29
Praktisch relevante Indizien für das Vorliegen einer Unrechtsvereinbarung dürften wie bei der Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung von Amtsträgern gem. §§ 331, 333 StGB die Nichteinhaltung sozial- oder berufsrechtlicher Vorschriften und Verfahren sowie intransparentes Verhalten sein, daneben eine relevante Handlung oder Verhaltensänderung in zeitlicher Nähe und eine im Hinblick auf Zeitaufwand und Qualifikation unangemessene Honorierung.[20]
e) Unlautere Bevorzugung im Wettbewerb
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Hinsichtlich der unlauteren Bevorzugung im Wettbewerb verweist der Gesetzgeber auf die Auslegungsgrundsätze zu § 299 StGB. Danach handelt es sich um eine sachfremde Entscheidung zwischen mindestens zwei Bewerbern. Diese muss geeignet sein, Mitbewerber durch die Umgehung der Regelungen des Wettbewerbs und durch Ausschaltung der Konkurrenz zu schädigen.
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Eine Unlauterkeit scheidet aus, soweit eine Bevorzugung sozial- oder berufsrechtlich zulässig ist.
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An der Wettbewerbslage kann es im Fall einer Monopolstellung fehlen. Eine solche wird in der Praxis allerdings kaum je vorkommen. Zum einen dürften typischerweise Therapiealternativen existieren. Weiterhin ist es auch ausreichend, wenn eine Marktstellung langfristig abgesichert und künftige Wettbewerber ausgeschaltet oder schlechter gestellt werden sollen oder eine dauerhafte Patientenbindung angestrebt wird.[21]
4. Subjektiver Tatbestand
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Der Vorsatz muss sich insbesondere auch auf das normative Tatbestandsmerkmal der unlauteren Bevorzugung erstrecken. Hier muss der Täter die tatsächlichen Umstände kennen und sich der sozialen Bedeutung der Bevorzugung laienhaft bewusst sein. Bei einem bloßen Irrtum über die Bewertung als unlautere Bevorzugung liegt ein Verbotsirrtum vor.[22]
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Ein Clearing-Verfahren bei den Kammern und Berufsverbänden kann je nach den Umständen des Einzelfalles den subjektiven Tatbestand ausschließen oder einen Verbotsirrtum begründen. Soweit anwaltlicher Rat eingeholt wird, ist ein detailliertes Gutachten eines auf den konkreten Rechtsbereich spezialisierten Anwalts erforderlich.[23]
5. Besonders schwerer Fall, § 300 StGB
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Ein besonders schwerer Fall mit einer erhöhten Strafdrohung einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis fünf Jahren liegt gem. § 300 StGB im Regelfall vor, soweit sich die Tat auf einen Vorteil großen Ausmaßes bezieht, bei gewerbsmäßigem Handeln oder Mitgliedschaft in einer Bande.
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Ein Vorteil großen Ausmaßes kann ab einem Betrag von 25 000 EUR in Betracht kommen.[24]
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Gewerbsmäßigkeit liegt vor, wenn in der Absicht gehandelt wird, durch wiederholte Tatbegehungen einen fortgesetzten, auf noch nicht absehbare Zeit hin angestrebten Gewinn zu erzielen und sich so eine laufende Einnahmequelle von gewisser Erheblichkeit zu verschaffen. Da die Handlungen der §§ 299a, 299b StGB im Rahmen der beruflichen Tätigkeit der Täter vorgenommen werden, wird häufig von gewerbsmäßigem Handeln auszugehen sein.
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Eine bandenmäßige Begehung, also ein Handeln im Rahmen eines dauerhaften Zusammenschlusses von mindestens drei Personen, dürfte in der Praxis auch häufig vorliegen.
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Ohne Vorliegen eines dieser drei Regelbeispiele kommt ein besonders schwerer Fall auch aufgrund einer Würdigung der Gesamtumstände in Betracht.
a) Geschenke und Einladungen
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Für Geschenke und Einladungen gibt es – soweit im konkreten Fall eine Unrechtsvereinbarung vorliegt – keine Geringwertigkeits- oder Bagatellgrenze. Von vornherein unproblematisch sind lediglich sozialadäquate Zuwendungen, bei denen es an einer objektiven Eignung fehlt, konkrete heilberufliche Entscheidungen zu beeinflussen. Dies soll etwa bei geringfügigen und allgemein üblichen Werbegeschenken oder bei kleineren Präsenten von Patienten der Fall sein.[25] Im Bereich der ärztlichen Berufe liefert § 32 Abs. 1 S. 1 MBO-Ä weitere Anhaltspunkte. Wenn die Annahme von Vorteilen nach dieser Norm berufsrechtlich unzulässig ist, soweit also durch ihre Annahme der Eindruck erweckt wird, dass die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung beeinflusst wird, dürfte auch von fehlender Sozialadäquanz auszugehen sein.
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Diese unscharfen Begriffe werden in der Literatur in der Weise konkretisiert, dass Werbe-Kugelschreiber, Notizblöcke und sonstige geringwertige Büromaterialien, Informationsmaterial sowie Hilfsmittel geringen Werts – bis 10 EUR – ebenso als unproblematisch erachtet werden wie gelegentliche Einladungen, etwa zu einem Abendessen in Größenordnungen bis 50 EUR.[26]
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Zu beachten ist jedoch, dass auch für sich genommen vernachlässigbare Beträge bei regelmäßiger Gewährung im Zuge langjähriger Geschäftsbeziehungen erheblich ins Gewicht fallen können. So erfolgt etwa Abrechnungsbetrug häufig in der Weise, dass gegenüber den Kostenträgern im Gesundheitswesen gerade weniger bedeutende Posten zu Unrecht abgerechnet werden. In den routinemäßig automatisierten Kontrollprozessen fällt dies weniger auf, kann sich bei täglich mehrfachem gleichartigem Vorgehen jedoch über die Jahre zu erheblichen Beträgen summieren. Unzulässig sind daher – jedenfalls soweit insgesamt ein erheblicher Gesamtwert erreicht wird – auch geringwertige Geschenke oder Vorteile innerhalb auf regelmäßigem Austausch gründender beruflicher Beziehungen wie etwa zwischen Ärzten und Anbietern von Hilfsmitteln oder Facharzt und Laborarzt.[27]
b) Überlassung von Räumlichkeiten
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Eine Vermietung von Räumlichkeiten durch einen Heilberufsangehörigen an einen anderen kann eine Strafbarkeit gem. §§ 299a, 299b StGB begründen, soweit im Gegenzug für die Zuführung von Patienten ein nicht marktüblicher Mietzins vereinbart wird, der sich zugunsten desjenigen auswirkt, der – wie typischerweise Ärzte – die Zuführung von Patienten steuern kann. Dies kann etwa bei verbilligter Vermietung von Arztpraxen durch Apotheker oder umgekehrt bei überteuerter Vermietung durch ein Klinikum oder einen Arzt an ein Sanitätshaus, einen Apotheker oder einen Physiotherapeuten der Fall sein.[28]
c) Referententätigkeiten und Beraterverträge
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Honorare für Referententätigkeiten und Beratungsleistungen sind strafrechtlich problematisch, soweit die entsprechenden Vereinbarungen ganz oder teilweise verschleierte Zuwendungen für andere Leistungen darstellen. Ein zentrales Indiz ist insoweit die Angemessenheit der Vergütung.
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Zur Bestimmung der Angemessenheit von Honoraren