultimatives Mittel zur Wahrung der eigenen Souveränität bleibt legitim.
Der Gedanke der Souveränität wurde eng mit dem modernen Staatsbegriff verwoben und ständig als Kampfbegriff eingesetzt, aber als regulatives Konzept allerdings praktisch nie vollständig umgesetzt. Einige Hegemonialmächte mögen in ihren stärksten Zeiten ihre Souveränität tatsächlich voll ausgenutzt haben, meist aber waren pragmatisch Rücksichtnahme auf andere Staaten und die Duldung von Einflussnahme von außen angebracht; immer wurde versucht, die Souveränitätsrechte konkurrierender oder gegnerischer Staaten faktisch zu untergraben. Eine Balance zu finden, war immer riskant und meist wenig verlässlich, denn in der Logik eines anarchischen Staatensystems ohne vorgegebene Verhaltensregeln provoziert Konflikt, wer seine Möglichkeiten ausschöpft; wer dem Konflikt ausweicht, wird ausgenutzt.
Während die Staaten-Souveränität im 19. Jh. noch fast als absolut gesehen wurde, haben konkurrierende Ansprüche und Normen sie im 20. Jh. immer mehr bedrängt; im Rahmen von Völkerbund und dann der UNO wurde Souveränität in Verbindung gesetzt mit der Mitgliedschaft in der internationalen Gemeinschaft, d.h. dass das Recht eines Staates durch seine Verpflichtung dieser gegenüber bedingt ist; dieser Gedanke wurde weiterentwickelt bis zum aktuellen Postulat einer Schutzverantwortung (siehe 8.1.3).
Als dogmatisiertes Prinzip schafft Souveränität logischerweise für zwischenstaatliche Zusammenarbeit endlose Probleme, weil es nicht nur aktive Einmischung von außen ungeachtet der Begründung ausschließt, sondern schon öffentliche Kritik der Entscheidungen eines souveränen Staates oder