Justus von Liebig – Kurzbiografie
Geb. 12. Mai 1803 in Darmstadt, gest. 18. April 1873 in München.
Als Sohn eines Drogisten und Farbenhändlers geboren, verließ er mit 14 Jahren das Gymnasium und arbeitete als Apothekerlehrling. 1819 begann er in Bonn mit dem Studium der Chemie, das er 1821 in Erlangen fortsetzte. 1822 ging er nach Paris, um im Laboratorium des berühmten Chemikers Gay-Lussac zu arbeiten. 1823 promovierte er an der Universität Erlangen. Er wurde 1824 zum a. o. Professor für Chemie an die Universität Gießen berufen und 1825 zum o. Professor ernannt. Dort richtete er ein chemisches Laboratorium für experimentellen Unterricht ein, das sich innerhalb weniger Jahre zur bedeutendsten Lehr- und Forschungsstätte auf dem Gebiet der Chemie in Deutschland entwickelte. Aufgrund seiner außerordentlichen Begabung als Lehrer und seiner epochemachenden Forschungsergebnisse war Liebig alsbald ein weltberühmter Chemiker. 1852 folgte er einem Ruf des Königs Maximilian II. von Bayern nach München, wo ihm ein Forschungsinstitut an der Universität neu errichtet wurde. Seit 1859 war er Präsident der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu München.
Liebig war auf vielen Gebieten der theoretischen und angewandten Chemie tätig. Sein wissenschaftliches Hauptwerk im Bereich der Landwirtschaft ist das Buch „Die organische Chemie in ihrer Anwendung auf Agricultur und Physiologie“ (Braunschweig 1840), in dem er vor allem die Theorie von der Mineralstoffernährung der Pflanzen niederlegte (Böhm 1997).
Die wissenschaftliche Ackerbaulehre basiert heute auf den fortgeschrittenen Erkenntnissen der Bodenkunde, der Agrarklimatologie sowie der Ökologie und integriert Aspekte der Pflanzenernährung und der Phytomedizin ebenso wie der Agrartechnik. Sie stellt somit eine integrative Disziplin dar und behandelt die allgemeinen Grundlagen für den landwirtschaftlichen Pflanzenbau.
2Acker als Pflanzenstandort
Die ackerbauliche Bodennutzung mit dem Ziel der Gewinnung von pflanzlichen Produkten ist stets ortsgebunden und unterliegt somit den jeweiligen natürlichen Standortverhältnissen. Diese ergeben sich aus den Wechselbeziehungen zwischen den Bodenbedingungen einerseits sowie von Klima und Witterung andererseits und stehen unter dem Einfluss der räumlichen Lage, der Exposition des Geländes sowie spezieller ökologischer Gegebenheiten.
Beim Boden ist zwischen natürlichen und kultürlichen Faktoren zu unterscheiden. Natürliche Faktoren sind die Bodentextur, die Horizontabfolge im Profil, die Tiefe des durchwurzelbaren Raumes sowie die von der Bodentextur abhängige Fähigkeit zur Speicherung von Wasser und Nährstoffen. Kultürlich beeinflusst sind hingegen in gewissen Grenzen die Bodenstruktur und damit der Wasser-, Luft- und Wärmehaushalt, der Gehalt an organischer Bodensubstanz, die Gehalte an mineralischen Makro- und Mikronährstoffen sowie die Bodenreaktion. Aber auch das Auftreten von bodenbürtigen Schaderregern kann unter dem Einfluss von Kulturmaßnahmen des Ackerbaus stehen. Aus dem Zusammenwirken aller dieser Faktoren resultiert letztlich die Fähigkeit von Böden, Pflanzenbeständen als Wuchsort zu dienen und deren Ertragsbildung zu ermöglichen. Auf dieses als Bodenfruchtbarkeit bezeichnete Phänomen müssen daher auch die vielfältigen ackerbaulichen Maßnahmen ausgerichtet werden.
Der Ackerbau ist sehr stark vom Wetter abhängig. Dies ist nahezu unkalkulierbar und durch große zeitliche und räumliche Unterschiede gekennzeichnet. Allerdings weist das Wettergeschehen trotz kurzfristiger Wechsel doch systematische Züge auf, die sich im typischen Jahresgang der Witterung an einem Ort und in großräumigen Unterschieden äußern. Es ist daher zwischen dem Klima eines Ortes und der jeweils konkreten Witterung in einem Jahr zu unterscheiden. Unter Klima versteht man die für einen Ort oder eine Landschaft typische Zusammenfassung aller bodennahen Zustände der Atmosphäre und Witterung, welche Boden, Pflanzen, Tier und Mensch beeinflussen und die sich während eines längeren Zeitraumes einzustellen pflegen.
Aufgabe des Ackerbaus ist es, geeignete Bodennutzungssysteme für die naturgegebenen Standortverhältnisse zu etablieren und mit angepassten Kulturmaßnahmen die bestmögliche Nutzung der Standortfaktoren für die Ertrags- und Qualitätsbildung zu fördern.
2.1Boden
Der Boden gehört zu den wichtigsten Existenzgrundlagen der Menschheit. Der weitaus überwiegende Anteil der Nahrungsmittel wird auf terrestrischen Böden erzeugt. Mit seinen vielfältigen Funktionen, insbesondere der Filter- und Pufferfunktion, beeinflusst er aber auch die Qualität des Trinkwassers, das zu 70% durch den Boden gefiltert wird.
Ein Boden ist Teil der belebten obersten Erdkruste. Er weist eine räumliche Gliederung auf und ist nach unten durch festes oder lockeres Gestein und nach oben durch eine Vegetationsdecke bzw. durch die Atmosphäre begrenzt. Besonders markant und für den Ackerbau maßgebend ist die Vielgestaltigkeit von Böden. Dies resultiert aus unterschiedlichsten Gesteins- und Relief- sowie Klima- und Vegetationsverhältnissen. Unter dem Einfluss der Nutzung verändern sich die Böden.
Ein Boden besteht aus Mineralien unterschiedlicher Art und Größe sowie organischen Stoffen. Diese festen Bodenbestandteile sind abwechselnd mit Hohlräumen angeordnet und bilden auf diese Weise ein bestimmtes Bodengefüge. Das Hohlraumsystem besteht aus Poren unterschiedlicher Form und Größe und ist mit Wasser und darin gelösten Salzen oder Gasen bzw. mit Luft erfüllt. Der Boden stellt somit ein Dreiphasensystem aus festen, flüssigen und gasförmigen Komponenten dar. Vertikal ist ein Boden in Horizonte gegliedert, welche im oberen Bereich streuähnlich sind und in der Tiefe gesteinsähnlicher werden. Horizontal geht ein Boden gleitend in benachbarte andere Böden über. In Landschaften stehen die Böden untereinander durch Stofftransporte in Verbindung. Zusammen mit der darüber liegenden bodennahen Atmosphäre und den Organismen bilden sie Ökosysteme in Form gemeinsamer Wirkungsgefüge.
Böden sind Lebensraum für vielfältige Organismen, die in Mikroflora, Mikrofauna, Mesofauna und Makrofauna unterteilt werden. In Abhängigkeit von Art und Größe kommen in der Ackerkrume je m2 einige Hundert bis zu mehreren Milliarden Organismen vor. In den Böden haben sie ganz wesentliche Funktionen. Diese sind unter anderem das Einarbeiten organischer Rückstände, das Mischen von organischen und mineralischen Stoffen und die Krümelbildung, das Stabilisieren von Bodenaggregaten durch Vernetzung, die Mineralisierung organischer Stoffe und das Freisetzen von Nährstoffen, die Bildung von Huminstoffen, die Förderung der chemischen Verwitterung, die Bindung von Luftstickstoff, aber auch die Eindämmung von Krankheitserregern und der biologische Abbau von Bioziden. In Abbildung I-1 ist ein Bodenkrümel schematisch dargestellt.
Abb. I-1 Bodenkrümel mit Pflanzenwurzeln und Bodentieren sowie vergrößerter Krümeloberfläche (Vökt et al. 1991, zit. in Keller et al. 1997)
Die Krümeloberfläche ist mit organischer Substanz angereichert. Auf und in dieser Hülle spielt sich ein großer Teil des Bodenlebens ab. Hier finden sich Bakterien, Pilzhyphen, Collembolen etc. Die Wurzelspitzen der Pflanzen dringen nicht in den Krümel ein, sondern umfassen ihn. Lediglich die Wurzelhaare dringen ein und nehmen Wasser und Nährstoffe auf.
Den Kultur- wie den Wildpflanzen bieten die Böden als Wurzelraum eine Matrix zur Verankerung sowie Versorgung mit Wasser, Sauerstoff und Nährstoffen. Das Angebot an Wasser, Sauerstoff und Nährstoffen im Wurzelraum ergibt sich aus dem Vorrat und der Verfügbarkeit. Begrenzend können dabei die Durchwurzelbarkeit sowie die Leitfähigkeit des Wurzelraumes für Flüssigkeiten und Gase sein.
Böden wirken schließlich als Puffer gegenüber den verschiedensten Umwelteinflüssen. Sie filtern Schadstoffe ab und ermöglichen so die Bildung von sauberem Grundwasser. Dabei werden sie allerdings auch selbst belastet. Aufgrund dieser vielfältigen