Diese Veränderungen finden nicht plötzlich, sondern über Wochen und Monate statt. Sie sind das Resultat des gesamten Ernährungsverhaltens. Vegetarier ernähren sich in erster Linie von basischen und pH-neutralen Nahrungsmitteln und einer geringen Menge an säuernden Stoffen. Das ist der Grund, weshalb man kaum Vegetarier kennt, die unter den sogenannten Zivilisationskrankheiten leiden. Die oben genannten pH-Veränderungen sind das Ergebnis einer langjährigen unausgewogenen, säurelastigen Ernährung. Jeder Mensch kann durch veränderte Kost sein Blut basischer machen. Basisches Blut ist der Garant für ein Höchstmaß an Gesundheit und mentaler Ausgeglichenheit.
1. Basennahrung: Süße und saure natürliche Früchte und Fruchtsäfte, Trockenfrüchte, nahezu alle Gewürze und Gemüse, Salate, Pilze, Kartoffeln, Bohnen (Hülsenfrucht), Kokos- und Haselnuss, Bulgur, selbst gemachter Frischkäse (Paneer), Hüttenkäse, Buttermilch. Basische Nahrung wirkt aufbauend und harmonisierend auf Organe, Gewebe, Nerven und Drüsen.
2. Säure bildende Nahrungsmittel: Fleisch, Fisch und Meeresfrüchte, Käse, Eier, Erbsen, Linsen und die meisten Kohlenhydrate, insbesondere Süßigkeiten und Weißmehlprodukte, Brot und Backwaren.
3. pH-neutrale Nahrungsmittel: Fette wie Ghee, Butter, Margarine, Speiseöle, Buchweizen, Milch, Sahne und Sauermilchprodukte. Da diese Fette sehr konzentriert sind, können sie, im Übermaß genossen, säuernd wirken. Das wiederum belastet das Verdauungssystem, insbesondere die Organe der Fettverdauung wie Leber, Gallenblase und Pankreas. Bei Kindern unter zwölf Jahren wirkt sich das besonders problematisch aus. Ihre Organe sind noch nicht voll belastbar durch schweres Essen.
Im Verhältnis sollte die tägliche Kost aus ⅔ Basennahrung und ⅓ sauren Nahrungsmitteln bestehen. Bei der durchschnittlichen US-amerikanischen Kost verhält es sich genau umgekehrt. Machen Sie also Gemüse zum Kern Ihrer Ernährung, begleitet von Früchten, Nüssen, Hülsenfrüchten und einfachen Milchprodukten. Schränken Sie Süßigkeiten, Kohlenhydrate und tierische Proteine ein. Seien Sie maßvoll in der Verwendung von Fetten und Ölen. Sie werden sich dadurch besser fühlen!
Ayurveda in der westlichen Gesellschaft
Diätrichtungen im Vergleich
Im Ökotest von 1993 wurden erstmals u. a. folgende Diätrichtungen untersucht: Vegetarismus (ovo-lacto/vegan), Makrobiotik, Haysche Trennkost, Ayurveda, Rohkost und anthroposophische Ernährung. Unbedenklich für Jung und Alt und auf lange Sicht ohne Gesundheitsrisiken waren lediglich die anthroposophische und die ayurvedische Ernährungsweise. Bei letzterer ist für Kinder und Heranwachsende bis zur Volljährigkeit ein ausschließlicher Genuss nicht ratsam. Die zu intensiven Gewürze oder bitteren und scharfen Gemüse wie Zwiebeln, Knoblauch, Ingwer und Chili wirken zu stimulierend auf das Hormon- und Nervensystem. Alle anderen Richtungen können vorübergehend oder bei Allergien und Stoffwechselproblemen eine reinigende und entlastende Wirkung auf den Organismus haben. Bei zu langem Genuss führen sie – von typbedingten Ausnahmen abgesehen – zu Mangelerscheinungen und Gesundheitsproblemen.
Beide, die anthroposophische und die ayurvedische Ernährungsweise, sind ganzheitliche, spirituelle, also den ganzen Menschen in seinem Umfeld spiegelnde Systeme
Körper, Sinne und Bewusstsein sind gleichberechtigt. Nach Rudolph Steiner5 ernährt man sich so wie in Europa vor dem zweiten Weltkrieg: höchstens einmal pro Woche Fleisch oder Fisch, regelmäßig Hülsenfrüchte, Milchprodukte in Maßen, viel ungespritztes Gemüse, Salate, Gartenkräuter und Obst der Jahreszeit. Alles ist möglichst in der gleichen Region gereift (in der man selbst lebt), d. h. aus einem Umkreis von 50–100 km.
Schlussendlich ist in der anthroposophischen Betrachtung der geistige Aspekt der Nahrung ebenso wichtig wie in der Triguna-Lehre. Auch hier geht es darum, so viel wie möglich ätherisches, also feinstoffliches Bewusstsein aus der Nahrung zu ziehen. Das gemeinsame Ziel lautet: allumfassende Gesundheit und spirituelles Wachstum.
Ayurveda-Küche versus indische Küche
Den meisten sind der exotische Geschmack und die stark gewürzten Speisen der bürgerlichen indischen Küche bekannt. Die verschiedensten Koch-traditionen des indischen Subkontinents gehen auf die vedische Tradition zurück und orientieren sich in Bezug auf Kombination und Auswahlkriterien an den Grundprinzipien des Ayurveda.
Viele unserer Gäste meinten, die indische Volksküche sei mit der ayurvedischen Heilküche gleichzusetzen. Das trifft aber nicht zu. Die Definition der ayurvedischen Heilküche zeigt deutlich, womit sie sich von der indischen Küche abgrenzt. Die brahmanische Priesterkaste Indiens hat sich meist an die Prinzipien der Ayurveda-Küche gehalten. Ein Großteil der Hindus isst vegetarisch. In den ayurvedischen Medizinschriften hingegen werden die Qualitäten, Vorzüge und Nachteile des Verzehrs einzelner Nahrungsmittel wie Fleisch, Fisch oder Milch genauestens analysiert. Es geht dabei um die typenspezifische Zu-/Abträglichkeit und den therapeutischen Nutzen dieser Nahrungsmittel sowie die pathologischen Folgen missbräuchlichen Verzehrs. Fleisch war also in der indischen Antike keineswegs tabu – unter gewissen Voraussetzungen natürlich. Die Ausübung bestimmter religiöser, spiritueller Praktiken und Meditationstechniken legte den Verzicht auf Fleisch- oder Fischverzehr nahe. (Mehr dazu im Kapitel 3, S. 113 ff. )
Wie jedes andere Land sind die Inder in ihre kulturellen Traditionen eingebettet und haben klimatisch bedingte Essgewohnheiten
Die persische Mogulherrschaft führte im 16. Jahrhundert den Fleischverzehr ein. Die Portugiesen brachten etwas später die Chilischote nach Indien. Die Kuh war und ist bis heute die Lebensgrundlage der indischen Familie in ländlicher Gegend. Die hinduistische Religion ist die einzige Weltreligion ohne Religionsstifter. In ihr ist sogar die Nahrung Gott Brahma zugeordnet und das (Verdauungs-)Feuer wird als Gottheit namens Agnideva verehrt.Alle Lebewesen haben hier gleiches Recht auf Leben und seelische Entwicklung. Menschen, die den Tieren das Leben nehmen, verstricken sich nach Auffassung der Hindus in karmische Prozesse, die bis in spätere Reinkarnationen negative Auswirkungen haben können. Deshalb haben die Hindus die älteste vegetarische Tradition der Erde. Diese Gegebenheiten prägen trotz äußerer Einflüsse die Küche Indiens. Indien war zudem das letzte Land,
in dem der McDonald’s-Konzern Fuß gefasst hat – ein positives Zeichen starker und gesunder Ess-traditionen. Die junge Generation der Oberschicht in den indischen Metropolen ernährt sich heute genauso schlecht und unbewusst wie die meisten Menschen in den westlichen Industrieländern.
Ayurvedisch kochen heißt nicht indisch kochen
Die uns bekannten indischen Gewürze sind heute auch in der westlichen Welt wieder zunehmend gefragt – nicht allein wegen ihrer intensiven und exotischen Gaumennoten, sondern vor allem wegen ihrer wohltuenden Wirkung. Viele von ihnen waren schon vor Beginn des 20. Jahrhunderts beliebt und eine Luxusware, die nur wohlhabenden Kreisen vorbehalten war. Wenn man alte Handelsregister der Hafenstädte Europas durchforstet, findet man über Jahrhunderte Gewürze wie Anis, Fenchel, Asant, Cumin, Gelbwurz, Koriander, Zimt, Kardamom und andere aus dem Orient.
Wenn wir unseren heimischen Gerichten Gewürze wie Cumin, Kardamom oder Fenchel hinzufügen, kann es sein, dass das Ganze plötzlich „indisch“, „orientalisch“ oder „weihnachtlich“ schmeckt. Mit Sicherheit gibt es in jedem Teil der Welt äquivalente Gewürze, die den Eigenschaften der bekannten ayurvedischen Gewürze entsprechen. Hierzulande finden wir in der Hildegard-Küche die bei uns beheimateten Wildkräuter und