Jahrbuch der Baumpflege 2016. Группа авторов. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

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Жанр произведения: Социология
Год издания: 0
isbn: 9783878152514
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(Fraxinus excelsior L.) und Berg-Ahorn (Acer pseudoplatanus L.). Später lässt die Apikalkontrolle des Haupttriebes nach, die Seitenzweige werden zu Konkurrenten – die strenge Kronenhierarchie der Jugend wird aufgegeben. Die Hauptachse stellt früher ihr Höhenwachstum ein, sodass die Seitenäste den Haupttrieb übergipfeln können (BRAUN 1982). Am alten Laubbaum wird die Krone aus mehreren mehr oder weniger gleichrangigen Hauptachsen (Stämmlingen) gebildet (Abb. 2 links), die in gewisser Weise autonome Architektureinheiten bilden (PFISTERER 1999). Die Stämmlinge entwickeln sich also als reguläre Achsen (Haupttrieb mit regulären Seitenästen) und sind deshalb untereinander statisch günstig (stabil) verbunden.

      Als Ständer bezeichnet man aufrecht wachsende Äste, die sich insbesondere an Kappstellen entwickeln (FLL 2006b). Die aus schlafenden Knospen und/​oder aus (traumatisch, d. h. nach Verletzung) neu gebildeten Knospen hervorgegangenen Achsen sind statisch ungünstig nur in der Querschnittsperipherie am Stamm angebunden und dadurch deutlich stärker ausbruchgefährdet als reguläre Äste. Zudem entwickeln sie sich ohne den kontrollierenden Einfluss eines Wipfeltriebes von Anfang an als selbstständige Teilkronen, sodass bei Betrachtung der gesamten Sekundärkrone keine Kronenhierarchie feststellbar ist. Das Wachstum dieser Ständer kann in den ersten Jahren sehr rasant erfolgen, die Lichtkonkurrenz bewirkt dabei zunächst ein schnelleres Höhenwachstum, das sich im relativ hohen Höhen-Durchmesser-Verhältnis (h/​d-Verhältnis1, Schlankheitsgrad) der Ständer widerspiegelt (Abbildung 2 rechts).

       2.2 Versorgungsast

      Werden bei der Baumpflege Äste abgeschnitten (eingekürzt), so kann dies entweder fachgerecht an einer Astgabel oder inmitten eines unverzweigten Achsenabschnitts (internodial) erfolgen. Nach den Regelwerken für einen fachgerechten Baumschnitt (z. B. Hamburger Schnittmethode, STOBBE et al. 1998; FLL 2006b) müssen diese bei fachgerechter Ausführung grundsätzlich auf einen ausreichend dimensionierten Versorgungsast („Zugast“ mit mind. 1/​3 Durchmesser der Schnittstelle) abgeleitet werden (Abbildung 3) (STOBBE et al. 1998; FLL 2006b). Dieser verbleibende Ast dient dazu, die Stoffflüsse und damit die Lebensvorgänge des gekürzten Astes aufrecht zu erhalten und vor allem die Wunde mit den zur Abschottung und Überwallung erforderlichen Assimilaten zu versorgen (ROLOFF 2004). Zudem unterbleibt auf diese Weise die Bildung mehrerer unerwünschter Neutriebe nahe der Schnittstelle.

       Abbildung 2: Kronenaufbau aus mehreren gleichrangigen Stämmlingen einer ca. 200-jährigen Flatter-Ulme (links); ca. 50 Jahre alte Ständer einer ehemals gekappten Linde (Stämmlingskappung)

      Untersuchungen in zwei Diplomarbeiten an Ahorn und Esche in Dresden haben bestätigt, dass die Gesamtbiomasse der neuen Austriebe maßgeblich von dem Vorhandensein eines Versorgungsastes und vom Verhältnis Basisdurchmesser Versorgungsast zum Durchmesser der Schnittwunde abhängt (RICHTER 2009; SCHNEIDER 2009). Ist kein Versorgungsast vorhanden, treiben bei vitalen Bäumen an der Kappstelle viele neue Triebe aus, die zudem in den Anfangsjahren sehr schnell (explorativ) in die Höhe (Länge) wachsen (Abbildung 4). Hieraus können sich auch statische Probleme ergeben (Ausbruchgefahr). Die Kronenhierarchie ist meist langfristig gestört und nur mit Hilfe häufiger und aufwändiger Pflegeschnitte annähernd wieder herstellbar. Diese Erscheinung ist bei einem vorhandenen Versorgungsast deutlich weniger ausgeprägt, wobei bei stärkeren Versorgungsästen das Austriebsverhalten stärker gedämpft wird (Abbildung 5).

       Abbildung 3: Fachgerechte Einkürzung: Aststubben schneiden und einzukürzende Äste auf Versorgungsast ableiten (d = Durchmesser des Versorgungsastes)

       Abbildung 4: Erneutes Einkürzen von Ständern eines ehemals gekappten Spitz-Ahorns, z. T. internodial bzw. ohne ausreichend dimensionierte Versorgungsäste (links) führt zu vielen explorativen Trieben an allen geschnittenen Achsen (rechts)

       2.3 Kappen

      Kappen (Köpfen) ist ein schon seit langem verwendeter Begriff für „abschneiden, die Spitze wegschneiden“ oder „die Krone oder die Zweige um die Spitze abhauen“ bei Bäumen (GRIMM & GRIMM 1854 – 1960). Heute steht in der Fachwelt fest: „Kappung ist das Absetzen des größten Teils oder der gesamten Krone eines Baumes ohne Rücksicht auf den Habitus oder physiologische Erfordernisse bei einem Altbaum.“ (KOWOL 1998). Oder Kappung gilt als „umfangreiches, baumzerstörendes Absetzen der Krone ohne Rücksicht auf Habitus und physiologische Erfordernisse (keine fachgerechte Maßnahme!)“ (FLL 2006b).

      Bei der Stammkappung wird die gesamte Krone abgesetzt und es bleibt vom Baum nur der Stamm übrig (Abbildung 6 links). Gelegentlich wird für den Zustand unmittelbar nach der Kappung in Anlehnung an die Forstwirtschaft die Bezeichnung „Hochstubben“ verwendet – wenn man die negative zukünftige Entwicklung des Baumes berücksichtigt, ist das beinahe zutreffend. Die Stämmlingskappung („Stümmelschnitt“) belässt neben dem Stamm auch einige basale Reststücke der stärksten Äste: Stämmlinge (Abbildung 6 rechts).

       Abbildung 5: Gesamtes Wachstum (Produkt aus mittlerer Anzahl und mittlerem jährlichen Zuwachs aller Reiterate je Schnittstelle an eingekürzten Ständern von ehemals gekappten Eschen) in den Klassen des Verhältnisses von Versorgungsast und Schnitt (RICHTER 2009)

       Abbildung 6: Links: Stammkappung an Säulen-Pappel; hier wurde nicht nur der Stamm gekappt, sondern anschließend auch sehr „gewissenhaft“ jeder Ast am verbleibenden Stammstück entfernt. Rechts: Stämmlingskappung an einer solitären Linde mit wichtiger gestalterischer Funktion für das Grundstück. Der Baum kann diese optische Wirkung sicher nie mehr erreichen.

       Abbildung 7: Reiteration am Berg-Ahorn nach nicht fachgerechter Kappung von Starkästen, unmittelbar nach der Schnittmaßnahme (1), 1 Jahr (2) bzw. 3 Jahre (3) und ausgedehnte Rindennekrosen an Kappungsstellen 3 Jahre nach dem Schnitt (4). Der Baum starb wenige Jahre später ab.

      Kronenschnittmaßnahmen, die in Unkenntnis wachstumsbeeinflussender Prozesse oder entgegen den Erkenntnissen über Verletzung, Wund- und Abschottungsreaktion im Starkastbereich und ohne Rücksicht auf entsprechend dimensionierte Versorgungsäste ausgeführt werden, bewirken auch eine Zerstörung des arttypischen Kronenhabitus (Abbildung 7). Sind die so behandelten Bäume relativ vital, wird sich durch die unkontrollierte Reiteration eine stark pflegebedürftige Sekundärkrone entwickeln – oder der Baum stirbt Jahre später ab. Solche falschen Schnittmaßnahmen können, wenn auch in abgeschwächter Form, den Kappungen gleichgesetzt werden.

       2.4 Kopfform, Kopfbaum

      Das Köpfen und der Rückschnitt von Formgehölzen oder von Bäumen in Gehölzgruppen mit gestalterischer Formvorgabe (Abbildung 8 links) sind von der oben beschriebenen Kappung strikt zu unterscheiden. Auch historische Nutzungsformen bestimmter Baumarten führ(t)en durch den regelmäßigen Schnitt ab dem Jungbaumstadium zu Kopfbäumen (Abbildung 8 Mitte).

      Das Kleinhalten der Baumkronen durch den regelmäßigen Schnitt in derselben Höhe hatte ursprünglich praktische Gründe. Bestimmte Baumarten (verschiedene Salix-Arten und -Sorten) dienten dabei als Quelle für junge Zweige als Material für die Korb- und Möbelflechterei (Abbildung 8 Mitte). Da sich die Schnittmaßnahmen in kurzen Abständen wiederholen (müssen!), sind die hierbei entstehenden Wunden klein und können vom Baum gut verkraftet werden. Im Gegenteil, die regelmäßige Überwallung der vielen kleinen Schnittwunden führt sogar zu festen und pilzresistenten (dauerhaften) Stammköpfen. Diese Schnittmaßnahme hat also nichts mit dem Absägen der