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§ 241a Abs. 2 schließt Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff) ebenso aus wie bereicherungsrechtliche (§§ 812 ff) und deliktische Ansprüche (§§ 823 ff). Bei der Lieferung von Sachen ist auch der Anspruch auf Herausgabe des Eigentums aus § 985 ausgeschlossen. § 241a führt dadurch zu einem möglicherweise dauerhaften Auseinanderfallen von Eigentum und Besitz (dominium sine re).[42] Denn mangels Übereignung (§ 929) ist der Unternehmer weiterhin Eigentümer der gelieferten Sache. Andererseits erlaubt es § 241a dem Verbraucher, die Sache zu verwenden, ohne dass ihn insoweit ein Zahlungsanspruch oder gesetzliche Ansprüche treffen. Manche wollen § 241a Abs. 2 teleologisch reduzieren und § 985 zur Anwendung bringen, wenn keine schutzwürdigen Verbraucherinteressen im Einzelfall entgegenstehen.[43] Das ist mit Blick auf den Präventionszweck der Norm abzulehnen. Das dominium sine re ließe sich dogmatisch dadurch vermeiden, dass man in § 241a einen gesetzlichen Eigentumserwerbsgrund sieht.[44] Die hM sieht dafür allerdings keinen Anlass.[45]
4. Lösung Fall 13
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A. K könnte gegen U einen Schadensersatzanspruch aus §§ 437 Nr 3, 280 Abs. 1 haben.
I. Hierfür muss ein Kaufvertrag zwischen K und U vorliegen.
1. Das setzt zunächst ein Angebot voraus. Ein Angebot des U könnte schon in der Zusendung des Waschmittels zu sehen sein. Zusätzlich liegt dem Paket aber eine Rechnung bei, in der U auf das Waschmittel hinweist und K um Zahlung bittet, sofern er das Waschmittel nutzt. Jedenfalls darin liegt ein Angebot.
2. K muss das Angebot auch angenommen haben. Eine konkludente Annahme könnte man in der Benutzung des Waschmittels sehen, wobei der Zugang gem. § 151 S. 1 entbehrlich wäre. Einer konkludenten Annahme steht jedoch der Schutzzweck des § 241a Abs. 1 entgegen. Dieser setzt für eine konkludente Annahme von unbestellten Waren einen über die Ingebrauchnahme oder den Verbrauch der Waren hinausgehenden, deutlich hervortretenden Annahmewillen voraus. Daran fehlt es.
II. Mangels Annahme besteht kein Kaufvertrag zwischen K und U. Vertragliche Schadensersatzansprüche scheiden somit aus.
B. Ein vorvertraglicher Schadensersatzanspruch könnte sich aus §§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 (cic) ergeben.
I. Dies setzt ein vorvertragliches Schuldverhältnis iSv § 311 Abs. 2 voraus. Dadurch, dass U im Rahmen einer laufenden Vertragsbeziehung K unbestellte Waren zugesendet hat, dessen privater Lebensbereich dadurch erhöhten Risiken ausgesetzt war, ist jedenfalls Nr 3 erfüllt.
II. Weiterhin muss U eine Pflicht aus § 241 Abs. 2 verletzt haben. U hat K nicht über die Schaumbildung beim Waschmittel aufgeklärt. Das kann ihm aber nur vorgeworfen werden, wenn eine entsprechende Aufklärungspflicht bestand. Dadurch, dass es in zahlreichen Testläufen des Endprodukts mehrfach zu ähnlichen Problemen gekommen war, musste U klar sein, dass dieses Risiko ebenso bei Benutzung durch die Kunden besteht. Darauf hätte er hinweisen müssen, da auch Folgeschäden für im Umkreis befindliches Eigentum der Kunden nicht außerhalb der Lebenswahrscheinlichkeit lagen. Indem er diesen Umstand ignorierte und im reinen Gewinninteresse auf eine Information an die Empfänger verzichtete, hat er eine Aufklärungspflicht verletzt.
III. U handelte vorsätzlich, hat die Pflichtverletzung also auch iSv §§ 276, 280 Abs. 1 S. 2 zu vertreten.
IV. Der Schaden beläuft sich auf 50 Euro, dies entspricht dem Wert des zerstörten Duschvorlegers. Die Ersatzfähigkeit dieser Schadensposition ergibt sich aus §§ 249 Abs. 1, 251 Abs. 1.
Ergebnis: Aus vorvertraglicher Haftung (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 kann K also Ersatz für die Schäden an der Matte erlangen.
C. Ein deliktischer Schadensersatzanspruch gem. § 823 Abs. 1 besteht durch die schuldhafte Eigentumsverletzung ebenfalls. Gem. § 251 Abs. 1 BGB muss U dem K Wertersatz iHv 50 Euro für den Duschvorleger leisten.
Teil I Grundlagen › § 4 Die Entstehung von Schuldverhältnissen › IV. Formvorschriften
1. Grundsatz der Formfreiheit
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Für rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse besteht grundsätzlich Formfreiheit: Soweit keine gesetzlichen Formvorschriften eingreifen und auch keine vertraglich vereinbarte Formpflicht besteht, können Rechtsgeschäfte in beliebiger Form abgeschlossen werden. Ein Vertrag kann also grundsätzlich auch mündlich abgeschlossen werden. Auch können sich die für einen Vertrag erforderlichen Willenserklärungen aus konkludenten Handlungen ergeben (§§ 133, 157). So liegt es etwa, wenn A stillschweigend drei Euro und eine Süddeutsche Zeitung auf den Kioskschalter legt und Kioskverkäuferin B kurz nickt. Obwohl die beiden nichts miteinander gesprochen haben, liegt ein wirksamer Kaufvertrag über die Zeitung vor. Die rechtsgeschäftliche Formfreiheit ist Ausdruck der Vertragsfreiheit.[46] Sie findet jedoch ihre Grenze bei vertraglich vereinbarten Formvorschriften und bei Formvorschriften des Gesetzes.
2. Formarten, Regelungsorte und Beispiele, Zwecke gesetzlicher Formvorschriften
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Das BGB kennt eine ganze Reihe unterschiedlicher Formen, die jeweils passgenau in bestimmten Regelungssituationen zum Tragen kommen. Teilweise werden die Grundformen noch weiter spezifiziert. Im Groben unterscheidet das BGB aber zwischen der Schriftform (§ 126), der elektronischen Form (§ 126a), der Textform (§ 126b), der öffentlichen Beglaubigung (§ 129 iVm §§ 39 ff BeurkG) und der notariellen Beurkundung (§ 128 iVm §§ 6-35 BeurkG). Einzelheiten zu den jeweiligen Anforderungen werden in den Lehrbüchern zum Allgemeinen Teil des BGB dargestellt.
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Formvorschriften finden sich beispielsweise im Besonderen Teil des Schuldrechts, im Familienrecht, im Erbrecht, aber auch in ganz verschiedenen Gesetzen außerhalb des BGB. Im Besonderen Schuldrecht ist etwa für die Bürgschaftserklärung des Bürgen Schriftform vorgesehen (§ 766). Dadurch wird der Bürge vor übereilter Abgabe seiner Bürgschaftserklärung geschützt. Der Schenkungsvertrag bedarf der notariellen Beurkundung (§ 518 Abs. 1 S. 1); allerdings kann der Formmangel durch Bewirkung der versprochenen Leistung geheilt werden (§ 518 Abs. 2). Mietverträge über eine längere Dauer als ein Jahr müssen gem. § 550 schriftlich geschlossen werden, was vor allem der Beweissicherung dient.[47] Im Familienrecht ist das wichtigste Beispiel der Ehevertrag (§ 1408), durch den die Eheleute ihre güterrechtlichen Verhältnisse regeln. Er muss gem. § 1410 bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile zur Niederschrift eines Notars abgeschlossen werden. Auch ein Erbvertrag kann gem. § 2276 Abs. 1 nur zur Niederschrift eines Notars bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile geschlossen werden. Praktisch sehr bedeutsame Formvorschriften außerhalb des BGB finden sich beispielsweise oft im Gesellschaftsrecht, so § 2 GmbHG für den Abschluss des Gesellschaftsvertrags (notarielle Form) und § 15 Abs. 3 und Abs. 4 GmbHG für den Verkauf und die