Oliver Schlaudt
Wirtschaft im Kontext
Eine Einführung in die Philosophie der Wirtschaftswissenschaften in Zeiten des Umbruchs
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Originalausgabe
© Vittorio Klostermann GmbH · Frankfurt am Main · 2016
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E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH 2016
ISSN 1865 - 7095
ISBN 978-3-465-24264-2
Inhalt
2 Die Orthodoxie der Neoklassik: Wirtschaft als autonomer Prozess
2.2 Allgemeine Gleichgewichtstheorie
2.3 Autonomie – Reversibilität – Unendlichkeit
2.4 Eine Sozialwissenschaft wider Willen
3 Wirtschaft in einer sozialen Welt: Der homo œconomicus in der Gesellschaft
3.1 Der Neoklassik logische Not
3.2 An den Klippen der Empirie
4 Wirtschaft in einer gemeinsamen Welt: an den Grenzen von Markt und Eigentum
4.1 Die ›Tragödie der Allmende‹
4.2 Wissen: Eigentum oder Gemeingut?
5 Wirtschaft in einer endlichen Welt: Ökologische Ökonomie
5.1 Wachstum
5.3 Teufelsstaub
6 Wirtschaft in einer historischen Welt: globale und historische Perspektiven
6.2 Weltgeschichte
6.3 Krise
6.4 Die Zukunft
1 Einleitung
Das vorliegende Buch soll den Leser in die Philosophie der Wirtschaftswissenschaften einführen, und zwar auf eine neue und zeitgemäße Weise, die der heutigen Realität Rechnung trägt: Unsere Gesellschaft erlebt eine umfassende Krise, aber die Wirtschaftswissenschaften, von denen wir in diesem Moment in besonderem Maße Aufschluss über unser Geschick erhoffen würden, hat just dasselbe Geschick ereilt. Auch sie erlebt eine Krise und ist in einer heftigen Methodendiskussion befangen. Allein, zumindest für die Philosophie mag der missliche Moment günstig sein, da sich eine seltene Gelegenheit bietet, einen Blick hinter die Kulissen in das offenliegende begriffliche Räderwerk der Ökonomie zu werfen.
Philosophie der Ökonomie und Wissenschaftstheorie
Diese philosophische Auseinandersetzung mit den Wirtschaftswissenschaften stellt – formal betrachtet – einen Spezialfall der Wissenschaftstheorie dar, die sich allgemein mit den Grundlagen, Methoden und Grenzen der empirischen Wissenschaften auseinandersetzt. Im Fall der Ökonomie erhält die philosophische Analyse mitunter eine neue, unvorhergesehene Relevanz, da sich auch Kritiker der herrschenden Lehre der Wirtschaftswissenschaften von der Philosophie Schützenhilfe und Orientierung erhoffen. Dabei ist fraglich, ob ihnen die bestehende Literatur der vergangenen Jahrzehnte wirklich weiterhelfen kann. Die philosophischen Theorien der Sozialwissenschaften im Allgemeinen und der Ökonomie im Besonderen krankten im 20. Jahrhundert nämlich an einer einseitigen Orientierung an der Physik, die als Königin der Wissenschaften galt. Dies war einerseits sicherlich auch ihrem frühen Erfolg geschuldet, der die Physik zum Vorbild für die anderen Wissenschaften prädestinierte. Andererseits hat dies aber auch einen systematischen Grund darin, dass die Physik die grundlegendste der Wissenschaften zu sein scheint: Jeder soziale, aber auch schon jeder chemische oder biologische Prozess ist auch ein physischer Prozess, aber nicht umgekehrt.
Die Wirtschaftswissenschaften haben diese Sichtweise nur befördern können, indem sie sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bewusst die Physik zum Vorbild nahmen und ökonomische Prozesse so fassen und erklären wollten, wie die Physik dies mit den ihrigen tut. Die Sozialwissenschaften mussten so fast zwangsläufig als ›schmutzige‹ Physik betrachtet werden – und sogar auch sich selbst so betrachten.
Die ›schmutzige‹ Seite besteht dabei in der merkwürdigen Stellung des Menschen zu den ökonomischen Gesetzen, die zwar einerseits als Zwangsgesetze auf die Menschen wirken, aber andererseits nur durch sie und ihre Handlungen wirken. Während die Naturgesetze ausnahmslos und unerbittlich über die Materie im Großen wie im Kleinen gebieten, brechen sich die sozialen Gesetze auf nicht leicht