Der Asket ist ein Freund dieses und jenes Gottes, dem geweiht, was wohlgetan ist.
5. Der Hengst des Windes, Freund der Orkane, angetrieben von Göttern – der Asket lebt in zwei Meeren, dem des Ostens und dem des Westens.
6. Er bewegt sich mit den Bewegungen der himmlischen Mädchen und Jünglinge, der wilden Tiere.
Langhaar liest in ihrem Geist, ist ihr Liebster, ihr entzückendster Freund.
7. Der Wind hat es aufgewühlt; Kunaṁnamā bereitete es für ihn. Langhaar trinkt aus der Schale, und teilt die Droge mit Rudra.
(nach Doniger O’Flaherty, 1981 : 137)
Diese Hymne ist nicht nur ihres Inhalts wegen bemerkenswert. Jeder der Verse steht mit einem der sieben Ṛṣis (Seher) in Verbindung, der sieben Sterne des Großen Bären oder Wagens (Ursa major), einem der heiligsten Sternbilder des alten Indien. Das Wort Muni selbst kann verwendet werden, um Ursa major zu benennen. Nach Griffith ist die Hymne auch eine Beschwörung, um einen Kranken ins Leben zurück zu rufen. Hier haben wir die früheste Assoziation von Schütteltrancen mit Reisen in die Imagination und der Manifestation von Göttern in oder um den Körper herum. Der Wind in diesem Gedicht ist nicht nur bewegte Luft, er ist auch ein Begriff zur Beschreibung des ekstatischen Rausches von Energie und Erregung, der Schütteltrancen und Besessenheit begleitet. Es sei angemerkt, dass unser Vipra nicht nur ein Verehrer, sondern ein Freund der Götter ist, der Apsarase und der Gandharvas. Dies ist bemerkenswert.
Im späteren Hinduismus sind die Apsarase eine Klasse von himmlischen Nymphen, die in Indras Himmel wohnen. Gelegentlich besuchen sie die Erde, um einen Seher in Versuchung zu führen oder einen König oder Helden zu heiraten. Gandharvas sind himmlische Jünglinge und überirdische Musikanten. In vedischen Zeiten waren beide viel unheimlicher. AV 4,38 gibt einen Zauberspruch wieder, der angewandt werden kann, um eine Apsarā zu beschwören, die das Glücksspiel fördert: Sie, die sich am Würfel erfreut, der Schmerz und Ärger bringt – die Frohlockende, die Entzückende: Jene Apsarā rufe ich hier an. Im AV 8,6 erfahren wir, dass die Gandharvas Kinder verschlingen und Ungeborene ermorden. Der Atharva Veda enthält mehrere Zaubersprüche und Hymnen, um sie zu exorzieren. Im AV 4,37 werden die Apsarase in einen Strom verbannt, während die Gandharvas von Indras Geschossen kastriert werden. Beiden wird gesagt, dass sie unter sich bleiben, einander heiraten und die Menschen in Ruhe lassen sollen. Die Situation ist unklar. In manchen Hymnen des AV werden die Apsarase und Gandharvas gefeiert und als göttliche Wesen gepriesen, in anderen erscheinen sie als Dämonen, Gestaltwandler, Menschenjäger und Bringer von Krankheiten. Was für eine Art von Freundschaft pflegt unser langhaariger Seher mit ihnen?
Wir haben auch einen Hinweis auf eine unbekannte Droge, die unser Ekstatiker von einer Göttin namens Kunaṁnamā erhielt. Ihr Name kann ‘Hexe’ bedeuten oder genauer gesagt ‘Bucklige’. Es gibt eine ganze tantrische Tradition, die einer Göttin namens Kubjikā gewidmet ist, der Gebogenen, Gekrümmten oder Gewundenen. Vielleicht ist Kunaṁnamā ihr Prototyp. Doch das ist sehr spekulativ, denn zwischen den beiden liegen mehr als tausend Jahre. Was für eine Art von Trank teilt unser Seher mit Rudra? Es war wahrscheinlich kein Soma, da Rudra von den Soma-Opfern ausgeschlossen ist. Ob unser Seher zur brahmanischen Orthodoxie gehörte, mag bezweifelt werden. Spiritualität wurde in vedischen Zeiten nicht nur von ernsthaften Opferpriestern ausgeübt, sondern auch von verrückten Asketen, die fröhlich am Rande der Gesellschaft lebten.
Kommen wir zum Schluss dieser Übersicht zu einem schwierigen Thema. In vielen Büchern wird frohgemut darauf hingewiesen, dass bereits in der vedischen und der darauf folgenden upaniṣadischen Periode der Begriff des Yoga vorkommt. Und dank dieser sorglosen Behauptung wird dann der moderne Yoga um mehrere tausend Jahre vordatiert. Es wird gern darauf hingewiesen, dass Yoga ‚Vereinigung‘ bedeutet – ein Wort, welches von dem Begriff für ‚Joch, Zusammen-Jochen, Anschirren, Sich-Verbinden, Gespann, Streitwagen, Wagenausrüstung, Kriegsfahrt‘ abgeleitet ist. Genau so ist es auch; nur dass die vedischen Elitekrieger mit ‚Yoga‘ keineswegs eine meditative Disziplin meinten. Das Verb *Yuj- bezog sich vor allem darauf, den Streitwagen zu bereiten, die Pferde anzuschirren und plündern zu gehen; Yoga bedeutete damals vor allem ‚Kriegsfahrt‘ oder ‚Eroberungsfahrt‘. Aber der Begriff hatte auch eine transzendente Bedeutung, die sich bis zum Hinduismus um die Zeitenwende hielt. Nach einem vorbildlichen Leben, reichlichen Opfern, freiwilliger Askese und großzügigen Geschenken an die Brahmanen gelang es manchen Elitekriegern und auserwählten Königen, direkt in den höchsten Himmel aufzufahren. Dazu war ein heldenhafter Kriegertod nötig, sowie in manchen Fällen die Zügelung (Dhārana) des Bewusstseins auf das heilige Wort Oṁ. Der Sterbende ‚jochte‘ sich an, das heißt, er raste mit seinem Streitwagen gen Himmel, wobei er den ‚Zügeln‘ (= Lichtstrahlen) der Sonne folgte. Dies war nicht das Ende der Reise: die Sonne musste ‚durchbohrt‘ werden. Dahinter lag das Reich des Mondes, oder Indras Himmel, und erst hier erhielt der Verstorbene einen semigöttlichen Status und, bei gutem Benehmen, ein permanentes Aufenthaltsrecht. Dabei wurde der Himmel nicht durchreist, sondern wortwörtlich erobert. Der ganze Vorgang wurde als ‚Yoga‘ bezeichnet: der Verstorbene ‚jochte‘ sich mit der Sonne zusammen, folgte dem Weg der Sonnenstrahlen und transzendierte diese. Eine detaillierte Zusammenfassung solcher Apotheosen findest Du in White Sinister Yogis. Solchen Sterbeszenen kommen mehrmals im Mahābhārata vor, zum Beispiel im ersten Buch, Kapitel 7, wo wir fünf vorbildlichen Königen bei ihrer hell entflammten Himmelsfahrt zusehen, und natürlich nach der großen Schlacht, in der z. B. der berühmte Kriegsmeister Droṇa in voller Sicht der Überlebenden leuchtend hell in seinem Streitwagen gen Himmel fährt. In der upaniśadischen Periode veränderte sich dieses Bild allmählich. Wir kommen bald dazu.
Bild 11
Frühe Yogīs
Oben: Steinstatuette, Madhya Pradesh, 13. Jahrhundert, 17,5 cm.
Wenn Du so aussiehst, dürftest Du es übertrieben haben.
Unten: Steinstatuette, Yogī, der ein Band zur Stabilisierung seiner Haltung verwendet. Tamil Nadu, 16. Jahrhundert.
Die Weltseele
In der frühen vedischen Epoche begegnen wir den ersten Wurzeln eines Phänomens, das zu einem grundlegenden Konzept im indischen Denken werden sollte. Es gab schon immer eine Menge Gottheiten, sowohl unter den Ārya als auch bei der einheimischen Bevölkerung, aber dies war nicht zu jedermanns Zufriedenheit. Manche Seher suchten nach einem vereinigenden Prinzip. Hier begegnen wir Prajāpati, Puruṣa und, etwas später, dem Konzept vom Ātman (Gonda 1960, 180-198). Prajāpati trat zunächst als Schöpfergott in Erscheinung. Der Ṛg Veda liefert mehrere verschiedene Schöpfungsberichte, ohne große Begeisterung und in seinem reichlich chaotischen letzten Buch, da in der frühen vedischen Epoche Schöpfungsmythen nicht viel zählten. Die Hauptsache war die richtige Durchführung der vielen verschiedenen Opferriten. Prajāpati beginnt als ein Gott, der mit Schöpfung, Fruchtbarkeit und den Genitalien in Verbindung gebracht wird. Er wird der Gott der Nachkommen und aller Geschöpfe genannt und angerufen, um Kinder zu gewähren. Dies war etwas zu simpel, also arbeiteten spätere Seher das Thema aus. Hier kommen wir in die Zeit der Brāhmaṇas, die ihn fast als höchste Gottheit feierten. In der Zeit vor dem Anfang war Prajāpati körperloses Bewusstsein. Er fühlte sich einsam und begehrte (kāma), sich zu vervielfältigen. Dies machte den Gott Kāma zu einem der ersten bekannten Götter. Es ist vor allem der Wunsch, der die Schöpfung motiviert. Prajāpati nahm Form an und erschuf die Welt aus sich selbst durch Sprache. Die Fähigkeit, Dinge zu benennen, brachte diese ins Dasein. Dieses Werk war der Göttin Vāc/Vāk (Stimme, Sprache) zu verdanken, die seine Gefährtin und Śakti ist. Das ist jedenfalls eine der Variationen, die in den frühen Quellen zu finden sind. Die Geschichte von Prajāpati wurde viele Male nacherzählt und umgewandelt. Üblicherweise ist Prajāpati der Schöpfer, der die Dinge aus sich selbst hervorbringt. Diese Emanationen schließen