Aus bodenbiologischer Sicht ist besonders die Tätigkeit der Regenwurmpopulationen relevant. Sie sind einerseits sensible Indikatoren für den Bodenzustand hinsichtlich des Gehaltes an organischer Substanz, der Bodenreaktion oder des Vorhandenseins von Schadstoffen im Boden. Andererseits haben die Regenwürmer für den Ackerbau größte Bedeutung, denn sie bringen organische Stoffe in den Boden ein, stabilisieren die Bodenstruktur durch das Anlegen von kontinuierlichen Makroporen und lockern verdichtete Schichten wieder auf. Darüber hinaus spielen sie eine wichtige Rolle im Stoffkreislauf, indem sie am Abbau organischer Stoffe und der damit verbundenen Freisetzung von Nährstoffen beteiligt sind. Die Regenwurmpopulationen in Ackerböden variieren in weiten Bereichen und sind stark von der Bewirtschaftung abhängig. In einem biologisch aktiven ackerbaulich genutzten Boden sind zwischen 50 bis 300 Individuen je m2 (in 20 cm Bodentiefe) mit einem Frischgewicht von 20 bis 150 g zu erwarten.
2.1.2Bodenfruchtbarkeit
Die Fruchtbarkeit der Böden ist seit jeher die Grundlage für ihre ackerbauliche Nutzung. Sie wird heute als ein komplexes Wirkungsgefüge begriffen, welches sich auf Grundlage der natürlichen Standortfaktoren als offenes, dynamisches und selbstregulierendes System durch die Bodennutzung herausbildet und entwickelt. Es steht mit anderen Systemen in Wechselbeziehungen und kann über seine Wirkungen auf Kulturpflanzen und die Umwelt beurteilt werden. Die Kategorie Bodenfruchtbarkeit wird verschieden betrachtet und interpretiert. Im allgemeinen lässt sich aber die folgende Definition zugrunde legen.
Bodenfruchtbarkeit
Bodenfruchtbarkeit ist der Wirkungsanteil des Bodens an der Ertragsbildung. Sie beruht auf physiologischen, phytosanitären und technologischen Funktionen des Bodens.
Die physiologische Funktion besteht in der bedarfsgerechten Vermittlung von Wasser, Nährstoffen, Luft und Wärme an die Wurzeln der Kulturpflanzen und hängt vom Transformations- und Speichervermögen, der Leitfähigkeit und der Durchwurzelbarkeit des Bodens ab.
Die phytosanitäre Funktion kommt im Einfluss auf den Gesundheitszustand der Pflanzen zum Ausdruck und wird durch den Gehalt an Schaderregern und Schadstoffen sowie die Dynamik ihrer Anreicherung und ihres Abbaus im Boden bedingt.
Die technologische Funktion wirkt sich im Einfluss auf die Anbauverfahren aus und kommt in der Bearbeitbarkeit sowie in den Bedingungen für Aussaat, Düngung, Pflege und Ernte der Pflanzenbestände zum Ausdruck (nach Kundler 1989).
Durch die ackerbauliche Bodennutzung können unbeabsichtigt auch negative Wirkungen auf die Bodenfruchtbarkeit ausgelöst werden. Diese sind:
Verarmung an organischer Substanz durch einseitige, humuszehrende Fruchtfolgen, ungenügende organische Düngung oder zu intensive Bodenbearbeitung;
Versauerung durch unterlassene Kalkdüngung;
Nährstoffverarmung durch ungenügende mineralische oder organische Düngung;
Vernässung infolge von Schadverdichtungen oder fehlender bzw. mangelhafter Bodenwasserregulierung;
Verschlämmung und Verkrustung der Bodenoberfläche als Folge von Teilbrachen ohne schützenden Pflanzenbestand, begünstigt durch Verarmung an organischer Substanz und Versauerung;
Verdichtung vor allem als Folge großer Radlasten von Maschinen und Fahrzeugen und begünstigt durch Verarmung an organischer Substanz, Versauerung und Vernässung;
Bodenerosion durch Wasser und/oder Wind bei ungenügend geschützter Bodenoberfläche begünstigt durch Strukturverschlechterung, Verarmung an organischer Substanz und Versauerung;
Anreicherung von Krankheitserregern und Schädlingen der Kulturpflanzen im Boden durch ungeeignete Fruchtfolgen und unzureichende Bekämpfung;
Kontamination mit Schadstoffen durch Eintrag aus der Luft, durch Einsatz von schadstoffhaltigen Abprodukten oder überhöhten Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln.
Aufgabe des Ackerbaus ist es, derartige negative Auswirkungen zu vermeiden. Deswegen muss dem Erhalt bzw. der Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit große Aufmerksamkeit zuteil werden, auch wenn dem zuweilen ökonomische Gründe entgegen stehen. Dies ist um so bedeutender, als sich Bodenveränderungen in negativer wie positiver Richtung allmählich und teilweise schleichend in größeren Zeiträumen vollziehen. Das heißt einerseits, dass eintretende Schädigungen nicht unmittelbar erkannt werden. Andererseits kann das Beheben von Schadsymptomen längere Zeit in Anspruch nehmen und große Aufwendungen verursachen. Vorausschauendes Handeln ist in diesem Zusammenhang das wichtigste Gebot im Ackerbau.
Um den Status und die Entwicklung der Bodenfruchtbarkeit unter den jeweiligen Standortbedingungen beurteilen zu können, werden quantitative Parameter benötigt. Dies sind Bodenfruchtbarkeitskennziffern, welche als messbare Größen den Fruchtbarkeitszustand charakterisieren. Für die verschiedenen Bodenarten wurden aus langjährigen Feldversuchen Sollwerte als Zielgrößen abgeleitet, die den Optimalzustand für die einzelnen Parameter darstellen. Diesen werden die Istwerte gegenübergestellt, welche die aktuellen Zustandsgrößen darstellen. Aus dem Ist-Sollwert-Vergleich lassen sich dann notwendige ackerbauliche Maßnahmen ableiten, welche die kurz-, mittel- und langfristige Reproduktion der Bodenfruchtbarkeit gewährleisten können.
Tab. I-5. Bodenfruchtbarkeitskennziffern und mögliche ackerbauliche Maßnahmen zu ihrer Steuerung (n. Kundler 1989) | |
Bodenfruchtbarkeitskennziffern | Ackerbauliche Maßnahmen |
a) bodenphysikalisch | |
SteinbesatzVernässungsdauer der AckerkrumeTrockenrohdichteDurchdringungswiderstand | EntsteinungBodenwasserregulierungBodenbearbeitungKrumenbasislockerung |
b) bodenchemisch | |
Gehalt an organischer BodensubstanzBodenreaktion (pH-Wert)Gehalte an pflanzenverfügbaren Makro- (P, K, Mg) und Mikronährstoffen (Cu, B, Mn, Zn, Mo) | Fruchtfolge, organische DüngungKalkdüngungOrganische und mineralische Düngung |
c) bodenbiologisch | |
RegenwurmaktivitätBesatz mit Schadnematoden (Globodera rostochiensis, Globodera pallida, Heterodera schachtii) | Fruchtfolge, organische DüngungFruchtfolge, Zwischenfruchtanbau, Sortenwahl |
Tabelle I-5 enthält eine Übersicht von bodenphysikalischen, bodenchemischen und bodenbiologischen Bodenfruchtbarkeitskennziffern und entsprechenden Maßnahmen zu deren Steuerung.
Die anzustrebenden Zielgrößen (Sollwerte) sind spezifisch für die verschiedenen Bodenarten. Grund dafür sind die unterschiedlichen Tongehalte sowie damit verbunden verschieden hohe Gehalte an organischer Bodensubstanz. Die physikalischen, chemischen und auch biologischen Bodenverhältnisse hängen eng damit zusammen.
Zur Beurteilung des Strukturzustandes von Böden kann die Trockenrohdichte herangezogen werden. Der Gehalt an organischer Bodensubstanz steht unter anderem in Beziehung zur Gefügebildung der Böden. In Tabelle I-6 sind Sollwerte für beide Parameter angegeben.
Tab. I-6. Sollwerte für Trockenrohdichte und Organische Bodensubstanz auf ausgewählten Bodenarten (abgeleitet n. Kundler 1989) | ||||
Bodenarten | Kurz-zeichen | Ton-gehalt (%) | Sollwerte für Bodenfruchtbarkeitskennziffern | |
TRD 1) (g cm -3) | OBS 2) (%) | |||
Schwach schluffiger Sand | Su2 | 0–8 | 1,54 | 1,0 |
Mittel lehmiger Sand | Sl3 | 8–12 | 1,50 | 1,6 |
Stark lehmiger Sand | Sl4 | 12–17 | 1,45 | 1,8 |
Stark sandiger Lehm | Ls4 | 17–25 | 1,43 | 2,5 |
Schwach toniger Lehm | Lt2 | 25–35 | 1,40 | 3,9 |
Mittel toniger
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