Jahrbuch der Baumpflege 2016. Группа авторов. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

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Жанр произведения: Социология
Год издания: 0
isbn: 9783878152514
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der Gefahren eines Windbruchs auch sehr nahe an Gebäude gepflanzt werden. In Feldstudien, die der Autor im Rahmen einer Studienarbeit in der niederländischen Provinz Overijssel durchgeführt hat, wo Spalierbäume sehr weit verbreitet sind, wurde dies immer wieder bestätigt.

       3.1 Spalierbäume und Kastenformen

      In Spalier- oder Kastenform geschnittene Hochstammgehölze (Abbildung 4) haben eine jahrhundertelange Tradition. Man kennt sie aus den herrschaftlichen barocken Gartenanlagen vieler europäischer Länder. In den Niederlanden, Belgien, Südskandinavien und Norddeutschland gehören solche Formgehölze aber gleichermaßen auch zur traditionellen bäuerlichen Kultur, und mancherorts werden sie treffenderweise als Hochhecke bezeichnet. Seit etwa zwanzig Jahren werden solche Hochhecken als willkommene Gestaltungselemente auch für moderne Hausgärten und für Gestaltungen im öffentlichen Raum verwendet. Sie eignen sich insbesondere für kleine Grundstücke, wo nach einem effektiven Sichtschutz gesucht wird. Auch unschöne, fensterlose Fassaden von Gewerbehallen lassen sich durch vorgepflanzte Spaliergehölze kaschieren und aufwerten.

       Abbildung 4: Kastenlinden auf dem Stephansplatz in Karlsruhe zwei Jahre nach der Pflanzung

       3.1.1 Planen mit Spalierbäumen

      Im Unterschied zu anderen Gehölzen kann und muss man bei der Pflanzung von Spaliergehölzen mit genauen Planungsdaten arbeiten. Stammhöhe, Kronenbreite und Kronenhöhe kann man bei den liefernden Baumschulen abfragen und dann in der Ausführungsplanung mit diesen Angaben ganz genau die Baumstandorte festlegen. Die Stammhöhen von Hochstammspalieren, die sich im Laufe der Jahre und Jahrzehnte mit dem Zuwachs der Gehölze kaum verändern, liegen zwischen 1,80 m und 2,70 m. Meist wird ein Kronenschluss der Bäume gewünscht, damit eine geschlossene und blickdichte Hochhecke entsteht. Da aber Spaliergehölze von den Baumschulen gewöhnlich nur in Kronenbreiten zwischen 1,80 m und 2,30 angeboten werden – der LKW-Transport von Pflanzen mit breiteren Kronen ist nur schwer durchführbar – ist ein Kronenschluss in der Regel nicht unmittelbar nach der Pflanzung möglich. Durch den seitlichen Zuwachs der Gehölze, den man am besten mit eingebundenen Bambusstäben in die gewünschte Richtung lenkt, löst sich dieses Problem aber schon nach wenigen Vegetationsperioden. Dem Bauherrn muss man allerdings rechtzeitig erklären, dass er sich ein wenig gedulden muss, bis sich die Hochhecke perfekt schließt.

       3.1.2 Schnelles Ergebnis mit Formgehölzen

      Ein Vorteil von Formschnittgehölzen besteht auch darin, dass das vom Planer und den Entscheidungsträgern gewünschte Erscheinungsbild sehr schnell erreicht wird und dann für einige Jahrzehnte weitgehend unverändert erhalten bleibt. Die beim Wettbewerb für die Neugestaltung der Broomielaw, der Uferzone des River Clyde in Glasgow, im Jahre 2005 vorgelegten 3D-Animationen waren schon 2009 grüne Realität. Es wurden 140 Stück Tilia ‚Pallida‘-Kastenlinden in der Qualität 30 – 35 gepflanzt, die von einer deutschen Baumschule geliefert wurden und sich schon nach einem Jahr als perfektes und fülliges Grünvolumen präsentierten. Darin zeigt sich das besondere Potenzial einer hochwertig verschulten Pflanzware.

      Der jährliche Pflegeaufwand pro Baum wird mit einer Stunde angegeben. Mit zunehmendem Alter der Bäume wird der Pflegeaufwand allerdings immer größer. Sofern der Pflegeaufwand kontinuierlich geleistet wird, bleibt die lange Reihe der Kastenlinden ein wunderbarer Schmuck dieser Uferpromenade, die zu den wichtigsten innerstädtischen Grünräumen zählt. Unterbleibt die notwendige Pflege für mehrere Jahre, verdirbt das schöne Bild und ist dann nur schwer wiederherstellbar. Wer daraus eine allgemeine Ablehnung von Formschnittgehölzen im öffentlichen Raum ableitet, muss sich aber auch sagen lassen, dass es an vielen Orten in Europa Gestaltungen mit Kastenlinden gibt, die über viele Jahrzehnte kontinuierlich gepflegt wurden und die niemand missen möchte.

       3.1.3 Geeignete Baumarten

      Neben Obstgehölzen sind wohl Linden (Tilia euoraea, Tilia cordata, Tilia tomentosa) das gängigste und traditionsreichste Spaliergehölz. An zweiter Stelle sind dann Hainbuchen (Carpinus betulus) und Rotbuchen (Fagus sylvatica) zu nennen, die ebenfalls sehr gut schnittverträglich sind. Wer sich heute in entsprechend ausgerichteten Baumschulen etwas umschaut, wird auch Zierbirnen (Pyrus calleryana), Felsenbirnen (Amelanchier lamarckii), Zieräpfel (Malus hybrida), Amberbäume (Liquidambar styraciflua), Baumhasel (Corylus avellana) und vielleicht auch Ebereschen (Sorbis aucuparia), Magnolien (Magnolia kobus) und Ginkgos (Ginkgo biloba) in Spalierform entdecken. Selbst mit Birken wird experimentiert, selbst wenn man sich anfangs vielleicht ein wenig dagegen sträubt, kann man in passender Umgebung auch an diesen Gehölzen Gefallen finden.

       3.1.4 Kosten von Spaliergehölzen

      Spaliergehölze sind gegenüber normalen Gehölzen der gleichen Art und Qualität etwa dreimal so teuer. Dieser Preisunterschied ist gut nachvollziehbar, denn die Verschulung von Spaliergehölzen ist mit hohem Aufwand verbunden. Schon in früher Jugend müssen die Gehölze auf die gewünschte Form vorbereitet werden und über viele Jahre sind immer wieder Schnitt- und Bindearbeiten notwendig. Je nach Baumart, Verschulungsqualität und Herkunft kostet ein Spalierbaum in den Qualitäten 3 – 4 x v, 20/​25 zwischen 350 bis 1.200 € netto ab Baumschule.

       3.1.5 Rechtliche Belange

      Das Nachbarschaftsgesetz der Bundesländer regelt die Grenzabstände von Baumpflanzungen. Es wird zwischen Kleinbäumen, Großbäumen und Obstbäumen unterschieden. Spaliergehölze werden oft gesondert klassifiziert und es wird ihnen ein reduzierter Grenzabstand zugebilligt. Das Nachbarschaftsgesetz geht allerdings beim Begriff „Spaliergehölz“ von Obstgehölzen aus. Die hier beschriebenen Spalierbäume stellen uns vor ein rechtliches Problem. Gilt bei einer Hochhecke aus Zierbirnen oder Felsenbirnen der für Obstspaliere vorgeschriebene Abstand oder der Abstand für Kleinbäume? Ist eine Spalierlinde wie ein Großbaum mit vorgeschriebenen 8 m Grenzabstand (Baden-Württemberg) oder wie ein Spaliergehölz mit vorgeschriebenen 2 m Grenzabstand zu bewerten? Oder kann man – was durchaus vernünftig wäre – die Vorschriften für Hecken auch auf Hochhecken übertragen? Hier gibt es weiterhin noch Klärungsbedarf.

      Wer im grenznahen Bereich seines Grundstücks Spaliergehölze pflanzen möchte, sollte sich unbedingt mit den Nachbarn abstimmen. Um die Bepflanzungsabsichten anschaulich erklären und die getroffenen Absprachen dokumentieren zu können, sollte man genau vermaßte Zeichnungen vorlegen. Durch ein Auspflocken der Baumstandorte und die Visualisierung der Baumhöhen mit Dachlatten kann man die gestalterischen Absichten noch besser darstellen.

      Vielleicht erkennt der Nachbar, dass die Spaliergehölze auch für sein Grundstück den Sichtschutz verbessern, ohne dass ihm Kosten entstehen und ohne dass er Standfläche bereitstellen muss. Als vorausschauender Mensch wird er sich vielleicht absichern und vereinbaren, dass die Spaliergehölze durch regelmäßigen Schnitt in Zaum gehalten werden müssen.

       3.1.6 Pflege von Spalierbäumen

      Wer seinen Auftraggebern die Pflanzung von Spaliergehölzen vorschlägt, darf nicht versäumen darauf hinzuweisen, dass diese Gehölze, ebenso wie Hecken, jedes Jahr geschnitten werden müssen und diese Arbeit wegen der Höhe der Bäume mit erheblichem Aufwand verbunden ist. Schon bei der Planung der Baumstandorte muss überlegt werden, wo später ohne Behinderungen Leitern oder mobile Gerüste für die anstehenden Pflegearbeiten aufgestellt werden können.

       Beispiel Carl-Theodor-Straße in Schwetzingen

      2005 wurden auf der zum Schloss führenden Carl-Theodor-Straße in Schwetzingen 100 Stück Tilia intermedia ‘Pallida’. (Kaiserlinden) in Spalierform gepflanzt (Abbildung 5). Die Bäume hatten zum Zeitpunkt der Pflanzung die Qualitäten 5 x v, mDb, Stammumfang 40 – 50, Kronenansatz 2,70 m, Gesamthöhe 7,00 m. Die Pflanzung erfolgte in sogenannten Unterflurbaumquartieren mit Unterflurbaumrosten und Ballenverankerung. Die Bäume waren mit Bambus gestäbt und wurden von der liefernden Baumschule über drei Jahre weiter zur „Hochhecke“ erzogen.