Eine Major Depression schränkt fast immer die Arbeitsfähigkeit und die Fähigkeit, mit anderen Menschen umzugehen, deutlich ein. Diese Erkrankung raubt Ihnen mit anderen Worten alle Fähigkeiten, die Sie benötigen, um wieder gesund zu werden. Deshalb ist es so wichtig, dass Sie Hilfe annehmen. Anderenfalls kann die Major Depression im Selbstmord enden. Haben Sie den Verdacht auf eine Major Depression, brauchen Sie sofort Hilfe. In Kapitel 4 erfahren Sie, wie Sie professionelle Hilfe finden können.
Saisonale affektive Störung: Die Winterdepression
Manche Depressionen kommen und gehen mit den Jahreszeiten. Menschen, die immer wieder im Herbst oder Winter depressiv werden, haben möglicherweise eine saisonale affektive Störung (SAS). Die Betroffenen können unter einigen ungewöhnlichen Symptomen leiden wie
gesteigertem Appetit,
Heißhunger,
gesteigertem Schlafverlangen,
Reizbarkeit,
Schweregefühl in Armen und Beinen.
Mediziner glauben, dass das fehlende Sonnenlicht bei empfindlichen Personen diese Art der Depression auslöst. Die Tatsache, dass diese Depression eher in nördlicheren Breiten vorkommt, wo die Lichtveränderungen vom Sommer zum Winter besonders ausgeprägt sind und es im Winter länger dunkel ist als in anderen Regionen, unterstützt diese Theorie.
Was macht ein Bär, um sich auf den Winter vorzubereiten? Er geht auf Nahrungssuche, futtert sich so viel Fett an wie nur möglich und hält dann in einer Höhle seinen Winterschlaf. Gleichsam – wenn auch aus anderen Gründen – nehmen Menschen mit einer SAS meistens an Gewicht zu, sie haben Heißhunger und weniger Energie und würden am liebsten nur im Bett liegen.
Persistierende Depressive Störung: Eine chronische, geringgradige Depression
Die heute auch Persistierende Depressive Störung genannte Dysthymie ähnelt in ihrem Erscheinungsbild der Major Depression. Sie ist jedoch nicht so schwer und neigt eher dazu, einen chronischen Verlauf zu nehmen. Bei einer Persistierenden Depressiven Störung bestehen die Symptome schon seit etwa zwei Jahren oder länger. Die depressive Stimmung besteht fast den ganzen Tag und es gibt kaum mal einen Tag, an denen es den Betroffenen gut geht. Um die Diagnose Dysthymie stellen zu können, müssen Sie zusätzlich zu einer depressiven Stimmungslage nur zwei der folgenden Symptome aufweisen:
Konzentrationsmangel,
geringes Selbstwertgefühl,
Appetit- und Schlafstörungen,
Gedanken der Hoffnungslosigkeit,
Schuldgefühle,
Gedanken an Tod oder Selbstmord,
Schwierigkeiten, Entscheidungen zu treffen.
Die Dysthymie ist im Gegensatz zur Major Depression weniger häufig mit körperlichen Symptomen wie Veränderungen bei Appetit, Schlaf, Gewicht oder dem Auftreten von Ruhelosigkeit verbunden.
Die Dysthymie beginnt häufig bereits in der Kindheit oder im jungen Erwachsenenalter. Sie kann viele Jahre fortbestehen, wenn sie nicht behandelt wird. Außerdem besitzen Personen mit einer Dysthymie ein größeres Risiko, irgendwann in ihrem Leben eine Major Depression zu entwickeln.
Obwohl die Betroffenen bei einer Persistierenden Depressiven Störung nicht so mutlos wie bei der Major Depression sind, führen sie trotzdem ein Leben ohne Kraft und Lebensfreude. Diese Menschen sind für ihre Umgebung nicht als depressiv zu erkennen, doch sie wirken pessimistisch, demoralisiert und vielleicht sogar zynisch und sind die meiste Zeit sehr griesgrämig gestimmt.
Elke kann sich nicht daran erinnern, jemals Freude empfunden zu haben. Sie weiß nicht einmal genau, was dieses Wort bedeutet. Elkes Eltern arbeiteten viel und wirkten kühl und distanziert. Elke war in der Schule sehr fleißig. Sie hoffte, durch ihre guten Leistungen Liebe und Anerkennung zu bekommen. Doch ihre Eltern schienen ihre Anstrengungen nicht einmal zu bemerken. Heute führt Elke ein Leben, um das sie all ihre Kollegen beneiden. Sie bekommt ein gutes Gehalt und arbeitet unermüdlich in ihrem Beruf als Maschinenbauingenieurin. Trotzdem hat sie das Gefühl, etwas zu vermissen. Sie fühlt sich erfolglos und ist sehr unzufrieden. Elke hat eine Dysthymie, obwohl sie von sich selbst sagt, dass sie sich nicht depressiv fühle. Sie holt sich keine Hilfe für ihr Problem, weil ihr gar nicht klar ist, dass das Leben auch anders sein kann.
Gerade Menschen mit einer Dysthymie lassen sich häufig nicht behandeln, weil sie glauben, das Leben sei eben so. Wenn Sie den Eindruck haben, dass Sie an einer Dysthymie leiden, dann benötigen Sie Hilfe. Die Dysthymie wird nicht von allein verschwinden. Sie haben das Recht, sich besser zu fühlen, als Sie es im Moment tun.
Prämenstruelle dysphorische Störung und Wochenbettdepression: Diese schrecklichen Hormone?
Viele Frauen neigen gelegentlich vor ihrer Menstruation zu Stimmungsschwankungen. Ein kleinerer Anteil bekommt allerdings deutlichere und stärkere Symptome, die als prämenstruelle dysphorische Störung (PDS) bekannt sind. Diese Störung ist eine stärkere Form des bekannten prämenstruellen Syndroms (PMS).
Obwohl die Hormone bei einer PDS sicherlich eine wichtige Rolle spielen, konnte die Wissenschaft die eigentlichen Ursachen noch nicht finden. Frauen, die von einer PDS betroffen sind, leiden jeden Monat in der Woche vor der Regelblutung unter einigen der folgenden Symptome:
Zorn,
Angst,
Völlegefühl,
Erschöpfung,
Heißhunger,
Empfindlichkeit gegenüber Ablehnung,
Gefühl des Überwältigtseins,
Schuldgefühle,
Reizbarkeit,
Konzentrationsstörungen,
Traurigkeit,
Rückzug von Menschen und Aktivitäten.
Das nachfolgende Beispiel verdeutlicht einige Symptome der PDS. Betroffene Frauen werden häufig von ihren emotionalen Reaktionen im Alltagsstress überrascht und empfinden starke Schuldgefühle. Obwohl ihre Symptome durch Hormonschwankungen ausgelöst werden, finden sie Möglichkeiten, sich selbst die Schuld zuzuschreiben.
Kathrina fährt nach der Arbeit zum Supermarkt. Ungeduldig schiebt sie den Einkaufswagen durch die Reihen, bis ein anderer Wagen ihren Weg blockiert. Sie ist sofort verärgert und räuspert sich lautstark. Die andere Frau blickt auf und entschuldigt sich sofort. Katharina geht weiter und versetzt dem anderen Wagen im Vorbeigehen noch einen Schubs.
Als sie an der Kasse in der Warteschlange steht, wird ihr Zorn immer größer. Der Mann vor ihr kramt nach seiner EC-Karte und stellt fest, dass er sie nicht bei sich hat. Dann zählt er sein Kleingeld ab, doch es ist zu wenig. Jetzt sucht er in seiner überfüllten Brieftasche nach einer Kreditkarte. Kathrina kann ihren Zorn nicht mehr unterdrücken und meckert: »Die anderen haben nicht den ganzen Tag Zeit, um hier