Tab. 2.1: Die Belastungsnormativen und ihre jeweilige Bedeutung im Training (mod. nach Güllich/Krüger 2013)
Die gezielte Auswahl und exakte Festlegung der Belastungsnormativen ist für das Erreichen des gewünschten Trainingseffekts von größter Bedeutung!
Abb. 2.3: Modell der Belastungs-Beanspruchungs-Interaktion im Sport (mod. nach Hottenrott/Neumann 2016 und Güllich/Krüger 2013).
Wenn ein Sportler trainiert, so wirken auf seinen Organismus eine Vielzahl von Einflussgrößen ein und bedingen so zusätzlich die psycho-physische Beanspruchung des Sportlers. Es gilt im Training weitere sogenannte Modulatoren (Einflussfaktoren) zu beachten, damit Fehlbelastungen (Überbeanspruchungen) vermieden werden können. Die Beanspruchung wird im Training und Wettkampf neben den Belastungsanforderungen von einer Vielzahl endogener und exogener Faktoren moduliert, was Abbildung 2.3 veranschaulicht.
2.1 Allgemeine Gesetzmäßigkeiten des Trainings
2.1.1 Qualitätsgesetz (physiologisches Gesetz)
Qualitätsgesetz
Beim Qualitätsgesetz handelt es sich quasi um ein übergeordnetes biologisches Gesetz, welches für die sportmedizinischen Anpassungsprozesse gilt. Nach dem physiologischen Gesetz sind Form und Funktion wechselseitig aufeinander bezogen. Organe wie z.B. die Muskeln passen sich je nach Beanspruchung in eine ganz bestimmte Richtung an. Ein bestimmter Muskelquerschnitt (= organische Form) erlaubt es dem Sportler, ein bestimmtes Gewicht zu stemmen (= Funktion). Trainiert der Sportler nun systematisch dieses Gewichtestemmen, so nimmt die Kraft des Muskels zu (= organische Form) und ermöglicht es ihm, noch größere Gewichte zu stemmen (= Funktion).
Durch eine längere Trainingsunterbrechung können sich die erworbenen Anpassungserscheinungen auch wieder zurückbilden.
Praxisbeispiele
Praxisbeispiele
Ein Basketballspieler macht viele Sprünge, um seine Sprungkraft zu steigern. Durch lang andauerndes Radfahren, Schwimmen oder Laufen nimmt die Ausdauerleistungsfähigkeit zu. Durch Sprinttraining verbessert der 100-m-Läufer seine Schnelligkeit.
2.1.2 Reizschwellengesetz
Reizschwellengesetz, Reizstufenregel
Dieses Gesetz besagt, dass es für die Trainingswirksamkeit eines Reizes wichtig ist, dass dieser eine bestimmte Schwelle überschreiten muss, wenn er zu Anpassungserscheinungen führen soll. Dabei orientiert sich die Stärke der Belastungsreize an der Reizstufenregel nach Roux. In Tab. 2.2 ist die Reizstufenregel nach Roux dargestellt.
Belastungsintensität | Biologische Anpassung |
Unterschwellige Reize (d.h. unter der wirksamen Reizschwelle) | Bleiben wirkungslos |
Überschwellige, leichte Reize | Erhalten das aktuelle Funktionsniveau |
Überschwellige, mittlere und starke Reize | Lösen physiologische und anatomische Veränderungen aus |
Überschwellige, zu starke Reize | Können die Funktion beeinträchtigen und den Organismus schädigen |
Tab. 2.2: Reizstufenregel nach Roux (mod. nach Steinhöfer 2003)
Wie hoch der Schwellenwert bei dem jeweiligen Sportler ist, hängt z.B. von dessen Leistungsstärke ab. Weniger gut Trainierte bzw. sportliche Anfänger benötigen im Vergleich nur relativ niedrige und unspezifische Reize. Im Bereich des Spitzensports gilt das Modell als eher umstritten.
Für die automatisierten Leistungen sowie die physiologische Leistungsbereitschaft benötigt der Sportler nur relativ geringe Willensanstrengung. Der Bereich, welcher in Abb. 2.4 mit „gewöhnliche Einsatzreserven“ bezeichnet wird, ist der trainingseffektive Bereich, der nur über stärkere Willenskraft zu erreichen ist. An den Bereich „autonom geschützte Reserven“ kommt man z.B. nur durch Todesangst oder Doping heran. Getrennt werden beide Bereiche durch die sog. Mobilisationsschwelle. Durch entsprechendes Training lässt sich bei Leistungssportlern die Mobilisationsschwelle nach oben verschieben.
Abb. 2.4: Schema der Leistungsbereiche (Weineck 2019)
Praxisbeispiel
Praxisbeispiel zur Reizstufenregel
Ein Krafttraining muss individuell auf die Bedürfnisse des jeweiligen Sportlers ausgerichtet sein. Das gleiche Training kann für einen relativ untrainierten Freizeitsportler zu positiven Anpassungserscheinungen führen, während es einem Leistungssportler nicht einmal zum Erhalt seiner Form genügt. Der Belastungsreiz ist für den Leistungssportler zu gering. Durch Training kann die Mobilisationsschwelle von ca. 60 % bei Untrainierten auf ca. 90 % bei Hochtrainierten angehoben werden.
2.1.3 Gesetz der Anpassungsfestigkeit
Gesetz der Anpassungsfestigkeit
Ein schnell erarbeitetes Leistungsniveau ist weniger stabil und recht störanfällig. Über einen längeren Zeitraum hinweg erzielte Anpassungserscheinungen sind durch eine wesentlich höhere Stabilität (Trainingsfestigkeit) und eine geringere Störanfälligkeit gekennzeichnet.
Abb. 2.5 zeigt, dass ein 30-wöchiges einmaliges Krafttraining pro Tag nach Beendigung fast genauso schnell wieder verschwunden ist, wie es aufgebaut wurde (Kurve A). Bei den beiden anderen Trainingsgruppen (Kurve B und C) wurde die Form langsamer aufgebaut. Nach Trainingsende baute sich die Form entsprechend langsam wieder ab.
Abb. 2.5: Schnelligkeit des Kraftanstiegs in Abhängigkeit von der Trainingshäufigkeit bzw. das