2. Einleitung des steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens
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Nach Eingang der Selbstanzeige gelangt der Fall zunächst üblicherweise zur örtlich zuständigen Straf- und Bußgeldsachenstelle, §§ 386 ff. AO, die verwaltungsintern in letzter Konsequenz über die Wirksamkeit der Selbstanzeige entscheidet. Diese leitet regelmäßig ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren ein, um die Wirksamkeit der Selbstanzeige zu überprüfen und gibt dies dem Steuerpflichtigen oder seinem Bevollmächtigten bekannt, § 397 AO. Auch wenn es bundesweit entsprechend den AStBV (Arbeitshilfe 1 Rn. 471.) einheitlich so geschehen sollte, lassen sich bundesländerübergreifend gleichwohl erhebliche Unterschiede feststellen. In einer Gesamtschau fallen erhebliche regionale Unterschiede auf, zum Teil nicht nur innerhalb einzelner Bundesländer oder einzelner Landesteile, sondern sogar innerhalb von Großstädten oder Kreisgrenzen. Einzelheiten zum diesbezüglichen „Flickenteppich Bundesrepublik“ sind – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – der Arbeitshilfe 2 (Rn. 472) zu entnehmen.
2. Kapitel Die Selbstanzeige in der Beratungssituation: Was ist abzuklären? › I. Gesamtüberblick zum Ablauf des Selbstanzeigeverfahrens › 3. Weitere Sachverhaltsermittlung in Besteuerungs- und Strafverfahren
3. Weitere Sachverhaltsermittlung in Besteuerungs- und Strafverfahren
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Hand in Hand gehen in der Praxis die Ermittlungen, die letztlich zur Änderung der bisherigen Besteuerungsgrundlagen auf der Basis der nacherklärten/-gemeldeten Sachverhalte bzw. Zahlen führen. Das Veranlagungsfinanzamt tritt gegenüber dem Mandanten bzw. dem empfangsbevollmächtigten Berater[2] steuerlich i.S.d. §§ 93, 208 Nr. 2 AO auf. In diesem Fall meldet sich die Veranlagungsstelle des Wohnsitzfinanzamtes mit ergänzenden Rückfragen bei noch nicht abschließend für vollständig erachteter Materiallieferung. Die hier üblichen – oftmals regional unterschiedlich ausgeprägten – Anfragen einer Veranlagungsstelle (vgl. Muster 2 Rn. 474) haben dann (bei aller „Detailtreue“) für den Mandanten noch einen verhältnismäßig entspannten Anstrich. Dies ändert sich aber zumeist dann, wenn der Mandant mit einem oftmals standardisierten Fragenkatalog – nach zuvor bekannt gegebenem steuerstrafrechtlichem Ermittlungsverfahren – über die Straf- und Bußgeldsachenstelle im Rahmen der ihr obliegenden Überprüfung der Wirksamkeit der Selbstanzeige oder aber über „Außendienste“ wie der Amtsbetriebsprüfung oder der Steuerfahndungsstelle konfrontiert ist (vgl. hierzu die Mustertexte 3-5 Rn. 475–477). Über die genannten vier grundsätzlichen Zuständigkeitsvarianten, die der Finanzverwaltung zur bestmöglichen organisatorischen Abwicklung von Selbstanzeigefällen zur Auswahl stehen, gibt es – regional unterschiedlich – verschiedene zusätzliche Kombinationsmöglichkeiten. Oftmals sind diese abhängig vom „Organisationsgrad“ der jeweiligen Oberfinanzdirektionen, der wiederum an den Kapazitätsgrenzen der Veranlagungsfinanzämter orientiert ist. So werden manche Selbstanzeigen direkt (ggf. unter Vorbehalt, bzw. vorläufig §§ 164 f. AO) veranlagt, bei anderen hat die Außenprüfung oder die Steuerfahndung, teilweise sogar die Staatsanwaltschaft „den Hut auf“, d.h., die Veranlagungsstelle darf erst ändern, wenn diese Dienststellen insoweit „grünes Licht“ geben, bzw. die Staatsanwaltschaft prüft abschließend die Wirksamkeit der Selbstanzeige. Andererseits „erwarten“ die Veranlagungsstellen von ihren Außendiensten statt der üblichen Berichte oder Aktenvermerke z.T. auch schon „mundgerecht aufbereitete Veranlagungshilfen“, die sie in die Lage versetzen, bereits die passenden Kennziffern in die EDV einzugeben.
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Die regionalen Tendenzen einschließlich der voraussichtlichen Verfahrensdauer kommuniziert der Berater dem Mandanten möglichst vorab. Anhaltspunkte ergeben sich wiederum aus den in der Arbeitshilfe 2 Rn. 472 zusammengestellten Erfahrungswerten.
2. Kapitel Die Selbstanzeige in der Beratungssituation: Was ist abzuklären? › I. Gesamtüberblick zum Ablauf des Selbstanzeigeverfahrens › 4. Abschluss des steuerlichen Ermittlungsverfahrens: Änderungsbescheide
4. Abschluss des steuerlichen Ermittlungsverfahrens: Änderungsbescheide
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„Ohne Änderungsbescheide keine (fiskalische) Verfügbarkeit der für die Selbstanzeige entrichteten Nachzahlungssummen“: Diese Regel beherzigen jene nach landestypischer „Organisationsstruktur“ zuständigen Veranlagungsfinanzämter, die deshalb auch in den meisten Fällen zeitnah und nach §§ 164, 165 AO unter Vorbehalt der Nachprüfung (bezogen auf die Kapitaleinkünfte vorläufig) Änderungsbescheide erlassen. Die vielfach in der Literatur propagierte und teilweise auch von den Ämtern gewünschte – z.T. auch konkret beziffert geforderte – Abschlagszahlung (vgl. Muster 6 Rn. 478) hat eher psychologische als kassentechnische bzw. „haushalterische“ Bedeutung. Die Finanzämter müssen Abschlagszahlungen mangels zugrundeliegender Bescheide als Buchungstitel auf Verwahrung buchen, so dass das Geld nur vorübergehend „geparkt“ ist und dem staatlichen Haushaltskreislauf nicht zur Verfügung steht. Die viel zitierte „Zinsersparnis“ aufgrund des praxisüblichen Teilerlasses der Zinsen nach § 233a AO bei frühzeitiger Abschlagszahlung ergibt sich aufgrund der dann entsprechend geringeren Hinterziehungszinsen (reduzierter Zinslauf nach § 235 Abs. 3 S. 1 AO).
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Hinweis
Für den Regelfall im Sinne einer möglichst schnellen und endgültigen Änderungsveranlagung (am Besten in „einem Guss“ für zehn Jahre) empfiehlt sich die Abgabe der Anlagen KAP, SO und AUS mit möglichst konkret nachgewiesen Kapitalerträgen auf den amtlichen Vordrucken.
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Beispiel
Die Steuerfahndungsstelle hatte bereits Ende 2013, im Zusammenhang mit Erkenntnissen einer Steuer-CD, dem Mandanten ein Aufklärungsschreiben wegen eines unbekannten Steuerfalls nach § 208 Abs. 1 Nr. 3 AO zukommen lassen. Nach Fristverlängerungen hatte dieser sowohl die Bankbelege (Jahresendstände, ggf. Erträgnisaufstellungen sowie die Einzelbelege) diverser ausländischer Banken auf unterschiedlichen Kontinenten ebenso zusammengestellt wie seine amerikanischen Mieterträge, so dass der Berater, bei geringfügig ergänzendem Schätzungsbedarf, die Nachmeldung mit konkretem Zahlenmaterial eingereicht hatte (vgl. hierzu Muster 7 Rn. 479). Längere Zeit war trotz der Bitte, wegen der weiteren Vorgehensweise (u.a. einer Abschlagszahlung) Rücksprache zu nehmen, nichts passiert. Nach mehrfachen vergeblichen Versuchen, den zuständigen Fahnder telefonisch zu erreichen, teilte er mit, er sei wegen Arbeitsüberlastung und einer Vielzahl vordringlicher Verfahren noch nicht zur Bearbeitung gekommen. Er werde aber versuchen, dies zeitnah nachzuholen und sich dann alsbald melden. Anfang März 2015 meldete sich der Fahnder und gab zu erkennen, dass er nach Überprüfung gegen die nachgemeldeten Zahlen aufgrund der vorgelegten Belege keine grundsätzlichen Bedenken habe. Allerdings habe er noch eine Bitte: Wenn für die bezifferten nachgemeldeten ausländischen Kapitaleinkünfte die Anlagen KAP eingereicht würden, so würde er zur zuständigen Veranlagungsstelle gehen und für eine zeitnahe Änderungsveranlagung noch im März sorgen.
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Bei