Tabelle 2.2: Auszug aus einem Stimmungstagebuch
Sie können Ihre Fortschritte dokumentieren, egal ob Sie sich selbst helfen oder mit einer Fachperson zusammenarbeiten. Sollten Ihre Fortschritte stagnieren, holen Sie sich Hilfe oder besprechen Sie das Problem mit Ihrer Therapeutin oder Ihrem Therapeuten.
Kapitel 3
Wenn schlimme Dinge geschehen
IN DIESEM KAPITEL
Chronischer Stress und Depression
Sich während einer Pandemie niedergeschlagen fühlen
Sich ausgelaugt und depressiv fühlen
Mit Diskriminierung umgehen
Globale Ereignisse bewältigen
Das Leben ist voller Ungerechtigkeit, Tragödien und Rückschläge. Eigentlich ist es ein Wunder, dass so viele Menschen diesen Widrigkeiten mit Mut und Entschlossenheit entgegentreten. Aber was lässt diejenigen, die sich so tapfer durch harte Zeiten kämpfen, in einen Zustand der Depression abgleiten? Vielleicht liegt es an frühen Lernerfahrungen, an den Genen, traumatischen Erlebnissen oder unbekannten Faktoren. Wir wissen, dass es selbst für die Besten von uns schwierig ist, Ängsten allein und ohne Unterstützung zu begegnen. Und wir wissen auch, dass aus chronischem Stress eine Depression entstehen kann.
Eine andere Ursache für eine Depression ist die Überzeugung, dass man keinen Einfluss auf das Ergebnis hat. »Da kann man nichts machen.« »Das Problem lässt sich nicht lösen, ich kann mich abstrampeln, wie ich will, davon wird es nicht besser.« Sie glauben, Sie haben keine Kontrolle über die Situation, die Sie niederdrückt, und fühlen sich nur noch hilflos.
In diesem Kapitel beschreiben wir einige Situationen, die viele Menschen in depressive Stimmung versetzt. Trotzdem gibt es Grund zur Hoffnung. Wir stellen Ihnen Ideen vor, wie Sie das Beste aus Ihrer Situation machen und Ihr Leben, so gut es geht, leben können. Wir befassen uns auch mit chronischem Stress, der aus großen Weltereignissen entsteht, denn nicht jede Depression hat ihren Ursprung in individuellen Faktoren wie biologischen Zusammenhängen oder frühen Kindheitserlebnissen. Diese Art der Depression ist eine normale Reaktion auf höchst anormale Zeiten. Wir erläutern grob, wie solche Ereignisse in eine Depression führen können und geben Ihnen erste Tipps, wie Sie damit umgehen können.
Verlust und Depression während einer Pandemie
Zahlreichen Statistiken und Umfragen zufolge ist die Depressivität vieler Menschen im Jahr 2020, dem ersten Jahr der Covid-19-Pandemie, stark angestiegen. Dies bedeutet zwar nicht, dass die Fälle mit klinisch bedeutsamen, behandlungsbedürftigen Depressionen angestiegen ist, doch hat die Pandemie eindeutig die Leidensfähigkeit vieler Menschen überfordert.
Jeder, der Zugang zu Informationen über die Pandemie hatte, bekam es verständlicherweise mit der Angst zu tun. Also so gut wie jeder. Die Leute versuchten alles, um an Handdesinfektionsmittel, Toilettenpapier und Gesichtsmasken heranzukommen. Sie begannen, Dosengemüse, Nudeln, Tomatensoße und Reinigungsmittel zu horten. Obwohl die Pandemie erhebliche Angst hervorrief, überlegten auch viele Menschen wie elektrisiert, was jetzt getan werden musste. Manche tendierten entweder zu chronischer Angst oder aber zu eklatanter Ablehnung. Die Einschränkung sozialer Kontakte führte zu Einsamkeit und Isolation. Die vielen erfreulichen Ereignisse des täglichen Lebens, zum Beispiel zum Essen auszugehen, Kinobesuche oder Treffen mit Freunden waren infrage gestellt. Plötzlich war alles unsicher: die Gesundheit, die Finanzen, die Zukunft, und der Tod lauerte an jeder Ecke. Mit den steigenden Todeszahlen schlich sich bei manchen auch eine krankheitswertige Depression ein, insbesondere bei solchen, die bereits vorbelastet waren. Der folgende Abschnitt befasst sich mit einigen grundlegenden Problemen, die während einer Pandemie auftreten und zur Entwicklung einer Depression beitragen können.
Zwischenmenschliche Kontakte verlieren
Auf der ganzen Welt schränkten die Industrieländer Menschenansammlungen stark ein. Den meisten wurde für kürzere oder teils auch über sehr lange Zeiträume gesagt, sie sollten zu Hause bleiben. Sie durften nur gelegentlich ihr Zuhause verlassen, um notwendige Dinge wie Lebensmittel oder Medikamente zu besorgen, aber das war dann häufig mit Ängsten verbunden. Maske tragen, nichts anfassen, sich von anderen Leuten fernhalten, schnell wieder raus und die Hände desinfizieren. Der sonst so kurzweilige Einkaufsbummel wurde zu einer potenziellen Gefahr für unsere häusliche Sicherheitszone.
Die Menschen waren isolierter denn je. Dabei wissen Psychologen seit Jahrzehnten, dass zwischenmenschliche Kontakte für den Erhalt des emotionalen Wohlbefindens von entscheidender Bedeutung sind. Eine lange andauernde extreme Isolation führt bei den meisten Menschen zu einer Depression.
Demenz, Einsamkeit und Verlust während der Pandemie
Die Covid-19-Pandemie hatte verheerende Auswirkung auf Seniorenheime. In Deutschland werden weniger als ein Prozent (oder: mehr als 730.000 Menschen) der Bevölkerung in vollstationären Pflegeeinrichtungen versorgt. Trotzdem liegt der Anteil der Todesfälle an und mit Covid-19 in dieser Gruppe bei ungefähr einem Drittel. Um die hohen Infektionszahlen einzudämmen, wurden viele Maßnahmen zum Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner getroffen. Besuche von außen wurden verboten, alle gemeinsamen sozialen Aktivitäten in den Heimen eingestellt und die Senioren mussten in ihren Zimmern bleiben. Selbst die sonst so wichtigen und geschätzten gemeinsamen Mahlzeiten wurden in stiller Einsamkeit eingenommen.
Leider haben sich diese Einschränkungen als nicht weniger todbringend erwiesen, denn Menschen mit Demenz brauchen Anregungen und Kontakte zu anderen Personen. Einsamkeit und Isolation haben die Todesrate bei ansonsten stabilen Patienten ansteigen lassen. Es gab immer mehr Fälle, in denen Heimbewohner in Apathie verfielen und jegliches Interesse an Essen und Trinken verloren. Wenn sie dann einsam starben, hinterließen sie ebenso einsam trauernde Freunde und Verwandte, die nicht an ihrer Seite sein konnten.
Zum Glück haben nun solche Menschen mit stark erhöhtem Risiko weitgehend einen Impfschutz, aber dennoch wird es weiter Einschränkungen für den Kontakt mit Heimbewohnern geben.
Grundfreiheiten verlieren
Im Februar 2020 sahen wir einen Bericht über den Corona-Virus in China. Er zeigte große Gebäude, in denen tausende Menschen, die Kontakt mit dem Virus hatten, in Betten untergebracht waren. Um die Verbreitung der Infektion einzuschränken, hatte die Regierung Quarantänen angeordnet. Wir dachten damals, dass solche drakonischen Maßnahmen in der westlichen Welt, die Freiheit und Unabhängigkeit für unantastbar hält, niemals akzeptiert würden. In normalen Zeiten würden solche Einschränkungen als Angriff auf die verfassungsrechtlich garantierten Freiheiten betrachtet. Wie schnell sich die Dinge dann doch verändert haben! Innerhalb von Wochen wurden einige Freiheiten einkassiert oder eingeschränkt:
Reisen: Grenzen wurden geschlossen. Die Menschen hatten Angst, zu fliegen oder in überfüllten Bussen, Zügen oder U-Bahnen zu fahren. Kreuzfahrten und Touren wurden weltweit storniert. Naturparks und Grünanlagen wurden geschlossen; wenn sie wieder öffneten, dann nur mit Auflagen.
Arbeit: »Nicht lebenswichtige« Betriebe wurden für Monate geschlossen. Restaurants schlossen ihre Türen genauso wie Bars, Nachtclubs, Konzerthallen, Friseure, Kosmetik- und Massagesalons und Kinos. Wer wieder aufmachen durfte, musste sich an strenge Regeln halten. Nur eine bestimmte Anzahl Menschen durften sich zur gleichen Zeit in Innenräumen aufhalten, mit Abstand und Gesichtsmasken.
Schulen: Auf der ganzen Welt wurden Schulen geschlossen. Manche stiegen später