Notzeiten und Depression
Menschen, die wiederholt belastende oder traumatisierende Erlebnisse erleiden, haben ein erhöhtes Risiko für Depressionen. Beispielsweise spielt die soziale Isolation während des Lockdowns in Pandemiezeiten eine Rolle. Auch ständige finanzielle Sorgen können das Gefühl von Ausweglosigkeit verstärken und in einer Depression münden. Und Menschen, die in Regionen leben, die durch Extremwetter wie Stürme, Überschwemmungen oder Waldbrände gefährdet sind, unterliegen einem höheren Risiko für eine Depression.
Depressionen haben ihren Preis
Depressionen scheinen in den letzten Jahrzehnten zuzunehmen (bedingt auch durch die bessere Diagnostik und die zunehmende Akzeptanz von psychischen Erkrankungen). Für alle, die nach dem Zweiten Weltkrieg geboren wurden, ist das Risiko gestiegen, an einer Depression zu erkranken. Die Angaben variieren zwar beträchtlich, doch heute erleiden mindestens 15 bis 20 Prozent der Menschen im Lauf ihres Lebens mindestens einmal eine Depression. Diese Zahl ist erschreckend hoch.
Zahlen zur Häufigkeit von Depressionen sind nur grobe Schätzungen. Viele depressive Menschen lassen sich nicht behandeln. Andere erkennen nicht einmal, dass sie an einer Depression leiden. Wie auch immer die genauen Zahlen lauten, eins ist sicher: Sehr viele Menschen sind einmal in ihrem Leben von einer Depression oder einer depressiven Episode betroffen.
Depressionen verursachen Kosten
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat ein Projekt ins Leben gerufen, mit dessen Hilfe die ökonomische globale Krankheitsbelastung gemessen werden kann. Depressionen zählen in dieser Statistik zu den fünf größten Kostenverursachern. In den westlichen industrialisierten Ländern stehen psychische Erkrankungen nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen sogar auf dem zweiten Platz, da hier die weltweit kostenträchtigsten Erkrankungen wie Aids oder Tuberkulose eine geringere Rolle spielen. Die Kosten, die durch Depressionen verursacht werden, sind enorm. In Deutschland belaufen sich allein die direkten Kosten, die unmittelbar durch die Behandlung entstehen, auf mehrere Milliarden Euro, wobei von wesentlich höheren indirekten Kosten auszugehen ist, wenn man alle Belastungen und Beeinträchtigungen durch Depressionen einbeziehen würde wie zum Beispiel Krankheitstage oder Erwerbsminderung.
Wie entstehen diese indirekten Kosten? Menschen mit Depressionen sind häufiger krankgeschrieben und leisten nicht so viel wie andere, wenn sie arbeiten. Eltern depressiver Kinder können oft nicht ihrer Arbeit nachgehen, weil sie ihre Kinder zu Therapien begleiten müssen. Und nicht zuletzt dürfen die verlorenen Lebensjahre durch Suizide, die im Rahmen von Depressionen verübt werden, nicht vergessen werden. Natürlich verursacht auch die Therapie Kosten. Doch man darf nicht vergessen, dass eine erfolgreiche Therapie die Produktivität des Betroffenen wieder erhöht und die Fehltage reduziert.
Zwischenmenschliche Folgen der Depression
Die Zahlen und Fakten zu den gesellschaftlichen Kosten, die eine Depression verursacht, sagen nur wenig über den Preis aus, den die betroffenen Menschen selbst zu zahlen haben. Das Leid, das eine Depression mit sich bringt, betrifft sowohl den Kranken als auch die ihm nahestehenden Personen. Worte können folgende Situationen nur unzureichend beschreiben:
den Kummer, den Familien erleiden müssen, wenn ein geliebtes Familienmitglied Selbstmord begangen hat,
den Schmerz, den ein depressiver Mensch ertragen muss,
die verschlechterte Lebensqualität für die Betroffenen sowie für ihre Angehörigen,
die bei vielen Betroffenen auch beeinträchtigte körperliche Gesundheit,
den Verlust von Lebenszielen und Werten,
den Verlust der Lebensfreude.
Körperliche Auswirkungen einer Depression
Die Depression übt ihre zerstörerische Wirkung auch auf den Körper der Betroffenen aus. Immer wieder entdecken Wissenschaftler neue Zusammenhänge zwischen psychischer und körperlicher Gesundheit. Heute wissen wir, dass Depressionen zum Beispiel folgende Auswirkungen auf den Körper haben:
Immunsystem – Der Körper verfügt über ein komplexes System, um Infektionen und Krankheiten abzuwehren. Studien haben ergeben, dass Depressionen die Reaktion des Immunsystems verändern. Sie schwächen es und machen damit die Betroffenen anfälliger für Krankheiten.
Bewegungsapparat – Bleibt eine Depression unbehandelt, steigt das Risiko, eine Osteoporose zu bekommen. Ursächlich hierfür scheinen die schlechtere Ernährung, der Bewegungsmangel sowie die erhöhte Cortisolausschüttung depressiver Menschen zu sein.
Herz – Zwischen der Depression und der Gesundheit Ihres Herz-Kreislauf-Systems gibt es einen engen Zusammenhang.
Der Verlauf vieler körperlicher Erkrankungen wie zum Beispiel Diabetes ist bei Depressiven im Durchschnitt schwerwiegender, was unter anderem mit einem ungünstigeren Gesundheitsverhalten bei den Betroffenen zu tun haben kann.In einer Studie beobachteten Wissenschaftler 4.000 ältere Menschen. Zu Beginn der Untersuchung hatten sie keine Herzerkrankung. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass die Personen mit einer Depression ein um 40 Prozent höheres Risiko hatten, eine Herzerkrankung zu bekommen, und ein um 60 Prozent höheres Risiko, daran zu sterben. Sie entdeckten außerdem, dass unter denjenigen mit einem höheren Schweregrad der Depression auch das Risiko einer Herzerkrankung stieg. Dieses Risiko ist vergleichbar den Risiken, die durch Rauchen, hohe Cholesterinwerte oder das Alter selbst hervorgerufen werden.
Psyche – Ohnehin kann eine Depression wegen des schlechten Gedächtnisses und der mangelnden Konzentration einer Demenz ähneln, doch zudem erhöht die Depression zusätzlich das Risiko, an einer Demenz zu erkranken. Die Ursachen dafür sind noch unklar.Bleibt eine Depression unbehandelt, beschädigt und zerstört sie möglicherweise wichtige Verbindungen im Gehirn und führt dann dazu, dass Gehirnzellen absterben.
Schmerzempfinden – Eine Depression beeinflusst Ihr körperliches Schmerzempfinden. Wenn Sie unter chronischen Schmerzen wie Arthritis oder Rückenschmerzen leiden, kann die Depression Ihre Schmerzen verschlimmern. Die Wissenschaftler sind sich noch nicht vollkommen sicher, wie es dazu kommt. Wahrscheinlich wird dieser Effekt zum einen durch eine Störung im Neurotransmittersystem, das an der Schmerzempfindung beteiligt ist, verursacht. Zum anderen spielen auch Wahrnehmungsprozesse und ein ungünstiges Krankheitsverhalten wie zum Beispiel ein zu ausgeprägtes Schonverhalten eine Rolle. Viele Menschen mit Depressionen erkennen ihre Erkrankung nicht, sondern nehmen nur ihre unterschiedlichen körperlichen Symptome wahr.
Eine Depression beeinflusst sehr viele Körperfunktionen. Der veränderte Appetit kann zu Übergewicht, aber auch zu Mangelernährung mit extremem Gewichtsverlust führen. Außerdem können das Hormongleichgewicht und viele andere empfindliche Körperfunktionen gestört werden. Depressionen schädigen also Körper, Geist und Seele.
Lassen Sie sich von diesen beängstigenden Auswirkungen einer Depression nicht entmutigen. Die hier berichteten Probleme treten bei Depressiven auch nur im Durchschnitt häufiger auf, aber nicht bei jedem. Und: Wenn Sie depressiv sind, können Sie sich bald besser fühlen – wir werden Ihnen mit diesem Buch dabei helfen. Es gibt auch wirksame Behandlungsmethoden für diejenigen, bei denen Selbsthilfe wie die Arbeit mit diesem Buch nicht ausreicht.