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Erfasst sind aber u.a. das Streamen von Inhalten sowie der Beitritt zu einem sozialen Netzwerk.[30] Für die Erfüllung des Merkmals „in der Regel gegen Entgelt“ genügt es, wenn der Dienst mit der Aufmerksamkeit des Nutzers (im Sinne eines Abrufs von Werbung) oder Bereitstellung von Daten bezahlt wird, so dass zumindest indirekt eine Monetarisierung stattfindet.[31]
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Zum Teil wird die Ansicht vertreten, dass die Legaldefinition dem Begriff der Telemedien (§ 1 Abs. 1 S. 1 TMG) entspricht.[32] Dem ist beizupflichten, da § 1 Abs. 1 S. 1 TMG die E-Commerce-Richtlinie umsetzt und darin die „Dienste der Informationsgesellschaft“ als Dienste i.S.v. Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 98/34/EG legaldefiniert sind. Letztgenannte Richtlinie wurde von der RL (EU) 2015/1535 inhaltlich ersetzt, die hier als Definitionsgrundlage dient.
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Die in ErwG 38 genannten Präventions- und Beratungsdienste lassen sich damit kaum unter den Begriff des Dienstes der Informationsgesellschaft subsumieren, weil solche Dienste in der Regel gerade nicht (und zwar auch nicht indirekt) gegen Entgelt erbracht werden. Nicht unproblematisch ist hier, dass diese Dienste keinen ausdrücklichen Niederschlag im Wortlaut des Art. 8 gefunden haben.[33] Aufgrund der klaren und ausdrücklichen Benennung dieser Fallgruppe wird jedoch eine entsprechende Ausnahme anzuerkennen sein,[34] sodass solche Dienste ausnahmsweise dem Anwendungsbereich des Art. 8 unterfallen.
c) Direkt an Kinder gerichtetes Angebot
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Weiterhin verlangt Art. 8 Abs. 1 UAbs. 1 S. 1, dass der entsprechende Dienst ein direktes Angebot für ein Kind darstellt.
aa) „Kind“ i.S.d. Art. 8
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Der Begriff „Kind“ ist in der DS-GVO nicht ausdrücklich definiert.[35] Die Terminologie der Verordnung deckt sich insoweit zumindest nicht mit der im deutschen Recht sonst gängigen Unterscheidung zwischen Kindern und Jugendlichen (wie sie bspw. in § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 JuSchG zum Ausdruck kommt), sondern erfasst jeden Minderjährigen.[36] Für die Normanwendung bedarf es aber wegen der konkret geregelten Altersgrenze auch keiner genaueren Definition dieses Begriffs.[37]
bb) Direktes Angebot
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Art. 8 kann nur dann Anwendung finden, wenn das Angebot „einem Kind direkt gemacht wird“. Unklar ist, unter welchen Voraussetzungen sich ein Angebot direkt an ein Kind richtet.[38]
(1) Spezifische Adressierung von Minderjährigen
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Relativ unproblematisch werden sich hierunter solche Angebote subsumieren lassen, welche speziell an Minderjährige adressiert sind.[39] Hierunter sollen solche Angebote zu fassen sein, die ausschließlich das kindliche Interesse wecken sollen, zur Interaktion mit dem Kind oder plattformbasiert zwischen mehreren Kindern animieren und bei denen Hilfestellungen durch Erwachsene jedenfalls nicht zwingend erforderlich sind.[40]
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Anhaltspunkte seien hier neben der direkten Ansprache in informeller Anrede und Angeboten „nur für Kids“ u.a. auch eine kindgerechte Bebilderung und Sprache oder das Vorhandensein von Inhalten, die auf etablierten Kinderportalen verlinkt sind.[41]
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Nicht ausreichend ist hingegen der Umstand allein, dass ein Anbieter Waren und Dienstleistungen mit Bezug zu Minderjährigen (z.B. Kinderkleidung, Spielzeug, Online-Lernplattformen) anbietet.[42] Das bedeutet jedoch nicht zwingend, dass der gesamte Bereich des E-Commerce mit Waren vom Anwendungsbereich des Art. 8 ausgeschlossen ist. Vielmehr soll zu unterscheiden sein zwischen dem Online-Angebot einerseits und der Lieferung der Waren andererseits.[43] Es ist aber zweifelhaft, ob das Online-Angebot noch als „in der Regel gegen Entgelt angeboten“ gelten kann, wenn man den Kauf der Waren gerade ausblendet.
(2) „Dual Use“
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Problematisch ist jedoch, dass in der Praxis ein Großteil der Angebote nicht nur an Minderjährige, sondern gerade auch an Erwachsene („Dual Use“)[44] gerichtet ist.
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Dem Tatbestandsmerkmal „direkt“ in Art. 8 Abs. 1 UAbs. 1 kann aber nicht zwingend eine Beschränkung auf ausschließlich an Minderjährige adressierte Dienste entnommen werden. Zum Teil wird daher vertreten, dass entsprechende Angebote generell vom Anwendungsbereich des Art. 8 erfasst sind.[45] Der Schutzzweck gebietet ein solch weites Verständnis.[46] Nach Sinn und Zweck der Bestimmung gebietet der effektive Schutz von Minderjährigen, auch solche Dienste unter dem Anwendungsbereich zu subsumieren, die sich nur „auch“ an Minderjährige richten, solange Minderjährige jedenfalls eine von mehreren gezielt angesprochenen Zielgruppen darstellen.
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Sind Dienste ausweislich ihrer Bewerbung oder ihrer Teilnahmebedingungen sowohl an Erwachsene, als auch an Kinder i.S.d. DS-GVO (also Minderjährige) gerichtet, gilt Art. 8. Das kann z.B. bei sozialen Netzwerken oder Messenger-Diensten der Fall sein, die in ihren AGB ausdrücklich ein Mindestalter von (nur) 13 Jahren vorsehen.[47] Parallelwertungen aus anderen Rechtsgebieten (etwa im Hinblick auf den Anwendungsbereich der Beschränkungen von Werbung gegenüber Kindern in Nr. 28 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG sowie in § 6 Abs. 2 und Abs. 4 JMStV) legen allerdings nahe, dass ein direktes Angebot an ein Kind dann nicht vorliegt, wenn das Angebot unterschiedslos alle Altersgruppen anspricht.[48]
33
Die Abgrenzung wird jeweils im Einzelfall zu prüfen sein. Rechtsprechung und Rechtspraxis werden spezifischere Kriterien entwickeln müssen, mit denen sich die Einordnung in den Anwendungsbereich des Art. 8 praktikabel und rechtssicher durchführen lässt.[49]
(3) Spezifische Adressierung von Erwachsenen
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Abzugrenzen davon sind solche Angebote, die sich nur an Erwachsene richten (z.B. digitaler Datingdienst für Volljährige oder Medieninhalte ohne Jugendfreigabe mit entsprechender Alterskennzeichnung), auch wenn Minderjährige den Dienst tatsächlich nutzen. Hier gilt Art. 8 nicht. Konsequenterweise darf der Anbieter eines an ein Publikum ab 16 Jahren gerichteten Dienstes aber auch davon ausgehen, dass seine Nutzer im einwilligungsfähigen Alter sind.[50]
a) Allgemein