Der Peloponnesische Krieg. Thukydides. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Thukydides
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 4064066500368
Скачать книгу
es ihnen einfiel, daß wir es uns so nicht würden gefallen lassen. Und nicht genug, daß sie für sich Unrecht gethan, wenden sie sich noch hieher, mit dem Unsinnen, daß wir nicht ihre Kampfgenossen, sondern ihre Theilnehmer am Frevel werden, und sie bei ihren Zwist mit uns in Schutz nehmen sollet. Damals hätten sie sich an euch wenden sollen, wo sie nichts zu fürchten hatten, und nicht jetzt, wo wir beleidigt, und sie in Gefahr sind, wo ihr, ohne von ihrer Kriegsmacht damals2 Vortheil gezogen zu haben, ihnen nunmehr Hülfe gewähren, und ohne Theilnahme an ihren Bergehungen doch und zu gleicher Beschwerde Anlaß geben würdet. Hättet ihr Beide längst eure Macht vereinigt, so müßtet ihr auch den Erfolg gemeinsam tragen ; da euch aber die Beschwerden allein nicht treffen, so habt ihr auch an den Folgen ihrer Handlungsweise keinen solchen Untheil zu nehmen."

      40. "Wir haben nun dargethan, daß wir mit zureichenden Rechtsgründen vor euch erscheinen, und daß die Korcycäer der Vorwurf der Gewaltthat und des Eigennutzes trifft. Jetzt sollt ihr euch auch überzeugen, daß ihr sie wohl nicht mit Recht in Schutz nehmen könnt. Denn wenn in dem Vertrage bestimmt ist, daß jeder nicht aufgenommene Staat, an welche von beiden Parteien er wolle, sich anschließen dürfe, so geht die Übereinkunft nicht dahin, daß man dieß zum Nachtheile der einen Partei thun könne: sondern auf Solche, die, indem sie Schutz suchen, die Rechte Anderer über sie nicht kränken, und ihren Beschützern, wofern diese anders vernünftig handeln, nicht Krieg statt des Friedens zuziehen. Dieses würde jetzt euch begegnen, wenn ihr unsern Vorstellungen nicht Gehör gebet: denn ihr würdet nicht blos diese unterstützen, sondern auch aus Vertragsgenossen unsere Feinde werden. Denn wenn ihr euch an sie anschließt, so können wir uns gegen sie nicht vertheidigen, ohne uns auch gegen euch zu wehren. Doch die Billigkeit erfordert, daß ihr vorerst keine Partei nehmet, wo nicht, daß ihr im Gegentheil mit uns gegen sie ziehet: denn ihr stehet im Bunde mit Korinth; mit Corcyra habt ihr nicht einmal je einen Waffenstillstand geschlossen. Auch dürft ihr billiger Weise nicht die Sitte einführen, daß man die Abtrünnigen anderer Staaten in Schutz nehme. Denn auch wir haben beim Abfalle der Samier nicht gegen euch gestimmt, als die Meinungen der Peloponnesier getheilt waren, ob man ihnen helfen sollte: vielmehr haben wir offen gegen diese behauptet, daß jeder Staat die ihm zugehörigen Bundesgenossen bestrafen dürfe. Denn wolltet ihr solche, die Unrecht gethan haben, aufnehmen und beschützen, so wird sich ergeben, daß eben so viele von euren Bundesgenossen sich an uns anschließen werden ; und so werdet ihr einen Grundsatz aufstellen, welcher mehr gegen euch, als gegen uns gerichtet ist.“

      41. Dieß sind nun die nach Hellenischen Gesetzen genügenden Rechtsgründe, die wir vor euch anzuführen haben. Aber auch als solche, die weder mit euch verfeindet sind, so daß wir euch schaden möchten, noch so befreundet, daß wir euch mißbrauchen würden, haben wir Ermunterungsgründe und solche Ansprüche auf Dank, daß wir behauptent, jetzt sei der Augenblick thätiger Erwiederung gekommen. Denn als ihr noch vor der Perserzeit einst beim Kriege gegen Aegina nicht genug lange Schiffe hattet, so entlehntet ihr zwanzig von den Korinthern. Und diese Gefälligkeit, so wie die in Betreff der Samier, wo unserer Verwendung wegen die Peloponnesier. Jenen nicht Hülfe leisteten, verschaffte euch den Sieg über Aegina, und machte es euch möglich, die Samier zu züchtigen. Und dieß geschah unter solchen Umständen, wo man bei dem Angriff auf einen Feind gerne Alles gegen den Sieg vergißt. Denn alsdann sieht man den Dienstleistenden als Freund an, wenn er auch zuvor Feind gewesen, und den, der sich, widersetzt, als Feind, wäre er auch sonst zufällig unter den Freunden. Denn im augenblicklichen Eifer des Streits kümmert man sich selbst um Das nicht, was am nächsten liegt.''

      42. ,,Dieß möget ihr jetzt bedenken, und die Jüngern mögen sich darüber von den Bejahrteren belehren lassen. Entschließt euch, daher, uns Gleiches zu erwiedern: und denket nicht, daß, wiewohl dieß dem Rechte gemäß gesprochen sei, doch, wenn es zum Kriege komme, der Vortheil etwas anderes erheische. Denn der Vortheil begleitet am meisten diejenigen Unternehmungen, wo das Recht am wenigsten verletzt wird. Die künftigen Erfolge des Kriegs, womit die Korcycäer euch, schrecken und zum Unrecht verleiten wollen, liegen noch im Dunkeln: und es ist nicht der Mühe werth, daß ihr euch dadurch bestimmen lasset, die entschiedene und unmittelbare Feindschaft der Korinther euch zuzuziehen: weit klüger wäre es, die schon zuvor wegen Megara obwaltende Spannung zu heben. Denn durch, eine neuere Gefälligkeit, zur rechten Zeit erwiesen, selbst, wenn sie minder bedeutend wäre, läßt sich eine größere Verchwerde tilgen.. Laßt euch aber auch durch das Anerbieten der großen Seemacht, die sie mit euch vereinigen wollen, nicht verlocken. Denn seines Gleichen nicht Unrecht thun, ist eine haltbarere Begründung der Macht, als wenn man, durch den Schein des Augenblicks verleitet, sich einen gefährlichen Gewinn verschafft."

      43. „Wir befinden uns jetzt in derselben Lage, wie die eure war, wo wir in Lacedämon erklärten, daß jeder Staat seine Bundesgenossen selbst zur Ordnung anhalten dürfe: und wir verlangen daher, daß auf eurer Seite derselbe Rechtsgrundsatz beobachtet werde, und daß ihr nicht zu unserem Nachtheile stimmet, da wir damals zu eurem Vortheile gestimmt haben. Vergeltet uns also auf gleiche Weise, und bedenket, daß jetzt gerade der Augenblick gekommen ist, durch Hülfleistung die eifrigste Freundschaft, durch Widerstand Feindschaft zu stiften. Nehmet diese Korcycäer nicht gegen unsere Wünsche zu Bundesgenossen auf, und helfet ihnen nicht, da sie Unrecht haben. Durch diese Handlungsweise werdet ihr eure Pflicht erfüllen, und für euch selbst am besten sorgen." Also redeten die Korinther.

      44. Die Athener hielten nach Anhörung beider Theile zwei Volksversammlungen in der ersten fanden die Vorstellungen der Korinther gleich großen Beifall: in der zweiten aber änderten sie ihren Beschluß dahin, daß sie mit den Korcycäern zwar kein solches Kriegsbündniß schloßen, daß sie deren Feinde und Freunde auch für die ihrigen ansehen wollten (denn wenn die Korcycäer sie aufgefordert hätten, mit ihnen einen Seezug gegen Korinth zu machen, so wäre ihr Vertrag mit den Peloponnesiern gebrochen gewesen); sondern sie machten einen Verteidigungsbund zur gegenseitigen Beschützung ihres Gebiets, wenn eine Macht Corcyra oder Athen, oder deren Bundesgenossen angriffe. Denn sie vermutheten, daß es in jedem Falle zum Kriege mit den Pelospounesiern kommen würde: und wollten Corcyra, das eine so große. Seemacht befaß, den Korinthern nicht preisgeben. Sie wünschten jedoch, daß die Reibungen beider Staaten so heftig als möglich werden möchten, damit, wenn sie mit den Korinthern und andern Seemachten Krieg führen müßten, sie einen um so schwädern Feind zu bekämpfen hätten. Zugleich schien ihnen die Insel Corcyra für die Ueberfahrt nach Italien und Sicilien bequem gelegen zu sein.

      45. In Erwägung dieser Gründe nahmen die Athener die Korcycäer in ihren Bund auf, und sandten ihnen bald, nachdem die Korinther sich entfernt hatten, gehen Schiffe zu Hülfe: ihre Anführer waren Lacedämonius, der Sohn Simons, Diotimus, der Sohn des Strombichus, und Proteas, der Sohn des Epikles. Man gab diesen die Weisung, nicht eher gegen die Korinther die Feindseligkeiten zu eröffnen, als bis diese gegen Corcyra schiffen, und dort, oder in irgend einem Theile des Gebiets, eine Landung versuchen würden. In diesem Falle sollten sie sich ihnen nach Möglichkeit wiedersetzen. Dieses befahlen sie, um den Vertrag nicht zu brechen. Jene Schiffe aber gelangten wirklich nach Corcyra.

      46. Als nun die Korinther sich gerüstet hatten, so segelten sie mit hundert und fünfzig Schiffen gegen Corcyra. Darunter waren von den Eleern zehn, von den Megareern zwölf, von den Leukadiern zehn, von den Ambrakioten sieben und zwanzig, von den Anaktoriern eines, von den Korinthern selbst neunzig. Neben den Anführern, die jeder Staat für sich gestellt hatte, befehligte die Korinther Xenoklides, des Euthykles Sohn, nebst vier andern. Als sie sich dem Festlande bei Corcyra näherten, so legten sie sich, von Leukas auslaufend, bei Chimerium im Thesproter-Lande vor Anker. Dieß ist ein Seehafen: und über demselben, weiter von der See, liegt im Eläatischen Bezirke von Thesprotien eine Stadt, Ephyra. Neben ihr hat der Acherusische See seinen Abfluß ins Meer, in welchen der Acheron-Fluß (Glyki), der Thesprotien durchströmt und jenem den Namen leiht, sich ergießt. Dort fließt auch der Thyamis, der die Grenzscheide von Thesprotien und Kestrine bildet, und dazwischen erhebt sich das Vorgebirge Chimerium, wo die Korinther ankerten und ihre Stellung nahmen.

      47. Als die Korcycäer ihre Annäherung erfuhren, so bemannten sie hundert und zehn Schiffe, unter Anführung des Miciades, Aesimides und Eurybatus, und wählten ihren Standort bei einer der Inseln, welche Sybota heißen. Die zehn Athenischen Schiffe waren zugegen. Auf dem Vorgebirge Leukimine (Kap Lechino) befand sich, ihr