Ackerbau, Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung. Wulf Diepenbrock. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Wulf Diepenbrock
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Математика
Год издания: 0
isbn: 9783846346075
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von Humusbilanzen, mit denen die mittelfristige Entwicklung der Gehalte an organischer Bodensubstanz abzuschätzen ist und haben somit grundlegende Bedeutung für die nachhaltige Sicherung der Bodenfruchtbarkeit (Tab. I-9; vgl. hierzu Tab. I-30, S. 59).

Tab. I-9. Richtwerte für die Humusreproduktionsleistung organischer Materialien in Humusäquivalenten (Häq) je t Frischmasse (n. VDLUFA 2014)
Organische MaterialienTrockensubstanz-gehalte (%)Humusäquvalente Häq (t FM)-1
Stroh86100
Gründüngung, Rübenblatt108
Stalldung, verrottet2540
Gülle79
Klärschlamm2520
Gärprodukte aus Biogasanlagen1012

      Die Bodenfruchtbarkeit ist ein vielgestaltiges Phänomen, dessen Betrachtung sich mit der Entwicklung des Ackerbaus gewandelt hat. Sie ist und bleibt aber unter allen Produktionsweisen stets die Grundlage für die Erzeugung von hochwertigen pflanzlichen Nahrungsmitteln, von Futter und Rohstoffen sowie in rasch zunehmendem Maße auch von Energie. Fruchtbare Böden sind somit eine strategische Ressource, welche für die weitere Entwicklung der menschlichen Zivilisation durch nichts ersetzbar ist. Ihrem Schutz vor Zerstörung durch Erosion und weiter fortschreitende Versiegelung muss daher auf allen Entscheidungsebenen höchste Priorität eingeräumt werden.

      Das Klima eines Ortes wird durch den langjährigen statistischen Durchschnitt der Wetterbeobachtungen beschrieben. Dazu werden im Wechsel von Dezennien die jeweils letzten drei Jahrzehnte herangezogen und Mittelwerte für einzelne Parameter gebildet.

      Das sind die Daten der jeweils gültigen Referenzperiode. In Tabelle I-10 ist beispielhaft die Entwicklung klimatologischer Referenzwerte für den Standort Berlin-Dahlem in den drei Perioden von 1961/1990 bis 1981/2010 angegeben. In der dargestellten Zeitspanne hat die Sonnenscheindauer um rund 100 Stunden pro Jahr zugenommen. Damit einher geht eine höhere Jahresmitteltemperatur von 0,6 °C, eine größere Verdunstungsrate von 41,4 mm pro Jahr und eine um 24 mm zugenommene negative klimatische Wasserbilanz. Diese Daten deuten darauf hin, dass sich die klimatischen Bedingungen für den Ackerbau an diesem Standort verändern. Wenn diese als Klimawandel bezeichnete Entwicklung zukünftig weiter fortschreitet, gilt es rechtzeitig Strategien zu entwickeln, mit denen die Bodennutzung an die zu erwartenden veränderten Produktionsbedingungen angepasst werden kann.

      Zwischen Klima und Vegetation besteht ein enger Zusammenhang, der besonders bei großräumiger Betrachtung augenfällig wird. Wichtige Hinweise darauf liefern phänologische Beobachtungen. In internationalen Netzwerken werden hierfür entsprechende Daten erhoben und übergreifend ausgewertet.

Tab. I-10. Entwicklung klimatologischer Referenzwerte am Standort Berlin-Dahlem, 1961–2010 (Chmielewski 2011)
ParameterMaßeinheitenReferenzperioden
1961–19901971–20001981–2010
Mittlere Jahressumme der GlobalstrahlungMJ m-23377,13404,73561,5
Mittlere Summe der SonnenscheindauerStunden1603,71654,31705,8
Jahresmittel der Lufttemperatur°C9,39,69,9
Mittlere Jahresniederschlagshöhemm544,6540,1561,9
Mittlere Verdunstungshöhe (nach Haude)mm655,9672,1697,3
Mittlere klimatische Wasserbilanzmm-111,3-132,0-135,4

      Dazu zählen unter anderem die Blüte von Wild- und Kulturpflanzen (Hasel, Schneeglöckchen, Weide, Süßkirsche, Apfel, Flieder, Hollunder, Winterroggen, Linde, Herbstzeitlose), Laubentfaltung und Fruchtreife der Rosskastanie, Blüte von Roggen und Hafer, Laubverfärbung der Rotbuche und allgemeiner Laubfall. In Abbildung I-4 ist als Beispiel der Verlauf der Winterroggenblüte in Deutschland dargestellt.

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      Abb. I-4 Mittlere Termine der Winterroggenblüte in Deutschland, 1961–2000 (Chmielewski 2003, zit. in Chmielewski et al. 2003)

      Das Klima an einem Standort bestimmt dessen Energiehaushalt. Dieser hängt im wesentlichen von der eingestrahlten Sonnenenergie ab. Die Gesamtstrahlung, welche an der Grenze der Erdatmosphäre ankommt (Solarkonstante 1368 +/– 5,3 W m–2), erreicht jedoch nur etwa zur Hälfte als Globalstrahlung die Erdoberfläche, der Rest wird in der Atmosphäre absorbiert oder in den Weltraum reflektiert. In Abhängigkeit von geografischer Breite, Jahreszeit, Tageszeit, Bewölkung, Höhenlage, Hangneigung und -richtung unterliegt die Globalstrahlung wiederum erheblichen Schwankungen. Für die Pflanzen ist nur der sichtbare Teil des elektromagnetischen Spektrums und hiervon wiederum lediglich der Wellenbereich 350–780 nm (blau, orangerot) von Bedeutung, da nur dieser für die Photosynthese und für Entwicklungsprozesse genutzt werden kann.

      Die benötigten Lichtintensitäten für lichtabhängige Vorgänge in den Pflanzen sind verschieden (siehe auch Kap. II-2.2). Für die Photosynthese liegt der Sättigungswert bei den meisten Pflanzen (C3-Typen) im Bereich von 1000 bis 1500 μmol m–2 s–1 photosynthetisch aktiver Strahlung. Von C4-Pflanzen (Mais und Hirsen) kann die Strahlung hingegen bis in den Bereich von 1500 bis 1800 μmol m–2 s–1 genutzt werden. Dies liegt in der Nähe des Einstrahlungsmaximums an hellen Sommertagen, welches in Abhängigkeit von der geografischen Lage zwischen 1800 und 4500 μmol m–2 s–1 beträgt.

      Das Lichtklima eines Standortes ist ein ertragsbegrenzender Faktor, weil die Prozesse der Stoffbildung, des Wachstums und der Entwicklung lichtabhängig sind. Dies sind die Keimung (Licht- und Dunkelkeimer), der Phototropismus (Hinwachsen des Sprosses zum Licht), die Photosysnthese (Assimilation), der Photoperiodismus (Einfluss der Tageslänge auf den Eintritt der generativen Entwicklungsphase) sowie sonstige morphogenetische Wirkungen (z. B. höhere Zellteilungsraten im Licht).

      Eng mit dem Lichtklima ist das Temperaturklima eines Standortes verbunden. Es wird durch die Jahresmitteltemperatur charakterisiert, die jedoch nicht sehr aussagefähig ist, da gleiche Mittelwerte bei sehr unterschiedlichen Amplituden während eines Jahres zustande kommen können. Daher ist der Temperaturverlauf insbesondere während der Vegetationsperiode von größerer Bedeutung. Als Vegetationsperiode werden entweder jene Zeiten zusammengefasst, an denen die Tagesmitteltemperatur 5 °C überschreitet, oder bei empfindlichen Pflanzen die Dauer der zusammenhängend frostfreien Zeit. Steigende Temperaturen fördern Wachstum und Substanzbildung, da sich die Reaktionsgeschwindigkeit biochemischer Prozesse im Bereich zwischen 0 und 30 °C durch eine Temperaturerhöhung um 10 °C etwa verdoppelt. Nur bei ungenügender Wasserversorgung wirken hohe Temperaturen ertragsbegrenzend oder schädigend, denn in den gemäßigten Breiten erreichen Temperaturmaxima selten ein Niveau, welches das Temperaturoptimum höherer Pflanzen von 25 bis 30 °C wesentlich überschreitet.

      Größere Bedeutung als die Temperaturmaxima haben aus pflanzenbaulicher Sicht die Minimumtemperaturen. Sie bestimmen über die Länge der Vegetationsperiode und damit über die anbaufähigen und -würdigen Kulturpflanzenarten auf einem bestimmten Standort. In strengen Wintern sind bei andauernden Frostperioden überjährige Kulturen wie Wintergetreide und Winterölfrüchte durch Auswinterung gefährdet, deren Frostresistenz etwa zwischen –15 °C (Gerste, Raps), –20 °C (Weizen) und –25 °C (Roggen) liegt (Tab. I-11).

Tab. I-11. Auswinterungsschäden an Wintergetreide und Winterraps in Ostdeutschland 2002/03 (ergänzt n. Lindloff 2003)
LandMinimumtemperaturenAuswinterung (%)
DezemberJanuarFebruarWintergetreideWinterraps
Brandenburg–13,3–20,4–12,7815
Mecklenburg-Vorpommern–13,8–19,8–14,467
Sachsen–13,9–20,5–14,6610
Sachsen-Anhalt–15,7–17,9–14,746
Thüringen–13,6–17,5–15,245

      Neben