Abb. 1.1 Der intestinale Verdauungsvorgang zerlegt die komplexen Nahrungsmoleküle in ihre Monomere. Zur Energiegewinnung werden die Monomere intrazellulär verdaut. Dabei werden die Kohlenstoffe zu CO2 aufoxidiert und O2 zu H2O reduziert.
Fragen und Antworten
Das Kapitel Stoffwechsel umfasst:
Intestinale Verdauung am Beispiel Döner Kebab
1.1Intestinale Verdauung am Beispiel Döner Kebab
Mit einer ausgewogenen Mahlzeit nehmen wir die drei Grundbestandteile der Nahrung, Kohlenhydrate, Fette und Aminosäuren, als komplexe polymere Verbindungen auf. Im Verdauungskanal werden diese komplexen Polymere in ihre Bestandteile zerlegt, um als Monomere resorbiert zu werden. Triacylglyceride werden zu Diacylglyceriden, Monoacylglyceriden, freien Fettsäuren und Glycerin abgebaut. Polymere Kohlenhydrate werden in monomere Hexosen wie Glukose, Fruktose und Galaktose zerlegt, und Proteine werden zu Tripeptiden, Dipeptiden und vor allem zu freien Aminosäuren zersetzt.
Während die glykosidischen Bindungen der Kohlenhydrate für einen enzymatischen Abbau gut zugänglich sind, sind das Aufbrechen der Esterbindungen der Triacylglyceride, sowie das Aufbrechen der Peptidbindungen der Proteine aus unterschiedlichen Gründen deutlich erschwert. Triacylglyceride sind als lipophile Substanzen im wässrigen Milieu des Verdauungskanals unlöslich und damit räumlich von den im wässrigen Milieu befindlichen hydrophilen Lipasen getrennt. Für eine effiziente Verdauung müssen die Fette also erst in räumliche Nähe zu den Lipasen gebracht werden. Proteine zeichnen sich durch eine komplexe dreidimensionale Struktur aus, mit der Konsequenz, dass bei globulären Proteinen der weitaus größte Anteil an Peptidbindungen im Innern des gefalteten Proteins und damit unzugänglich für Peptidasen liegt. Auch hier muss zuerst gewährleistet werden, dass die Verdauungsenzyme an ihr Substrat gelangen.
Darüber hinaus bestehen polymere Kohlenhydrate wie Stärke aus mehreren tausend Monomeren, Proteine häufig aus über tausend Aminosäuren. Da die Verweildauer im Magen-Darm-Trakt zeitlich begrenzt ist, muss das Aufbrechen möglichst aller glykosidischen Bindungen bzw. Peptidbindungen sehr effizient erfolgen.
Schließlich sollen die monomeren Bestandteile, also Fettsäuren, Aminosäuren und Kohlenhydrate möglichst komplett aus dem Darmlumen ins Blut transportiert werden, teilweise entgegen der Konzentrationsgradienten.
Die anatomischen Anpassungen und biochemischen Mechanismen unseres Verdauungskanals, die eine effiziente Nahrungsaufnahme überhaupt ermöglichen, sind vielgestaltig und reichen von angehängten Drüsen wie Leber/Galle oder Bauchspeicheldrüse über unterschiedliche pH-Werte in verschiedenen Abschnitten des Magen-Darm-Trakts und Oberflächenvergrößerungen am Resorptionsepithel des Dünndarms bis zu fein justierten Transportmechanismen für die Resorption der Monomere am Dünndarmepithel.
Am Beispiel eines Döner Kebabs werden wir im Folgenden die Verdauung der Kohlenhydrate, der Proteine und der Fette im Einzelnen durchnehmen.
1 Skizzieren und beschriften Sie die Anatomie unseres Verdauungssystems inklusive der akzessorischen Drüsen.
Die Nahrung gelangt über Mund und Speiseröhre in den Magen. Der Pförtner (Pylorus) kontrolliert die Weiterleitung in den Zwölffingerdarm (Duodenum), aus dem der Nahrungsbrei dann weiter über Dünndarm, Dickdarm und Enddarm zum After transportiert wird. Die wesentlichen akzessorischen Drüsen sind prägastrisch, also vor dem Magen gelegen, wie die Speicheldrüsen (Mundspeicheldrüsen und Ohrspeicheldrüse) sowie postgastrisch wie die Bauchspeicheldrüse (Pankreas) und die Leber mit Gallenblase (s. Abb. 1.2).
Abb. 1.2 Anatomie des Verdauungssystems und der akzessorischen Drüsen.
2 Warum schmeckt das Fladenbrot erst nach längerem Kauen süß?
Grundbestandteil des Fladenbrots ist das polymere Kohlenhydrat Stärke. Dieses besteht aus den Komponenten Amylose und Amylopektin, wobei Amylose ein Polymer aus α-1,4-verknüpfter Glukose, Amylopektin ein verzweigtes Polymer aus α-1,4- und α-1,6-verknüpfter Glukose darstellt. Die drei großen Speicheldrüsen im Mund – Ohrspeicheldrüse, Unterkieferspeicheldrüse und Unterzungenspeicheldrüse – sezernieren in ihrem Speichelsekret unter anderem das Enzym α-Amylase. Dieses Enzym spaltet α-1,4-glykosidische Bindungen innerhalb eines Moleküls. Als Reaktionsprodukte entstehen aus dem Abbau von Amylose und Amylopektin neben verknüpften Oligosacchariden auch α-1,4-Glukose-Dimere, also Maltose. Maltose bindet an die Zuckerrezeptoren an den Geschmacksknospen der Zunge und vermittelt den Eindruck „süß“. Aus dem Abbau von Amylopektin entstehen darüber hinaus auch verzweigte Oligosaccharide mit α-1,4- und α-1,6-glykosidischen Bindungen.
3 Warum sezerniert auch die Bauchspeicheldrüse Amylase, obwohl doch aus den Mundspeicheldrüsen schon Amylase sezerniert wurde?
Der Ductus pancreaticus, also die Verbindung der Bauchspeicheldrüse mit dem Verdauungskanal, mündet in den Zwölffingerdarm. Der Nahrungsbrei hat also bereits den Magen passiert. Das saure Milieu im Magen hat auch die Amylase der Mundspeicheldrüsen genau wie die mit der Nahrung aufgenommenen Proteine denaturiert und durch die Protease Pepsin angedaut. Damit wird im Magen die Kohlenhydratverdauung gestoppt. Erst durch die Amylasen des Pankreas wird die Kohlenhydratverdauung wieder aufgenommen.
4 Warum erfolgt die Resorption von Glukose im Symport mit Na+, die Resorption von Fruktose aber nicht?
Ausschlaggebend für die Art, wie die unterschiedlichen Hexosen von den Darmepithelzellen aufgenommen werden, sind die Konzentrationsverhältnisse. Die intrazelluläre Konzentration von Glukose ist hoch, sogar höher als die Glukosekonzentration im Blut und deutlich höher als die Glukosekonzentration im Darmlumen. Somit kann Glukose aus den Darmepithelzellen passiv ins Blut diffundieren, muss aber, um vom Darmlumen in die Epithelzelle aufgenommen zu werden, entgegen seines Konzentrationsgradienten transportiert werden. Dies geschieht im Symport mit Na+ (s. Abb. 1.3). An der apikalen Seite wird Glukose über SGLT-Transporter (Sodium/Glukose-Transporter) aufgenommen. Im Darm ist dies SGLT-1, ein Transportprotein, das zwei Natriumionen zusammen mit einem Glukosemolekül aus dem Darmlumen in die Darmepithelzelle einschleust. Die intrazelluläre Glukosekonzentration kann damit deutlich höher sein als die Glukosekonzentration im Darmlumen und im Blut. Die intrazelluläre Na+-Konzentration wird durch die permanente Aktivität der Na+/K+-ATPase an der basalen Seite auf ca. 15 mM gehalten, sodass ein permanenter Natriumgradient über der apikalen Seite der Enterozyten bestehen bleibt. An der basalen Seite strömt Glukose passiv aus der Zelle. Dies geht nur über spezifische Proteine, im Darm hauptsächlich über GLUT2.
Abb. 1.3 Auf der basalen Seite der Enterozyten sorgt die Na+/K+-ATPase dafür, dass intrazellulär die Natriumkonzentration sehr gering bleibt. Damit besteht an der apikalen Seite ein Na+-Gradient, Na+ strömt vom Darmlumen in die Enterozyten. Dies geht vorwiegend durch zur Familie der SGLT gehörende Transportproteine im Symport mit Glukose (Glc). Damit steigt die intrazelluläre Glukosekonzentration so hoch, dass an der basalen Seite Glukose passiv durch Kanalproteine der GLUT-Familie ins Blut aufgenommen wird.
Die Konzentrationsverhältnisse für Fruktose sehen anders aus. Die intrazelluläre Fruktosekonzentration ist sehr gering, denn diese Hexose wird schnell und effizient in Glukose umgewandelt. Damit bleibt ein Konzentrationsgradient zwischen Darmlumen und Epithelzelle bestehen, und Fruktose kann mit dem