Sultanat Brunei Darussalam
Berühmt, berüchtigt, beneidet für:
Vor dem Start der „Royal Brunei Airlines“ segnet ein Prediger vom Videoband, die Position Mekkas wird angezeigt und während des Flugs der Koran rezitiert.
Fläche: | 5765 Quadratkilometer, doppelt so groß wie Luxemburg |
Einwohner: | 418.000, zwei Drittel von Luxemburg |
Reich und grausam fromm
Brunei ist ein wunderbares Land mit wertvollen Menschen – und einem reichen Sultan. Wie reich? Sehr reich, so reich, dass er auf der Versandliste des Pirelli-Kalenders ganz oben steht. Was macht Sultan Hassanal Bolkiah, der im Frühjahr 2014 das islamische Scharia-Strafrecht in seinem Land einführte und auch sonst keine Gelegenheit auslässt, Brunei im Sinne der Staatsideologie „Melayu Islam Beraja“ auf einen strammen malaysisch-islamischen Kurs zu bringen, mit dem exquisitesten Erotik-Kalender der Welt? Wahrscheinlich hat der Sultan nur vergessen das Abo zu kündigen. Es ist noch gar nicht lange her, da soll er auch mehr auf Shakira als Scharia gestanden haben, und mehr Play- als Prayboy gewesen sein.
Das gehört in seiner Familie zur Tradition: Sultan Mohamed soll im 15. Jahrhundert während einer Seereise zu den Philippinen eine islamische Prinzessin entführt haben; er heiratete sie und wurde von ihr zum Islam bekehrt. Die Tochter seines Nachfolgers nahm einen Araber zum Mann, den Vor-Vorvater der bis heute regierenden Sultane. Die ihr Faible für schöne Frauen verbindet. Außerdem wird sich im Sultanspalast Istana Nurul Iman, der mit seinen 1788 Zimmern dreimal so groß ist wie Buckingham Palace, doch wohl noch eine versteckte Wand für diese Kalender und seine schönen Bilder finden. Den Raum aber gut zusperren! Schon einmal provozierte ein Reifenhersteller Proteste in Brunei. Die japanische Firma musste 300 Autoreifen zurückrufen. Das Profil der Reifen soll Koran-Versen geglichen haben, was die Religionsbehörde als Beleidigung des Islam verurteilte.
Auch in diesem Flugzeug wird der Koran rezitiert.
Palast des Sultans: Istana Nurul Iman
Brunei wird aus gutem Grund das „Kuwait des Fernen Ostens“ genannt: viel Erdöl, sehr reich, heiß und genauso langweilig. Alkohol ist tabu, von Nachtleben keine Spur. Nicht-Muslime dürfen für den privaten Konsum zwei Flaschen Hochprozentiges und zwölf Dosen Bier einführen. Der Weiterkauf mit einem Aufschlag von bis zu dreihundert Prozent beschert Gastarbeitern, meist katholischen Philippinern, gute Geschäfte. Im Nachbarland Malaysia reiben sich Barleute, Händler und Hoteliers die Hände, wenn Zigtausende Bruneier über die Grenze kommen und das Vergnügen suchen.
Einen Bogen um alles, was dem Sultan von Brunei gehört, macht George Clooney.
Und er rief dazu auf, seinem Beispiel zu folgen und die weltweit an den edelsten Adressen residierenden neun Luxushotels des Sultans zu meiden. Anlass für den Boykott war das Inkrafttreten barbarischer Strafgesetze Anfang 2019, wonach Homosexuellen die Todesstrafe durch Steinigung droht. Dieben soll die Hand und bei Wiederholungstätern auch noch ein Bein abgeschnitten werden. Auf Vergewaltigung, Raub oder Gotteslästerung steht ebenfalls die Todesstrafe. UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet bezeichnete die Strafen als „grausam und unmenschlich“. Die Frage ist bloß, ob den reichen Sultan der Boykott seiner Hotels wirklich weh tut. George Clooney sollte vielleicht besser einmal mit der Abo-Abteilung des Pirelli-Kalenders reden.
Mongolischer Staat
Berühmt, berüchtigt, beneidet für:
Jährlich im Juli findet das Nationalfest „Naadam“ oder „Die drei männlichen Spiele“ statt. Ringkampf, Bogenschießen und Pferderennen stehen auf dem Programm und entgegen dem Namen nehmen auch Frauen teil – nur nicht beim Ringen, da ist der Dresscode oben ohne.
Fläche: | 1.564.116 Quadratkilometer, halb so groß wie Indien |
Einwohner: | 3.031.330, ein 440stel von Indien |
Dicke Luft
Die Mongolei ist ein wunderbares Land mit wunderbaren Menschen, von denen sich – Überraschung! – die Frauen auf der Überholspur befinden. Die Mongolinnen dominieren die Universitäten. Verschiedene Statistiken beziffern ihren Anteil auf sechzig bis achtzig Prozent der Absolventen. Die US-Wissenschaftlerin Linda Benson nannte das Phänomen in der Mongolei eine „umgedrehte Kluft zwischen den Geschlechtern“. Uyanga Tsogtsaikhan von der Friedrich-Ebert-Stiftung in Ulaanbaatar erklärte im „dpa“-Interview: „Viele Eltern fanden die Bildung ihrer Töchter lange Zeit sehr wichtig. Bei ihren Söhnen denken sie, dass sie auch ohne Universitätsabschluss eine Arbeit finden können.“ Zwar ändere sich diese Einstellung, aber aus dieser Generation hätten viele Männer nun große Probleme, adäquate Jobs zu finden. Die Kommunisten hätten die Gleichberechtigung glorifiziert und ein Stück weit das Selbstbewusstsein der Männer zerstört, schreibt der Mongolei-Autor Carl Robinson: „In der heutigen Zeit haben sich Frauen noch weiter durchgesetzt. Jungen sollten sich zu Hause um die Tiere kümmern, während Mädchen höhere Bildung bekamen.“
Ringerwettkampf beim Naamdam
Einzig die Politik im Land würde trotz Quote noch männlich dominiert, sagt Mongolei-Experte Julian Dierkes von der University of British Columbia. Für die schlechteren Chancen der Männer in der Privatwirtschaft hat er eine andere Erklärung: „Es gibt viele Arbeiten, die mongolische Männer schlicht und einfach nicht in Erwägung ziehen. Auf Englisch sind das die drei Ds: dangerous, dreary, dirty – gefährlich, langweilig, dreckig.“
Apropos Dreck, Überraschung zwei: Agence-France-Presse-Korrespondent Anand Tumurtogoo beschreibt in einer Reportage aus dem Frühjahr 2018 Ulaanbaatar als die schmutzigste Hauptstadt der Welt. Laut Messungen der Vereinten Nationen überholte die Hauptstadt der Mongolei – was die Luftverschmutzung anbelangt – sogar die Mega-Metropolen Neu-Delhi und Peking. Vor allem in den Jurten der Armenviertel nutzen die Bewohner der kältesten Hauptstadt der Welt noch Kohleöfen zum Heizen und Kochen. Im Winter mit Temperaturen bis zu minus vierzig Grad legt sich ein dichter, graubrauner Nebel auf die Stadt, der vor allem Kinder und Schwangere gefährdet. Am 30. Januar 2018 überstieg die Luftverschmutzung in Ulaanbaatar den von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) festgesetzten Grenzwert um das 133-fache.