Die Micellen sind für die Fettverdauung unerlässlich, denn damit werden Angriffspunkte für die enzymatische Aktivität der Pankreaslipasen geschaffen. Erst so kann das hydrophile Enzym Lipase überhaupt in räumliche Nähe zu seinem Substrat, den Esterbindungen zwischen Glycerin und Fettsäuren gelangen. Die Pankreaslipasen spalten aus den Triacylglyceriden freie Fettsäuren, und es verbleiben Diacylglyceride. Diese Diacylglyceride wiederum verstärken die Micellenbildung und der Fettverdauungsprozess kommt in Gang. Freie Fettsäuren, Monoacylglyceride und Glycerin werden dann von den Enterozyten resorbiert.
Entscheidend für die Micellenbildung ist also die Sekretion von Gallensalzen. Tatsächlich werden pro Tag etwa 2–4 Gramm Gallensalze für die Fettverdauung benötigt. Dabei werden aber nur einige Hundert Milligramm Gallensalze pro Tag neu synthetisiert, denn der weitaus größte Teil der Gallensalze pendelt im enterohepatischen Kreislauf zwischen Leber und Darm, d. h. er wird von der Leber über die Galle in den Zwölffingerdarm sezerniert und gelangt nach Resorption im Dünndarm über die Pfortader zurück in die Leber.
11 Wie werden resorbierte Fette vom Blut abtransportiert?
Fette sind als lipophile Substanzen im Blut prinzipiell unlöslich. Dies gilt sowohl für Triacylglyceride als auch für amphiphile freie Fettsäuren und Cholesterin und seine Derivate. Triacylglyceride, die im Dünndarmepithel aus den resorbierten freien Fettsäuren, Monoacylglyceriden, Diacylglyceriden und Glycerin neu synthetisiert wurden, werden von den Epithelzellen in Lipoproteinpartikel, sogenannte Chylomi-kronen, verpackt und gelangen über die Pfortader zur Leber. Hier wird ein Teil der Chylomikronen „umgepackt“ und die Fette als „low density Lipoproteinpartikel“ (LDL), „very low density Lipoproteinpartikel“ (VLDL), „intermediate density Lipoproteinpartikel“ (IDLP) und „high density Lipoproteinpartikel“ (HDL) in den Körperkreislauf entlassen. Der wesentliche Unterschied zwischen den verschiedenen Arten an Lipoproteinpartikeln ist ihre Ausstattung mit Lipoproteinen, zum Beispiel Apolipoproteinen, und ihr Cholesteringehalt.
Chylomikronen sind die größten dieser Lipoproteinpartikel und entstehen im Darmepithel. VLDL entstehen in der Leber und transportieren hauptsächlich die dort synthetisierten Triacylglyceride. LDL entstehen in der Leber und transportieren hauptsächlich Cholesterin und seine Derivate. Auch HDL entstehen vorwiegend in der Leber, dienen aber hautsächlich dem Rücktransport von Cholesterin und seinen Derivaten von der Peripherie zur Leber. Die Proteine in den Lipoproteinpartikeln sind nicht nur dafür da, die Lipide in einen transportfähigen Zustand zu bringen, sondern dienen auch als „Adressaufkleber“ dazu, die Lipide für ihren Bestimmungsort zu markieren.
Neben dem Transport in Lipoproteinpartikeln können amphiphile Lipide auch unspezifisch an Proteine gebunden über das Blut verteilt werden. Der zugrunde liegende Mechanismus ist, dass sehr viele Proteine auch hydrophobe Bereiche aufweisen, an die sich Fettsäuren anlagern können. Das in unserem Körper wesentlichste fetttransportierende Protein ist Albumin.
12 Was ist der enterohepatische Kreislauf und wieso ist dieser Kreislauf bei der Resorption der Fette entscheidend?
Enterohepatischer Kreislauf bedeutet, dass Moleküle vom Darmepithel resorbiert werden, über das Pfortadersystem in die Leber gelangen, dort aufgenommen werden und über die Galle zurück in das Duodenum sezerniert werden, ohne in den großen Körperkreislauf zu gelangen. Diesen Weg nimmt beispielsweise Amanitin, das Gift des grünen Knollenblätterpilzes. Dieses Gift inhibiert die RNA-Polymerase, bringt also die Neusynthese von RNA zum Erliegen. Die Gefährlichkeit dieses Giftes liegt darin, dass es nur äußerst ineffizient ausgeschieden wird, weil es über den enterohepatischen Kreislauf permanent zwischen Leber und Darm pendelt und so nach und nach die Leberzellen abtötet.
Für die Resorption von Fetten ist der enterohepatische Kreislauf insofern von besonderer Bedeutung, als ein Großteil der Gallensalze genau diesen Weg nimmt und im Laufe eines Tages vier- bis zwölfmal zwischen Leber und Darm zirkuliert. Gallensalze sind für das Emulgieren der Nahrungsfette und damit für eine effiziente Fettverdauung unerlässlich. In diesem zirkulierenden System, inklusive dem Speicherort Gallenblase befinden sich insgesamt etwa 2–4 Gramm Gallensalze. Sinn dieses enterohepatischen Kreislaufs ist es also dafür zu sorgen, dass permanent genügend Gallensalze zur Fettresorption zur Verfügung stehen, mit minimalisierten Verlusten durch Ausscheidung und ohne den Cholesterinpool des Körpers zu sehr zu belasten.
13 Welche Rolle spielen Mund, Magen, Leber und Pankreas bei der Verdauung von Kohlenhydraten, Proteinen und Fetten?
a) Kohlenhydrate
Das wesentlichste polymere Kohlenhydrat, das wir mit der Nahrung zu uns nehmen, ist Stärke, also α-1,4-(Amylose) und α-1,4-, α-1,6- (Amylopektin) verknüpfte Glukose. Im Mund wird dieses Polymer durch die Amylase im Speichel teilweise verdaut und als Reaktionsprodukt entsteht das Disaccharid Maltose. Im Magen stoppt die Kohlenhydratverdauung, denn durch das saure Milieu denaturiert die Amylase und durch die Endopeptidase Pepsin wird die Amylase fragmentiert. Zwar sind glykosidische Bindungen generell säurelabil, aber der pH-Wert im Magen ist nicht hinreichend sauer, um bei physiologischen Temperaturen die glykosidischen Bindungen zu spalten.
Im Duodenum wird der saure Magensaft durch Bicarbonat aus der Bauchspeicheldrüse neutralisiert. Amylasen im Pankreassekret setzen die Arbeit der Speichelamylasen fort, sodass die Polymere der Stärke weitestgehend in Dimere zerlegt werden. Disaccharidasen werden von Darmepithelzellen sezerniert und zerlegen die Dimere in monomere Glukose. Im Symport mit Na+ wird Glukose sekundär aktiv aufgenommen. Die Leber spielt hier erst als Speicherort der körpereigenen Glukose-Polymere (Glykogen) eine Rolle.
Mund: Amylase spaltet Stärke.
Magen: Niedriger pH-Wert und Pepsin zerstören Amylase; Stopp der Kohlenhydratverdauung.
Pankreas: Neutralisieren des pH; Sekretion von Amylase.
Dünndarm: Sekretion von Disaccharidasen und Resorption der Monomere.
Leber: Speicherung der aufgenommenen Kohlenhydrate als Glykogen.
b) Proteine
Die Verdauung der Proteine beginnt im Magen. Durch das saure Milieu werden die Nahrungsproteine denaturiert, d. h. die Tertiärstruktur wird aufgebrochen. Dies erlaubt der Endopeptidase Pepsin, ihr Substrat „Peptidbindung“ im Inneren des Proteins zu erkennen und zu spalten. Bereits im Magen werden Proteine also in kleine Fragmente zerlegt.
Mit dem Eintritt in das Duodenum verliert Pepsin seine Aktivität, denn durch das Bicarbonat des Pankreassekrets steigt der pH-Wert ins leicht Alkalische. Das Pankreas sezerniert die Endopeptidasen Chymotrypsin und Trypsin. Wie bei Pepsin werden diese Endopeptidasen als inaktive Vorstufen (Chymotrypsinogen, Trypsinogen) sezerniert und erst durch limitierte Proteolyse in aktive Enzyme umgewandelt. Trypsin und Chymotrypsin sind ebenfalls Endopeptidasen und zerteilen die vorverdauten Proteine weiter in kleinere Peptide. Exopeptidasen hydrolysieren diese Peptide von beiden Enden her: Am N-Terminus greifen Aminopeptidasen an, am C-Terminus Carboxypeptidasen. Beide Exopeptidasen werden vom Darmepithel sezerniert.
Die freien Aminosäuren (etwas weniger auch Di- und Tripeptide) werden über gruppenselektive Transportproteine im Symport mit Na+ von den Epithelzellen des Dünndarms resorbiert und gelangen über die Pfortader zur Leber. Hier werden die Aminosäuren weiter verstoffwechselt und unter anderem zur Synthese unseres Aminosäure-Reservoirs und -Transportproteins Albumin verwendet.
Mund: keine Proteinverdauung.
Magen: Der saure pH-Wert denaturiert die Proteine, die Endopeptidase Pepsin spaltet Proteine.
Pankreas: Neutralisieren des pH-Werts; Sekretion weiterer Endopeptidasen.
Dünndarm: