Der Tatbestand erfordert weiter, dass … (Prüfung und Zwischenergebnis)
Schließlich muss auch noch … (Prüfung und Ergebnis)“
1. Teil „Ein Rundflug“ › C. Wie schreibe ich es auf? › III. Präzision im Ausdruck/Exakte Zitierweise
III. Präzision im Ausdruck/Exakte Zitierweise
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Eine klare Strukturierung und eine präzise Sprache sind die wichtigsten Werkzeuge des Juristen.
Bleiben Sie im Satzbau und in der Sprache so einfach, klar und genau wie möglich. Ihre Formulierungen dürfen nicht mehrdeutig sein und müssen Ihren Gedanken genau abbilden. Überlegen Sie immer genau, was Sie mit dem nächsten Satz eigentlich sagen wollen und ob Ihnen das dann auch gelungen ist.
Normen sind ganz exakt zu zitieren, und zwar mit Absatz, Satz, Halbsatz, Variante, Nummer, Buchstabe, etc.
Beispiel
Das in Klausuren häufig anzutreffende Zitat: „Anspruch aus § 812“ genügt dieser Regel nicht. Zum einen besteht § 812 aus zwei Absätzen. Zum anderen fasst der erste Absatz in zwei Sätzen ganz verschiedene Anspruchsgrundlagen sprachlich zusammen. Im Falle der „condictio indebiti“ muss es also heißen: „§ 812 Abs. 1 S. 1 Var. 1“.
1. Teil „Ein Rundflug“ › C. Wie schreibe ich es auf? › IV. Übersichtliche Struktur
IV. Übersichtliche Struktur
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Gliedern Sie Ihr Gutachten nach den einzelnen Personenbeziehungen, den Anspruchszielen, den Anspruchsgrundlagen und den einzelnen Prüfungsschritten in der Anspruchsprüfung. Tun Sie alles, damit der Korrektor sich in Ihrem Text gut zurecht findet. Sie stimmen ihn dadurch freundlich, und das spielt bei der Bewertung – ob bewusst oder unbewusst – natürlich eine Rolle.
1. Teil „Ein Rundflug“ › C. Wie schreibe ich es auf? › V. Obersatz und Ergebnis
V. Obersatz und Ergebnis
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Jeder juristische Prüfungsschritt in einem Gutachten beginnt mit einem Obersatz (These). Dann folgt die Überprüfung anhand des Sachverhalts und am Ende das Ergebnis. Obersatz und Ergebnis müssen sich entsprechen. Kein Ergebnis ohne Obersatz und kein neuer Obersatz ohne Ergebnis zum vorherigen Obersatz!
1. Teil „Ein Rundflug“ › C. Wie schreibe ich es auf? › VI. Keine logischen Widersprüche
VI. Keine logischen Widersprüche
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Widersprüchliche Aussagen sind verboten. Meistens liegt der Grund für logische Widersprüche in einem Gutachten daran, dass nicht mehr begründbare Wunschergebnisse doch noch irgendwie erreicht werden sollen. Ein als „wahrscheinlich richtig“ empfundenes Ergebnis soll auf Biegen und Brechen erreicht werden, ohne Rücksicht auf logische Verluste. Mit Widersprüchen in den eigenen Ausführungen kann man niemanden überzeugen, schon gar nicht den Korrektor. Logische Widersprüche in der eigenen Argumentation oder Widersprüche zu Normtexten werden – zu Recht – sehr streng mit Punktabzügen bewertet. Zu Recht deshalb, weil es sich um leicht vermeidbare Fehler handelt, die nichts mit den eigentlichen juristischen Problemen zu tun haben.
1. Teil „Ein Rundflug“ › C. Wie schreibe ich es auf? › VII. Richtig wichtig
VII. Richtig wichtig
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Sorgen Sie für die richtige Gewichtung Ihrer Ausarbeitung. Anspruchsgrundlagen, deren Rechtsfolge das Begehren des Anspruchstellers offensichtlich nicht abdecken, dürfen im Gutachten nicht erwähnt werden. Das wäre überflüssig.
Entsprechendes gilt für Anspruchsgrundlagen, Einwendungen und Einreden, deren Tatbestand der Sachverhalt offensichtlich nicht erfüllt.
Bei konkurrierenden Ansprüchen ohne Auswirkungen auf das Ergebnis können Sie sich kurz fassen.
Außerdem dürfen Sie sich bei einzelnen Tatbestandsmerkmalen, die nach dem Sachverhalt ganz unproblematisch erfüllt sind, mit einer knappen Feststellung begnügen. Zum Problempunkt leiten Sie dann durch eine Formulierung wie etwa: „Fraglich ist allein/aber/hingegen …“ über.
Beispiel
In Anlehnung an das Formulierungsbeispiel in Rn. 44: „Dem A könnte gegen den B ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 auf Schadensersatz wegen Eigentumsverletzung zustehen.
Eine Eigentumsverletzung in Form einer Substanzbeeinträchtigung liegt vor, da der Kotflügel des Autos durch den Fußtritt des B eingedrückt wurde. Fraglich ist aber, ob der Wagen zu diesem Zeitpunkt überhaupt im Eigentum des A stand. Laut Sachverhalt stand der Wagen ursprünglich im Eigentum des E. Zu prüfen ist deshalb, ob A vor der Beschädigung das Eigentum am Wagen erworben hat. In Betracht kommt ein Erwerb gem. § 929 S. 1 durch Rechtsgeschäft mit C …“
1. Teil „Ein Rundflug“ › C. Wie schreibe ich es auf? › VIII. Keine „Wissensleier“
VIII. Keine „Wissensleier“
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Wenn Sie Punkte als problematisch erkannt haben, müssen Sie diese diskutieren und entscheiden. Ihre Entscheidung müssen Sie dann begründen. Als Begründung reicht selten ein einziger Satz, da Sie Pro und Contra abwägen sollen. Es genügt in der Regel auch kein Hinweis auf „die h.M.“ oder „den BGH“. Entwickeln Sie die Argumente möglichst mit eigenen Worten (kein stures „Herunterleiern“ auswendig gelernten Wissens!). Wenn Sie dazu imstande sind, zeigen Sie, dass Sie das Thema auch wirklich verstanden haben!
Aber: Bitte verwenden Sie keine persönlichen Wendungen wie „meines Erachtens“ oder „nach meiner Ansicht“. Dergleichen ist in juristischen Gutachten verpönt, da Sie die Rechtslage nicht aus Ihrer persönlichen Sicht der Dinge, sondern mit dem Blick von Rechtsprechung und Lehre begutachten sollen. Sie müssen sich mit Ihrer Meinung daher hinter (scheinbar) objektiven Formulierungen wie
„Diese Sichtweise verdient den Vorzug, weil …“;
„Eine solche Betrachtung ist aber abzulehnen, weil …“
zurückziehen.
1. Teil „Ein Rundflug“ › C. Wie schreibe ich es auf? › IX. „Nagelprobe“
IX.