Ackerbau, Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung. Wulf Diepenbrock. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Wulf Diepenbrock
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Математика
Год издания: 0
isbn: 9783846346075
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eine mehr oder minder lange Zeitspanne (20 bis 40 Tage) mit niedrigen Temperaturen (0 bis 6 °C). Dieser als Vernalisation bezeichnete Effekt stellt sicher, dass die betreffenden Pflanzen im nachfolgenden Frühjahr und Sommer zum Blühen und Fruchten kommen.

      Anders als Strahlung und Temperatur, die als Standortfaktoren durch ihre Energie für die Pflanzen wirksam werden, wird Wasser als Stoffkomponente sowie als Transport- und Lösungsmittel benötigt. Etwa 1% wird im Zuge der Photosynthese mit CO2 in Kohlenhydrate eingebaut, der weitaus größte Teil dient der Transpiration. Die Menge an Wasser, welche Kulturpflanzen verbrauchen, um ein Kilogramm Trockenmasse zu erzeugen, wird als Transpirationskoeffizient bezeichnet (Liter Wasser je kg TM) (engl. water use efficiency – g TM je Liter Wasser). Die Effizienz der Wasserausnutzung variiert zwischen verschiedenen Nutzpflanzen stark um bis zum Dreifachen, kann aber auch innerhalb einer Art sehr unterschiedlich ausfallen (Tab. I-12).

Tab. I-12. Transpirationskoeffizienten ausgewählter Kulturpflanzen (n. Geisler 1988)
ArtenTranspirationskoeffizient(l H2O kg–1 TM)
Hirsen200–300
Mais, Beta-Rüben300–400
Gerste, Roggen, Hartweizen400–500
Kartoffel, Weichweizen, Sonnenblume500–600
Hafer, Raps, Erbse, Ackerbohne, Rotklee600–700
Luzerne, Lein, Soja, Kohlrübe> 700

      Die an einem Standort auftretenden Niederschläge in Form von Regen, Schnee, Hagel, nässendem Nebel, Tau oder Reif können sehr unterschiedliche Dichte und Partikelgröße aufweisen und demzufolge auch sehr verschiedene Wirkungen hervorrufen. Ihre Höhe und Verteilung hängt von den Zirkulationsverhältnissen in der Atmosphäre ab. Sind die Niederschläge höher als die potenzielle Evapotranspiration, spricht man von humidem Klima mit abwärts gerichteter Wasserbewegung im Boden, Nährstoffverlagerung bis zur Auswaschung und Grundwasserneubildung. Überwiegt hingegen die potenzielle Evapotranspiration an einem Standort, dann herrscht semiarides Klima mit aufwärts gerichteter Wasserbewegung und gleichzeitiger Gefahr der Bodenversalzung durch Auskristallisation der im Bodenwasser gelösten Stoffe an der Bodenoberfläche vor.

      Die atmosphärische Luft besteht zum überwiegenden Teil aus Stickstoff (rd. 78%) und Sauerstoff (rd. 21%). Stickstoff ist einer der wichtigsten Pflanzennährstoffe, doch die überwiegende Mehrzahl der Pflanzen kann ihn nicht direkt nutzen. Dazu sind nur Schmetterlingsblütler (Fam. Leguminosae) aufgrund ihrer Symbiose mit stickstoffbindenden Bakterien (Rhizobium-Arten) in der Lage (s. II-4.2). Freilebende Bodenbakterien (siehe I-2.1.2), die ihren Energiebedarf aus dem Abbau leicht zersetzbarer organischer Substanz bestreiten, vermögen ebenfalls atmosphärischen Stickstoff zu binden. Die Mengen sind jedoch gering und für den Ackerbau ohne praktische Relevanz.

      Der Sauerstoff der Luft wird zur Atmung der Pflanzen sowie aller heterotrophen Organismen benötigt. In der Sprossumwelt der Pflanzen ist O2 stets in ausreichendem Maße vorhanden. Die Konzentration in der Bodenluft kann hingegen infolge von Gefügestörungen durch Verdichtungen sowie Verschlämmung und Verkrustung an der Bodenoberfläche (s. I-2.1.2) vermindert sein. Pflanzen reagieren unterhalb von 8 bis 10% mit vermindertem Wurzelwachstum auf sinkende Sauerstoffgehalte.

      Der für die grünen Pflanzen essentiell wichtige Inhaltsstoff der Luft ist das Kohlendioxid (CO2), da es der Ausgangsstoff für die Assimilation ist. Mit durchschnittlich 0,037 Vol.-% (= 370 ppm; im Jahr 2001) ist der Gehalt sehr gering. CO2 resultiert aus der Atmung und dem Abbau organischer Substanz. Dem steht eine entsprechende Größenordnung an Assimilation gegenüber, die über Jahrmillionen ein Gleichgewicht bildeten. Seitdem wir Menschen zunehmend intensiver Energie aus fossilen Brennstoffen gewinnen und die natürliche Vegetation in großem Umfang durch Brandrodung beseitigen, haben wir dieses Gleichgewicht gestört (Tab. I-13).

Tab. I-13. Globale CO2-Bilanz; Mittel der Jahre 1990-1998 (Volz und Nauser 2000)
BilanzgrößenMengen (109 t a–1)
Emissionen durch Verbrennung fossiler Rohstoffe+23,1
Emissionen aus Rodungen und Waldbränden+5,9
Aufnahme durch die Ozeane–8,5
Aufnahme in Wäldern und Böden–8,4
Nettoaufnahme durch die Biosphäre–2,5
Verbleib in der Atmosphäre+12,1

      Auf der Messstation Mauna Loa auf Hawai (USA) wird die CO2-Konzentration in der Atmosphäre seit mehr als fünf Jahrzehnten kontinuierlich aufgezeichnet. Dort wurde für die Jahre 1959 bis 2010 ein stetiger Anstieg um bislang 23 % festgestellt (Abb. I-5).

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      Abb. I-5 Entwicklung der Co2-Konzentration in der Atmosphäre; Monatsmittelwerte der Messstation Mauna Loa, Hawaii/USA, 1959-2014 (n. Keeling and Whorf 2002; Keeling 2015)

      Dies ist für den Pflanzenbau zunächst nicht von Nachteil. Es fördert im Gegenteil sogar das Wachstum und verbessert die Strahlungs- und Wassernutzungseffizienz (Tab. I-14).

Tab. 2-1Einfluss von CO2-Anreicherung (318 vs. 671 ppm) auf pflanzenphysiologische Parameter von Sommerweizen (Manderscheid et al. 1999)
ParameterNormal CO2CO2-AnreicherungCO2-Effekt (%)
Absorbierte Strahlung (MJ m–2)414413– 0,4
Evapotranspiration (mm)292225– 14,8
Trockenmasse (g m–2)19192083+ 8,5
RUE (g TM MJ–1)14,645,04+ 8,7
WUE (g TM kg–1)24,96,2+ 27,4
1 radiation use efficiency; 2 water use efficiency

      Allerdings wird die Anreicherung der Atmosphäre mit Spurengasen (neben CO2 auch N2O, NOx und CH4) für Klimaänderungen verantwortlich gemacht, welche primär mit steigenden Jahresdurchschnittstemperaturen einhergehen. So wurde an der meteorologischen Station in Berlin-Dahlem auf der Grundlage von kontinuierlich durchgeführten Messungen für die Zeit von 1931 bis 2010 ermittelt, dass das Jahresmittel der Lufttemperatur im linearen Trend um 0,0113 °C je Jahr zugenommen hat. Über den gesamten Zeitraum ist somit ein Anstieg um 0,90 °C zu verzeichnen (vgl. Tab. I-10). Dieses lokale Ergebnis bestätigt den globalen Trend. Welche Auswirkungen dieser Wandel des Klimas auf den Ackerbau, die Landwirtschaft insgesamt und die menschliche Zivilisation haben wird, ist Gegenstand vielfältiger Forschung und lässt sich bislang nicht abschließend beurteilen. Außer Zweifel steht aber, dass die pflanzliche Erzeugung davon unmittelbar betroffen sein wird und dass es darum gehen muss, geeignete Maßnahmen zur Anpassung an die sich ändernden Verhältnisse zu ergreifen.

      Fragen zu Kap. I-2

       Wie ist der Boden aus ackerbaulicher Sicht zu charakterisieren?

       Was sind wesentliche ackerbaulich relevante Bodeneigenschaften?

       Was versteht man unter Bodenfruchtbarkeit und wie wird sie quantifiziert?

       Wie beeinflussen Klima und Witterung die Standorteignung für den Ackerbau?

      Weiterführende Literatur

      Chmielewski, F.-M. (1998): Gebiete der Angewandten Meteorologie (Kap. 14). In: P. Hupfer, W. Kuttler (Hrsg.): Witterung und Klima. Begründet von E. Heyer. 10. Aufl., Teubner, Stuttgart und Leipzig, pp. 365–393.

      Hanus, H. (1997): Klima und Witterung als Standortfaktoren. In: E.R. Keller, H. Hanus und K.-U. Heyland (Hrsg.), Handbuch des Pflanzenbaues, Bd. 1, Verlag E. Ulmer, Stuttgart, pp. 42–68.

      Montgomery, D.R. (2010): Dreck. Warum unsere Zivilisation den Boden unter den Füßen verliert. oekom verlag, München

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