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Neben urheberrechtlichen Übertragungsklauseln ist auch die Einhaltung datenschutzrechtlicher Einwilligungserfordernisse der AGB-Kontrolle unterworfen. Ist eine Einwilligung erforderlich,[27] muss sich aus den einschlägigen AGB-Klauseln eindeutig ergeben, zu welchem Zweck und in welchem Umfang personenbezogene Daten genutzt werden sollen.[28] So muss der Nutzer etwa darauf hingewiesen werden, dass die Verwendung seiner Daten für personalisierte Werbeeinblendungen beabsichtigt ist.[29]
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Rechtliche Probleme können sich ferner aus der Änderung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ergeben. Hierzu bedarf es eines Änderungsvertrages, dessen Inhalt gemäß § 305 Abs. 2 BGB in die bisherige Vereinbarung einbezogen werden muss. Ein solcher Vertrag ist jedoch nicht erforderlich, wenn sich der Social Media-Anbieter von vornherein das Recht zur einseitigen Änderung der Bedingungen vorbehalten hat. Mediale Aufmerksamkeit hat in diesem Zusammenhang das soziale Netzwerk Facebook erlangt, welches Ende Januar 2015 bedeutende Änderungen an seinen AGB[30] – insbesondere seiner Datenrichtlinie – vornahm. Danach können etwa Standortdaten der Nutzer verwendet werden, um eine noch individuellere Anpassung von Werbeanzeigen an Interessen, Vorlieben und Gewohnheiten des Einzelnen zu ermöglichen. Dem gleichen Ziel soll die Sammlung von Daten dienen, die der Nutzer im Rahmen von Drittwebseiten oder Apps hinterlässt. Darüber hinaus sehen die neuen Bedingungen vor, dass Informationen der Nutzer innerhalb des Unternehmens – und somit gerade auch zwischen Facebook und WhatsApp – ausgetauscht werden können.[31] Fraglich ist allerdings, ob die geänderten AGB überhaupt zulässig sind. Zwar verfügt Facebook im Rahmen seiner Nutzungsbedingungen über eine Änderungsklausel (Ziff. 13). Wirksam ist der Vorbehalt vertraglicher Änderungen allerdings nur, soweit er sachlich gerechtfertigt und derart transparent ist, dass die Nutzer bereits bei Vertragsschluss vorhersehen können, unter welchen Umständen sie mit einer teilweisen Neuregelung oder Ergänzung zu rechnen haben.[32] Diesen Anforderungen genügt die Klausel von Facebook gerade nicht. Weder nach der alten noch nach der neuen, ab dem 30.1.2015 geltenden Fassung werden Anlass und Umfang etwaiger Änderungen auch nur annähernd konkretisiert. Vielmehr wird den Nutzern lediglich die Möglichkeit eröffnet, die betreffenden Änderungen zu kommentieren und mit der weiteren Nutzung von Facebook ihre Zustimmung zu den geänderten Bestimmungen zu erklären. Demnach steht es im Belieben des Social Media-Anbieters, die Rechte und Pflichten des Vertrages einseitig zu modifizieren.[33] Sofern dies nicht ausschließlich zu Gunsten der Nutzer, sondern – wie im Falle von Facebook – vor allem zur Ermöglichung einer noch weitreichenderen Datensammlung erfolgt, ist dies rechtswidrig und damit unwirksam. Ungeachtet dessen sind mit Blick auf die tatsächliche Inanspruchnahme der angebotenen Dienste keine merklichen Auswirkungen zu erwarten. Die Herbeiführung eines rechtskonformen Zustandes wird folglich nur auf dem Klagewege mithilfe von Verbraucherzentralen und –verbänden zu erreichen sein.
5. Verstöße gegen Verhaltensregeln
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Neben den Nutzungsbedingungen halten die Social Media-Anbieter häufig auch Verhaltensregeln oder Communitystandards bereit, die insbesondere den zwischenmenschlichen Umgang der Nutzer untereinander betreffen. Ebenso wie bei den Nutzungsbedingungen handelt es sich dabei um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB, die der ordnungsgemäßen vertraglichen Einbeziehung bedürfen (§ 305 Abs. 2 BGB) und im Hinblick auf ihre Wirksamkeit der Inhaltskontrolle unterliegen (§§ 307 ff. BGB). Obwohl die Verhaltensregeln gerade die Beziehungen der Nutzer untereinander betreffen, entfalten sie unmittelbare Geltung ausschließlich vertikal im Verhältnis zwischen Nutzer und Anbieter. Eine horizontale Wirkung im Hinblick auf die Nutzer untereinander besteht dagegen nicht. Zwar können die zwischen Plattformbetreiber und Nutzer vereinbarten Bedingungen im Verhältnis zwischen den Nutzern fortwirken, indem sie dort als Auslegungshilfe herangezogen werden.[34] Dies gilt jedoch nur dann, wenn zwischen den Nutzern ein Vertragsverhältnis begründet worden ist, welches einer Auslegung nach §§ 133, 157 BGB dem Grunde nach zugänglich ist. Im Rahmen sozialer Medien gehen die Nutzer untereinander indessen regelmäßig keine vertraglichen Beziehungen ein. An der Tagesordnung sind vielmehr gesetzliche Schuldverhältnisse in Form von Schadenersatz- oder Unterlassungsansprüchen, etwa dann, wenn ein Nutzer über einen anderen persönlichkeitsverletzende Inhalte verbreitet.[35]
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Verstoßen die Nutzer im gegenseitigen Umgang gegen die Verhaltensregeln, muss demnach der Social Media-Anbieter tätig werden, um die Einhaltung der von ihm aufgestellten gemeinschaftlichen Standards durchzusetzen bzw. wiederherzustellen. Insoweit kommt die Entfernung des regelwidrigen Inhalts, die kurz- oder längerfristige Sperrung des Nutzeraccounts, von welchem der Verstoß ausgeht, oder bei schwerwiegenden Verstößen die vollständige Löschung des Profils in Betracht.[36]
6.1 Kündigung
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Während sich die Social Media-Anbieter im Rahmen ihrer Nutzungsbedingungen bzw. Verhaltensregeln Möglichkeiten einer vertraglichen Loslösung vorbehalten, besteht für die Nutzer regelmäßig kein großes praktisches Bedürfnis, den Social Media-Vertrag im Wege einer offiziellen Kündigung zu beenden. Weil die Dienste sozialer Medien regelmäßig unentgeltlich angeboten werden, kann die Nutzung schlichtweg eingestellt werden, ohne dass eine förmliche Abmeldung erfolgen muss. Dementsprechend finden sich in Social Media-Verträgen meist auch keine besonderen Kündigungsregelungen.[37]
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Handelt es sich ausnahmsweise um einen entgeltlichen Vertrag oder nimmt der jeweilige Nutzer kostenpflichtige Premium-Dienste eines sozialen Mediums in Anspruch, liegt es dagegen im Interesse beider Parteien, die Kündigungsmodalitäten explizit zu regeln. Die rechtliche Zulässigkeit derartiger Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen richtet sich hier nach § 309 Nr. 9 BGB. Danach darf der Nutzer nicht länger als zwei Jahre an den Vertrag gebunden werden (§ 309 Nr. 9a BGB). Unzulässig ist ebenfalls die stillschweigende Verlängerung des Vertragsverhältnisses um mehr als ein Jahr (§ 309 Nr. 9b BGB) sowie die Festlegung einer längeren Kündigungsfrist als drei Monate vor Ablauf der zunächst vorgesehenen oder stillschweigend verlängerten Vertragsdauer (§ 309 Nr. 9c BGB).[38]
6.2 Tod des Accountinhabers
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Mit dem Tod des Inhabers eines Social Media-Accounts erlischt nicht zugleich dessen virtuelle Präsenz im Internet. Vielmehr bleiben die Daten und Inhalte, die der Nutzer zu Lebzeiten generiert hat, auf dem Server des jeweiligen Anbieters bestehen. Zur Abwicklung bestehender Vertragsverhältnisse des Verstorbenen sind Angehörige immer häufiger auch auf den Zugang zu online hinterlegten Informationen und Dokumenten angewiesen. Gemäß § 1922 Abs. 1 BGB geht mit dem Tode einer Person deren Vermögen als Ganzes auf die Erben über. Körperliche Datenträger, auf denen sich die benötigten Informationen befinden, werden von dieser Universalsukzession erfasst und sind daher von vornherein dem unbeschränkten Zugriff der Erben eröffnet. Dies gilt nicht nur für das jeweilige Speichermedium selbst, sondern auch für die darauf befindlichen Daten.[39] Schwieriger stellt sich dies im Hinblick auf diejenigen Daten dar, die auf dem Server eines Social Media-Anbieters gespeichert sind. Weil der Tod des Nutzers an den Eigentumsverhältnissen hinsichtlich des Servers nichts ändert, ist fraglich, ob die Erben dennoch Zugriff auf die Daten des Verstorbenen beanspruchen können. Mangels entgegenstehender Interessen geht nach § 1922 Abs. 1 BGB auch der Social Media-Vertrag als Schuldverhältnis auf die Erben über. Aus erbrechtlicher Perspektive ergibt sich ein Zugriffsrecht auf die Accountdaten daher aus dem Eintritt in die Vertragsposition des verstorbenen Nutzers. Hieraus können die Erben zugleich einen Auskunftsanspruch