Entscheidet man sich für den Baumerhalt, soll vor allem die Verkehrssicherheit der gekappten Bäume wiederhergestellt werden. Angebrochene bzw. tote Äste und Ständer müssen entfernt werden. Die Entwicklung einer artgerechten Sekundärkrone kann mithilfe der gleichen Technik wie im vorherigen Kapitel beschrieben erreicht werden. Der statisch am besten mit dem Stammkopf verbundene und an der Oberkrone beteiligte Ständer wird etwas weniger als seine Nachbarständer bis zu einem geeigneten Versorgungsast eingekürzt (Abbildung 15). Alle anderen Reiterate mit geringem Durchmesser (bei gut abschottenden Baumarten bis maximal Grobastdimension) werden entnommen. Die fest angebundenen, reich verzweigten Ständer mit einem möglichst niedrigen Höhen-Durchmesser-Verhältnis können belassen und/oder deutlich eingekürzt werden, sodass sie sich in ihrer sozialen Stellung innerhalb der Krone dem (künftigen) Wipfel unterordnen.
Liegt die Kappung schon Jahrzehnte zurück, sind sehr starke Einkürzungen und/oder Vereinzelung der Austriebe oft sowohl aus baumbiologischer aber auch naturschutzfachlicher Sicht nicht zu rechtfertigen. Aufgrund der Schnittwundengröße käme eine Ständervereinzelung einer erneuten Kappung gleich. Die Einkürzung ist ebenfalls oft schwierig zu realisieren, da in den sehr dichten Kronen meist geeignete Versorgungsäste fehlen. Bei unbedingt erhaltenswerten Bäumen sollte in dieser Situation der Einbau von Kronensicherungen erwogen werden.
Wenn die Kappung schon lange zurückliegt, ist die Holzzersetzung unterhalb der Kappungsstellen in vielen Fällen schon weit fortgeschritten. Deshalb muss die Verkehrssicherheit dieser stärker geschädigten Bäume mindestens jährlich kontrolliert werden. Dabei ist besonders auf die Entwicklung von Zwieselrissen und den Fäulefortschritt unterhalb der Kappungsstellen zu achten.
Die Häufigkeit der Folgemaßnahmen sollte der Wuchsdynamik der Reiterate sowie der konkreten baumstatischen Situation angepasst werden.
5 Fazit
Die Auswirkungen von Kappungen sind für den Baum i. d. R. katastrophal. Nur sehr junge Bäume ertragen einen sehr zeitigen kappungsähnlichen Schnitt relativ gut und können dann mit (künstlichen) kleinen, geformten Kronen lange Zeit erhalten werden. Der langfristige verkehrssichere Erhalt von bisher natürlich gewachsenen Bäumen in der Reife- oder Alterungsphase ist nach einer Kappung oft schwierig und mit erheblichem Kontroll- und Pflegeaufwand verbunden. Liegt die Kappung schon Jahrzehnte zurück, sind Stämmlingsentnahmen oft nicht zu rechtfertigen. Aufgrund der Schnittwundengröße käme eine Ständervereinzelung einer erneuten Kappung gleich. Die Einkürzung ist ebenfalls oft schwierig zu realisieren, da in den sehr dichten Kronen meist geeignete Versorgungsäste fehlen. Deshalb sollte bei solchen Bäumen auch eine Fällung und der Baumersatz in Erwägung gezogen werden. Bei unbedingt erhaltenswerten Bäumen mit gleichzeitig deutlichen Anzeichen für ein Bruchversagen der Ständer kann aber auch eine Kombination aus differenzierter Kroneneinkürzung und Einbau von Kronensicherungen sinnvoll sein.
Wenn die Kappung bereits lange zurückliegt, ist die Holzzersetzung unterhalb der Kappungsstellen in vielen Fällen schon weit fortgeschritten. Deshalb muss die Verkehrssicherheit dieser als stark geschädigt einzuschätzenden Bäume mindestens jährlich kontrolliert werden. Dabei ist besonders auf die Entwicklung von Zwieselrissen und auf den Fäulefortschritt zu achten. Die Häufigkeit der Folgemaßnahmen sollte der Wuchsdynamik der Reiterate sowie der konkreten baumstatischen Situation angepasst werden.
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