Heilkräuter und Zauberpflanzen zwischen Haustür und Gartentor - eBook. Wolf-Dieter Storl. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Wolf-Dieter Storl
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Сделай Сам
Год издания: 0
isbn: 9783039020195
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kann sich Bösartiges bilden, wenn wir unsere gute Brennnessel nicht nur ehren, sondern in regelmäßigen Abständen uns ihre wunderbare Kraft in Form von Tee einverleiben«, das rät uns Maria Treben. Im Frühjahr und ebenso im Herbst, wenn nach dem Grummet, dem zweiten Heuschnitt, die Triebe erneut sprießen, zieht die fast Neunzigjährige, mit Handschuhen und Schere gewappnet, in die Brennnesseln. Die Ausbeute ist nicht nur für den Kochtopf bestimmt, für cremige Suppen und Gemüse mit saurem Rahm, sondern sie unterzieht sich auch öfter einer vierwöchigen Brennnesselkur (TREBEN 1988:29). Die Kur besteht darin, dass man vor dem Frühstück eine Tasse Brennnesseltee trinkt, dann im Laufe des Tages schluckweise noch zwei weitere Tassen. Sie macht diese »beste der Heilpflanzen« dafür verantwortlich, dass sie und ihre Familie seit Jahren keine Medikamente einnehmen müssen und dass sie sich im hohen Alter noch »jung und elastisch« fühlt. Die begnadete Kräuterfrau, die – wie sie sagt – ihre heilerischen Inspirationen von der Gottesmutter erhält, fügt noch hinzu, dass das frische grüne Kraut mehr Heilkraft enthält als das getrocknete. Nur im Winter greift sie auf ihren getrockneten Vorrat zurück.

      Es ist tatsächlich guter Rat, den uns die Kräuterfrau gibt. Brennnesseltee wirkt erwiesenermaßen tonisierend, blutreinigend und blutbildend. Hier ein kurzer Überblick der Indikationen:

       Brennnesseltee hilft bei:

      • Ekzemen, Pickeln, schlechter Haut.

      • Diabetes. Der Tee eignet sich als Zusatztherapie bei Zuckerkrankheit, da er die Funktion der Bauchspeicheldrüse günstig beeinflusst und den Blutzucker senken hilft.

      • Erkrankungen der Harnwege. Eine Kur ist angesagt bei Nierensteinen und Harngriesbildung.

      • Verdauungsstörungen. Brennnesseltee wirkt leicht stuhlgangfördernd, tonisiert die Leber und die Galle und kann als Unterstützungstherapie bei Gallenblasenentzündung, Magen- und Darmgeschwüren getrunken werden.

      • Milzleiden. Die Milz ist ein wichtiges Organ des Immunsystems. Sie dient als Auffangstelle für Bakterien, Parasiten, Zelltrümmer, weiße Pulpa und andere Blutverunreinigungen. Auch hier kommt die blutreinigende Wirkung des Tees zum Tragen. Seit der griechischen Antike wurde Brennnessel bei »Drüsenschwellung« verwendet.

      • Allergien. Bei Autoimmunkrankheiten, wenn das Abwehrsystem sich gegen den eigenen Körper wendet, kann eine Brennnesselteekur Hilfe leisten.

      • Ermüdungs- und Erschöpfungszuständen, die auf Blutarmut (Anämie) zurückzuführen sind. Die Brennnessel ist ein regelrechtes Eisentonikum.

      • Rheuma und Gicht. Diese Stoffwechselerkrankungen haben viel mit der Ansammlung von toten Stoffen und Schlacken im Gewebe zu tun. Der leicht harntreibende Brennnesseltee bringt die Ablagerungen wieder in Bewegung und schwemmt überschüssige Chloride und Harnstoffe aus.

      Familie:

      Brennnesselgewächse

      Volksnamen:

      Donnernessel

      Esternessel

      Habernessel

      Hanfnessel

      Haarnessel

      Krauskopf

      Sennnessel

      Seuznessel

      Tissel

      Zingel

      franz. ortie

      engl. stinging nettle

      ital. ortica

      • Bei Allergien, Raucherbein und Durchblutungsstörungen. Brennnesseltee oder eine Abkochung des Krauts kann man als Badezusatz ins Bad geben.

      • Haarwuchsproblemen. Nach dem Shampoo werden die Haare gründlich mit Brennnesseltee gespült. Das kräftigt die Haare.

      Als Haarwuchsmittel noch besser geeignet ist eine Abkochung aus Brennnesselwurzeln. Pfarrer Kneipp meint dazu: »Solange die Haarwurzeln noch leben, hilft es«, mit anderen Worten bei psychosomatisch verursachtem Haarverlust. Der Glaube, dass das behaarte Gewächs die Glatze verhindern könnte, ist uralt und beruht auf der Lehre der Signaturen. Nicht nur die Ärzte und Alchimisten des Mittelalters waren überzeugt, dass der Schöpfer jeder Pflanze die Merkmale gibt, die es einem erlauben, auf ihre Heilkraft zu schließen; auch die Schamanen und Medizinleute der Indianer, Afrikaner und anderer Naturvölker teilen diese Ansicht. So war man zum Beispiel überzeugt, dass das Johanniskraut ein gutes Wundmittel ist; zerdrückt man nämlich die gelben Blüten zwischen den Fingern, quillt ein roter, blutähnlicher Saft heraus. Die Feigwurz (Scharbockskraut) hat kleine Speicherwurzeln (»Feigen«), die durch ihre Form an Hämorrhoiden erinnern – daraus ergibt sich, sie gegen dieses peinliche Leiden einzusetzen. Das Schöllkraut galt als das beste Leberheilmittel, denn seine Blätter sind nicht nur lappenförmig wie die Leber, sondern riechen auch wie frische Leber, wenn man sie zerquetscht. Interessant an den Signaturen ist, dass sie meistens zutreffen: Johanniskraut ist tatsächlich ein hervorragendes Wundheilkraut; Scharbockskraut kann bei Mastdarmkrampfadern wirklich hilfreich sein; das Schöllkraut ist ein erprobtes Lebermittel. Und so können wir auch annehmen, dass die Brennnessel mit ihrer haarigen Signatur tatsächlich die Kopfhaut vitalisiert und den Haarwuchs stimuliert.

      Aber nicht nur der Tee, sondern auch die Wurzeln und die frischen Stängel lassen sich therapeutisch einsetzen. Seit einiger Zeit wird zum Beispiel bei chronischer Prostataentzündung und Reizblase ein Wurzelextrakt verschrieben. Die Allgäuer Kräuterfachfrau Susanne Fischer-Rizzi verrät, wie man eine solche Tinktur herstellt (FISCHER 1984:60): »Die frischen Wurzeln werden gesäubert, klein geschnitten und in ein Glas mit Schraubverschluss gefüllt. Mit 45%igem Alkohol aufgießen, 2–3 Wochen ziehen lassen, gelegentlich schütteln, abseihen und in dunkle Tropfflaschen füllen. Dosierung: 3mal 20 Tropfen täglich.«

      Noch eine weitere Verwendung der Brennnessel in der Heilkunde wollen wir uns anschauen: Schmerzende, rheumatische Gelenke bearbeitete man mit frischen Brennnesselruten. Urtifikation wurde diese Behandlung genannt. Sie wurde auch in Fällen von Lähmungen und Schlafsucht angewendet. Ich persönlich habe positive Erfahrungen mit dieser alten Methode gemacht. Beim Radfahren im eisig kalten Regen bekam ich ein schmerzendes, steifes Knie. Weder Salben noch warme Bäder halfen. Als ich nach einigen Tagen mit schmerzverzerrter Miene an einem Brennnesselhorst vorbeihumpelte, kam mir der Gedanke, das Knie mit Brennnesseln zu schlagen. Es tat gar nicht so weh, wie ich es mir vorgestellt hatte. Das Gelenk wurde knallrot und schwoll an. Ich spürte, wie Blut und Lymphe in Wallung gerieten. Eine einzige Behandlung genügte, um mich von dem Rheumabefall zu befreien. Es ist übrigens eine alte Erkenntnis der Naturheiler, dass Blutzufuhr Heilung bringt. Durch Kaltwassergüsse, Hitze oder – wie in diesem Fall – Urtifikation lenkten sie das Blut in die erkrankten Organe und Gewebe.

      Auch die Bauern bedienten sich dieser Methode: Mit Schlägen der Brennnesselrute trieben sie störrische Rinder und alte Hengste zur Paarung. Und was beim Vieh wirkt, wirkt auch beim Menschen. Jene, deren Manneskraft abhanden gekommen war, ließen sich ebenfalls mit Nesselruten traktieren.

      MARS IN SEINER PFLANZLICHEN VERKÖRPERUNG

      Der schwedische Naturforscher Carl von Linné, genannt Linnaeus (1707–1778), war ein echter Sohn der Aufklärung und ein Verfechter des modernen rationalen Weltbildes. Er machte es sich zum Lebenswerk, die Pflanzen und Tiere nach ganz natürlichen Kriterien zu ordnen. Die Pflanzen klassifizierte er nach der Anatomie ihrer Sexualorgane: den Blüten. Er zählte die Stempel und Staubblüten, die Blütenblätter und Kelchblätter und verzeichnete die jeweilige Anordnung. Auf dieser Grundlage sortierte er die Gewächse säuberlich in Gattungen und Arten. Ein System, das bis heute seine Gültigkeit bewahrt hat.

      Die Alchimisten, Ärzte und Apotheker der Zeit vor der Aufklärung hatten dagegen ein ganz anderes System der Klassifizierung. Sie erlebten die Pflanzen als Lebewesen, die ganz den Rhythmen und Einflüssen des Kosmos ausgesetzt sind und dessen Gesetzmäßigkeiten widerspiegeln. Sie ordneten also die Pflanzen in Bezug auf die zwölf Tierkreisregionen und vor allem nach ihrer Planetenzugehörigkeit. Die Planeten