Sterbehilfe. Katharina Woellert. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Katharina Woellert
Издательство: Bookwire
Серия: utb Profile
Жанр произведения: Медицина
Год издания: 0
isbn: 9783846330067
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innehat. Führt der Lebensmüde beispielsweise den Schierlingsbecher selbst zum Munde, so handelt es sich um eine Selbsttötung, da er den Akt der Giftzufuhr selbst bestimmt; wurde das Gift durch einen Dritten bereitgestellt, liegt Beihilfe zur Selbsttötung vor. Tötung auf Verlangen ist dagegen gegeben, wenn beispielsweise die Giftspritze auf Verlangen des Betroffenen durch eine dritte Person verabreicht wurde (OLG München, Beschluss vom 31.7.1987–1 Ws 23/87).

      Definition

      Tötung auf Verlangen: Tötung eines Schwerkranken auf dessen ausdrücklichen Wunsch durch eine dritte Person. Die „Tatherrschaft“ liegt bei der dritten Person.

      Definition

      Beihilfe zur Selbsttötung: Einem Schwerkranken wird auf dessen ausdrücklichen Wunsch die Möglichkeit gegeben, sich selbst das Leben zu nehmen (beispielsweise durch die Bereitstellung von Gift). Die „Tatherrschaft“ liegt beim Kranken.

      Vorschläge zu einer alternativen Terminologie

      Über die Verwendung der verschiedenen Termini ist in jüngster Zeit eine breite Diskussion entbrannt. Die bisher üblichen Bezeichnungen und vor allem die Unterscheidung in passive, indirekte und aktive Sterbehilfe stehen in Fachkreisen derzeit auf dem Prüfstand. Auch wenn diese Begriffe nach wie vor verwendet werden, lohnt sich ein Blick auf die Vorschläge zu einer alternativen Terminologie, da sie ein Umdenken im Umgang mit Sterbenden und mit dem Tod zum Ausdruck bringen. Im Folgenden sollen die Vorschläge der maßgeblichen Institutionen vorgestellt werden: der Bundesärztekammer, des Deutschen Juristentages und des Nationalen Ethikrates.

      Zunächst fällt auf, dass die Bundesärztekammer in ihren „Grundlagen zur ärztlichen Sterbebegleitung“ in keiner Version auf die Begriffstrias passive, indirekte und aktive Sterbehilfe zurückgreift. Obwohl sie das dieser Benennung zu Grunde liegende Konzept bemüht, verzichtet sie auf die umstrittene Bezeichnung und umschreibt stattdessen die damit bezeichneten Sachverhalte. In der derzeit aktuellen Version von 2004 heißt es:

      „Maßnahmen zur Verlängerung des Lebens dürfen in Übereinstimmung mit dem Willen des Patienten unterlassen oder nicht weitergeführt werden, wenn diese nur den Todeseintritt verzögern und die Krankheit in ihrem Verlauf nicht mehr aufgehalten werden kann. Bei Sterbenden kann die Linderung des Leidens so im Vordergrund stehen, dass eine möglicherweise dadurch bedingte unvermeidbare Lebensverkürzung hingenommen werden darf.“ (Bundesärztekammer 2004)

      Nur der Ausdruck aktive Sterbehilfe wird in dem Dokument verwendet, allerdings nicht ohne den damit bezeichneten Sachverhalt zu erläutern. Dieser Wortwahl liegt ein bewusster Abwägungsprozess zu Grunde; die problematischen Begriffe sollen so vermieden werden (Bundesärztekammer 1999, 23).

      Auch auf dem Deutschen Juristentag 2006 wurde das Thema Sterbehilfe diskutiert (Verrel 2006). In den Beschlüssen lassen sich alternative Begriffsvorschläge lesen, auch wenn diese nicht ausdrücklich als Alternativterminologie ausgewiesen sind. Das Papier verzichtet auf den Ausdruck Sterbehilfe und verwendet stattdessen die Bezeichnung Sterbebegleitung. So lautet der Titel der Themengruppe „Patientenautonomie und Strafrecht bei der Sterbebegleitung“. Statt passiver Sterbehilfe verwenden die Verfasser den Ausdruck straflose Behandlungsbegrenzung. Indirekte Sterbehilfe wird durch die Bezeichnung Leidenslinderung bei Gefahr der Lebensverkürzung ersetzt. Auch der Begriff aktive Sterbehilfe wird nicht verwendet. Stattdessen wird ausschließlich auf den Ausdruck Tötung auf Verlangen zurückgegriffen (Deutscher Juristentag 2006). Beim Deutschen Juristentag handelt es sich um ein am juristischen Diskussionsprozess wesentlich beteiligtes Gremium. Die hier wiedergegebenen Aussagen sind daher ein wichtiger Ausschnitt aus der juristischen Debatte.

      Beide Alternativvorschläge basieren auf dem der herkömmlichen Terminologie zu Grunde liegenden Konzept. Demnach kann unter bestimmten Umständen das ansonsten übliche Behandlungsziel, bestehend aus Lebenserhaltung und Leidminderung, verändert werden. Stattdessen stehen dann Leidminderung und die Begleitung im Sterben im Vordergrund. Dieses Konzept greift allerdings nur in der letzten Lebensphase eines Menschen. Es setzt voraus, dass das Sterben als Teil des Lebens und somit als natürlicher, aber auch gestaltbarer Prozess begriffen wird. Die bisher übliche Terminologie bezeichnet zwar genau diese Vorstellung, erfasst sie aber nicht widerspruchsfrei, was durch die Alternativvorschläge geleistet werden soll.

      Kernaussage

      Am Lebensende kann das sonst übliche Behandlungsziel verändert werden: Statt Heilen und Leidmindern können dann Leidmindern und Begleiten im Sterben maßgeblich werden.

      Anders sieht es bei der Stellungnahme des Nationalen Ethikrates zur „Selbstbestimmung und Fürsorge am Lebensende“ aus (Nationaler Ethikrat 2006). Darin wird nicht nur eine gänzlich neue Terminologie vorgeschlagen, sondern auch eine konzeptionelle Erweiterung vorgenommen. Der Vorschlag sieht vor, sich terminologisch künftig an den Begriffen Sterbebegleitung, Therapien am Lebensende, Sterbenlassen, Beihilfe zur Selbsttötung und Tötung auf Verlangen zu orientieren.

      Der Begriff Sterbebegleitung bezeichnet Maßnahmen, die vor allem der Wahrung von Autonomie und Würde in der Sterbephase dienen. Pflegerisches und medizinisches Handeln haben sich demnach an dem Wohl und dem Wohlbefinden des Patienten zu orientieren. Dazu gehören Körperpflege, das Stillen von Hunger und Durst, das Mindern von Angst, von Atemnot und Übelkeit sowie menschliche und seelsorgerische Zuwendung. Der Begriff bezeichnet somit gewissermaßen ideale Rahmenbedingungen, innerhalb derer medizinische (Be-)Handlungsentscheidungen am Lebensende getroffen werden sollten.

      Der Ausdruck Therapien am Lebensende soll den bisher gebräuchlichen Begriff indirekte Sterbehilfe ersetzen und erweitern. Er umfasst alle medizinischen Maßnahmen am Ende des Lebens, die entweder das Ziel haben, Leben zu verlängern oder aber – sofern dies nicht mehr möglich ist und gegebenenfalls unter Inkaufnahme eines beschleunigt eintretenden Todes – Leid zu mindern. Die Bezeichnung Sterbenlassen wird als Alternative zum bisherigen Ausdruck passive Sterbehilfe vorgeschlagen. Missverständnissen, die sich aus der Bedeutung der Adjektive aktiv und passiv ergeben, wäre durch die neue Terminologie vorgebeugt. Auch die Sedierung am Lebensende wird dieser Kategorie zugeordnet. Der Begriff Beihilfe zur Selbsttötung behält seine bisher übliche Bedeutung. In der Bezeichnung Tötung auf Verlangen dagegen geht der Terminus aktive Sterbehilfe auf.

      Der Vorschlag des Nationalen Ethikrates ist somit Ausdruck eines Umdenkens. Grundsätzlich wird auch hier auf das beschriebene Konzept zurückgegriffen. Dennoch kommt es dabei zu einer Schwerpunktverschiebung. Mit dem Begriff Sterbebegleitung wurde so für einen bis dahin zu wenig beachteten Bereich eine eigene Bezeichnung geschaffen: die Pflege und Betreuung von Sterbenden über die rein medizinischen Maßnahmen hinaus. Hier geht es um menschliche Zuwendung und seelsorgerischen Beistand. So wird die vielleicht wichtigste Seite des Sterbeprozesses, die der Zwischenmenschlichkeit, gewürdigt.

      Literatur

      Bundesärztekammer 2004; Eibach 2000

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