Juana - Vom Pech verfolgt. Lee Kojek. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Lee Kojek
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Научная фантастика
Год издания: 0
isbn: 9783946127413
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betrat. Kurz darauf erklang Rachels leise Stimme.

      »Ich will sie sehen.«

      »Almyra kümmert sich gerade um sie«, antwortete Clair ihr.

      Schlecht. Rachel sollte sich keine unnötigen Hoffnungen machen. Immerhin lag ihre große Schwester tot auf einer Liege und sah furchtbar aus. Almyra zog den Vorhang etwas auf, sah Rachel betrübt an und schüttelte leicht den Kopf. Die Blondine ging zu ihr und sah sie mit Tränen in ihren braunen Augen an.

      »Darf ich sie sehen?«

      »Es wäre besser, wenn du es auf sich beruhen lässt.«

      »Bitte. Sie ist meine Schwester. Ich will mich verabschieden.«

      »Ich werde nur ihren Kopf aufdecken.«

      Sie hörte, wie Rachels Atem sich beschleunigte. An ihrer Stimme konnte man erkennen, dass sie sich sehr beherrschen musste, um nicht zu weinen.

      »In Ordnung.«

      Als Almyra das Laken von Mollys Kopf nahm, konnte Rachel aber nicht mehr anders. Sie begann, bitterlich zu weinen, und sank auf den Stuhl neben dem Bett.

      »Molly!«, fiepte sie entsetzt. Rachel krallte sich mit einer Hand in das Laken. Mit dem anderen Arm stützte sie ihren Kopf an der Liege ab. Almyra strich Rachel durch das Haar, das, wie immer, in verrückten Zöpfen zusammengebunden war, und schwieg. Was hätte sie auch sagen sollen? Rachels große Schwester lag tot vor ihr auf einer Krankenbahre.

      »Du sagtest, dass du ihr hilfst!«

      Ihre Stimme überschlug sich fast, so laut und energisch schrie Clair. Unbewusst trat Almyra einen Schritt zurück.

      »Ich sagte, dass ich sie mir ansehe. Sie ist tot, Clair!«

      Die Amazone schüttelte den Kopf.

      »Sie hat noch gelebt!«

      »Du hast sie sterben lassen!«

      »Molly war schon tot, als du sie gefunden hast! Es ist ein Wunder, dass sie noch wie ein Mensch aussieht und du keine Innereien von ihr an dir kleben hast!«

      »Das ist eine Krankenstation und keine Bar! Außerdem ist es respektlos Molly und Rachel gegenüber. Raus! Alle beide!«

      Clair verließ wütend das Krankenzimmer. Almyra brauchte einen Moment, ehe sie aufstand und noch einmal zu Rachel sah.

      »Ich wollte das wirklich nicht so vor dir ausdrücken.«

      Almyra trennte den Faden und blickte in den Spiegel. Es sah schlimm aus. Die Wunde war tief und würde wahrscheinlich eine große Narbe hinterlassen. Aber mehr als die Wunde nähen konnte sie nicht tun. Sie verließ die Werkstatt und suchte Sarah in ihrer Kajüte auf. Die schöne Frau schrieb irgendetwas in ein Buch. Wahrscheinlich hielt sie die aktuelle Finanzsituation der Crew fest. Wie sie in dieser Situation dazu in der Lage war, war Almyra ein Rätsel. Wahrscheinlich war das eine Art von Sarah, sich abzulenken. Kaum hatte Almyra die Tür hinter sich geschlossen, blickte Sarah sie an.

      »Kannst du mir einen Gefallen tun?«

      »Natürlich.«

      »Wir werden noch über einen Tag brauchen, bis wir in Spanien ankommen. Ich würde Molly gerne an einen möglichst kühlen Ort bringen lassen.«

      »Ich soll sie in die Schatzkammer bringen?«

      »Aye.«

      Die beiden Frauen verließen Sarahs Kajüte. Almyra sah zu der Zahlmeisterin.

      »Clara?«

      »Ja?«

      Clara grinste.

      »Du meinst, sie soll niemanden so zurichten wie dich?«

      »Genau. Und halte sie von der Schatzkammer fern.«

      »Sehr schlecht. Ihre Schwester hat ihr alles bedeutet.«

      »Es ist ein Jammer.«

      »Das ist es.«

      Clara zog einmal tief an ihrer Zigarette und blies den Rauch aus.

      »Denkst du, wir sollten sie in Spanien lassen, um zu trauern?«

      »Das werden wir noch sehen.«

      Almyra machte sich auf den Weg zur Schatzkammer, legte allerdings noch einen Zwischenstopp in der Werkstatt ein und nahm sich ihren Arztkoffer, ein paar Metallstäbe und andere Ausrüstung mit. Sie hatte viel Arbeit vor sich. Molly würde auch andere Kleidung brauchen. Aber konnte Almyra Rachel wirklich darum bitten, Klamotten für ihre tote Schwester herauszusuchen?

      Almyra betrat die Schatzkammer ganz unten im Schiff. Molly lag schon auf einer Liege und daneben stand Sarah, die die weinende Rachel in den Armen hielt. Almyra seufzte.

      »Danke. Den Rest schaffe ich alleine. Molly braucht noch Klamotten.«

      »Ich finde bestimmt etwas Schönes.«

      Sarah nickte zustimmend.

      »Okay.«

      »Es tut mir so leid«, wisperte sie, ehe sie begann, Molly zu entkleiden.

      »Wenigstens musstest du nicht lange leiden, mh? Keine Sorge, ich richte dich wieder her.«

      ***

      Die Amazone schloss die Augen und ließ alles noch einmal an sich vorbeiziehen. Der Moment, als der Schuss ertönte und Molly kurz darauf schreiend in die Tiefe stürzte. Clairs Herz hatte für einen kurzen Moment aufgehört zu schlagen, nur um danach schmerzhaft gegen ihre Brust zu hämmern. Sie hatte nicht mehr klar denken können. Die russische Marine, ihre Crew – alles vergessen. Da war nur noch Molly, die von Bord gestürzt war und gerettet werden musste.

      Clair sah auf ihre linke Hand und entdeckte dort ein wenig Blut. Die Erinnerung daran, wie sie Almyra ins Gesicht geschlagen hatte, überkam sie. Was hatte sie nur getan? Ja, Almyra hatte sie vorgeführt, aber Clair wusste, dass sie nichts ohne Grund tat. Ihre Worte hatten einfach so unglaublich wehgetan. Die Amazone hatte dadurch sämtliche Selbstbeherrschung verloren und die Frau geschlagen, die ihr trotz allen Rückschlägen immer zur Seite stand. Natürlich war ihr bewusst, dass Almyra Molly gerettet hätte, wenn es die Möglichkeit gegeben hätte. Aber Clair konnte – wollte nicht glauben, dass Molly schon tot gewesen war, als sie sie gefunden hatte. Dass die Amazone sich das alles nur eingebildet hatte- Oder noch schlimmer, dass Molly noch gelebt hatte und in Clairs Armen gestorben war, während die Amazone nichts für sie hatte tun können.

      Clair war so in Gedanken versunken, dass sie nicht mitbekam, wie es an der Tür klopfte und jemand den Raum betrat. Erst als sie Isabellas Stimme hörte, bemerkte sie, dass sie nicht mehr alleine war.

      »Du musst nichts essen, aber tu mir den Gefallen und trink wenigstens etwas von dem Tee. Du hast so lange in der Kälte gesessen.«

      »Wo ist Almyra?«

      »Clair, ich glaube nicht…«, setzte Isabella zum Sprechen an, wurde jedoch von Clair unterbrochen.

      »Wo ist sie?!«

      »Sie kümmert sich um Molly. Aber ich werde dir nicht sagen, wo sie ist, sonst gehst du nur…«

      »Spinnst du?!«, brüllte die Köchin entsetzt.

      »Verpiss dich!«

      »Clara! Wir müssen reden.«

      Die Angesprochene zuckte zusammen und schickte die Küchenhilfe weg. Dann blickte sie missmutig zu Clair und verschränkte die Arme vor der Brust.

      »Was ist? Du hast Almyra und Isabella verletzt und ich habe nicht wirklich Lust, die Nächste zu sein.«

      Diese