Abb. 24: Anlage zum Gutachten des Baudirektors Lehmann, Lageplan der St. Antony-Hütte, 1801
Am 18. November 1800 kam es zu einem Ortstermin, den von preußischer Seite Baudirektor Lehmann wahrnahm, der in seiner anschließenden Stellungnahme die Angaben von Jacobi zum technischen Zustand der beiden Hütten bestätigte.124 Er konkretisierte, dass durch die Unterschiede die Hütte Gute Hoffnung etwa ein Drittel mehr Wasser benötige als St. Antony. Das Oberbergamt schlug Amalie Krupp daher vor, einen bereits bestehenden Damm für einen weiteren Teich zu nutzen und somit Wasservorräte für zwei Tage anzulegen, die einen Betrieb der Hütte sicherstellten. Diesen Vorschlag griff Krupp auf und ließ darüber hinaus einen weiteren Damm anlegen, der Sand und Schlamm von der St. Antony-Hütte aufhalten sollte. Am 6. Dezember 1802 beschwerte sich nun Jacobi über diesen neuen Damm, der dazu führe, dass sich Schlamm und Sand soweit aufstauten, dass sie das Wasserrad der St. Antony-Hütte still zu setzen drohten.125 Nur zu diesem Zweck hätte Krupp den Damm angelegt. Bei Überschwemmungen infolge starker Regenfälle wäre die sofortige Stilllegung der St. Antony-Hütte zu erwarten. Eine Einigung zog sich hin, da zunächst die Frage des exakten Grenzverlaufs zwischen den beteiligten Staaten zu klären war. Mehrfach erinnerte Jacobi bis Sommer 1804 an die Erledigung seines Anliegens. Letztlich dürfte er sich mit seiner Forderung, die Stauung des Bachs zu beseitigen, durchgesetzt haben.
Abb. 25: „Zeichnung über einen unterhalb der Antony Eisen Hütte befindlichen Weier“ aus den Prozessunterlagen 1800 bis 1802
Der Konflikt zwischen Krupp und Jacobi eskalierte in den folgenden Jahren mehrfach. Als 1803 das Reichsstift Essen an Preußen fiel, beantragte Amalie Krupp – allerdings erfolglos – die Übertragung des Rechts am Eisenerz im Essener Gebiet. Sie begründete den Antrag damit, dass die ehemalige Fürstäbtissin Maria Kunigunde, die nun als Privatier Inhaberin der Rechte am Erz sei, das Erz nicht in Preußen verhütten würde, sondern nach der Stilllegung der Hütte Neu-Essen auf der St. Antony-Hütte, also im ausländischen Vest Recklinghausen, verarbeite.126 Im Gegenzug ließ Jacobi 1805 heimlich Raseneisenerz auf der preußischen Seite der Grenze bei Dorsten abgraben.127 Im Duisburger Intelligenz-Zettel erschien daraufhin am 29. Januar 1805 ein „Publicandum“ des Königlich Preußisch Westfälischen Oberbergamts, in dem nochmals darauf hingewiesen wurde, dass nur die Hütte Gute Hoffnung das Recht habe, das Erz zu nutzen. 20 Reichstaler Belohung stellte man denjenigen in Aussicht, die Beweismittel zur Überführung von Tätern erbrachten, die Erz über die Grenze schafften. Anonymität wurde zugesichert.128 Zudem schwelte weiterhin der Streit um die Verschmutzung des Elpenbachs durch das Erzwaschen auf St. Antony.129
Abb. 26: Friedrich Krupp (1787 – 1826), Enkel von Helene Amalie Krupp und Gründer der Gussstahlfabrik in Essen, zeitgenössischer Scherenschnitt.
Den technischen Zustand der Hütte Gute Hoffnung beschrieb Eversmann 1804 als „nichts auszeichnend bemerkenswerthes“ und wies nur auf einen Temperofen und auf eine Schleifmühle hin. Deutlich betonte er die Nachteile der Hütte, die in einem zu schwachen Gebläse liegen würden.130 So wurde die Hütte Gute Hoffnung 1804/05, um gegenüber der St. Antony-Hütte konkurrenzfähig zu bleiben, dem aktuellen technischen Stand angepasst. Das alte und zu schwache Gebläse wurde durch ein Zylindergebläse ersetzt und ein neuer Hochofen mit neuem Hüttengebäude errichtet.131 Wieder kam es zu Streitigkeiten mit Jacobi. Er war in seinen Aktionen nicht zimperlich. Als im Herbst 1804 das neue Gebläse auf der Hütte Gute Hoffnung gebaut werden sollte, besuchte der extra hierzu angestellte Schreinermeister gemeinsam mit dem Platzknecht auf Einladung Jacobis die St. Antony-Hütte, um sich das dortige Gebläse anzusehen. Als sie dort eintrafen, setzten Jacobi oder seine Mitarbeiter sie jedoch gegen ihren Willen mehrere Tage auf der Hütte fest.132 Trotz dieser Einschüchterung bauten sie das neue Zylindergebläse in Sterkrade. 1806 folgten zwei weitere Gebläsezylinder, bei deren Bau Franz Dinnendahl (1775 – 1826) half,133 der die ersten Dampfmaschinen in der Region herstellte. Dieser berichtete in seinen Erinnerungen, dass er bereits 1803 bei Jacobi Teile für seine erste selbst konstruierte „Feuermaschine“ für die Zeche Wohlgemuth hatte gießen lassen.134
Als 1805 der neue Hochofen mit neuer Lehmformerei fertig war, war mittlerweile auch der Enkel von Helene Amalie, Friedrich Krupp (1787 – 1826), in die Arbeit auf Gute Hoffnung einbezogen und sammelte erste Erfahrungen im Eisenhüttenwesen. Am 27. Juni 1807 übertrug ihm Amalie Krupp die Hütte Gute Hoffnung für einen Betrag von 12.000 Reichstalern.135 Da dieser demnächst plane zu heiraten, solle ihm damit ein „ordentliches Auskommen“ verschafft werden. Im August 1808 heiratete er seine junge Braut Theresia Wilhelmi auf der Hütte. Noch 1807 hatte Hüttenverwalter Linnhoff die Hütte Gute Hoffnung verlassen. Friedrich Krupp verbesserte nun das Verhältnis zu Jacobi und intensivierte die Beziehungen zu Franz Dinnendahl, für den er 1806/07 einige Gussaufträge für Dampfmaschinen erledigte.136 Sie waren gedacht für eine Wasserhaltungs- und Fördermaschine der Zeche Sälzer & Neuack. Allerdings waren die Teile so mangelhaft, dass sie mehrfach gegossen werden mussten und schwierig zu verarbeiten waren.137 Dinnendahl beschwerte sich später, dass er „den Zylinder wegen der damals im Gießen großer Stücke noch unvollkommenen Eisenhütte zu Sterkrade fünfmal von neuem und dennoch in drei Stücken musste gießen lassen, ehe derselbe brauchbar war […]“.138
Noch 1807 übernahm Jacobi auf der St. Antony-Hütte dann von Krupp Aufträge für Dinnendahl zur Herstellung von Zylindern, Dampfröhren, Schachtpumpen und Kolben, die Krupp wegen Eisenmangels nicht mehr fertigen konnte. Jacobi wusste durch Qualität zu überzeugen. Auch als Friedrich Krupp im Sommer 1808 einen ▶ Kupolofen auf der Hütte Gute Hoffnung bauen ließ, kam er immer noch nicht an die Qualität der Erzeugnisse von Jacobi heran. Krupp stellte fest, dass „auch ich selbst gestehen muß, dass alles dasjenige, was ich dem Dinnendahl in Lehmguß geliefert habe nur Frack-Ware gegen dasjenige ist, was H. Jacoby ihm geliefert hat, ebenso in der Schönheit als in ihrer Schwere […]“.139 Neben diesen Maschinenteilen stellte die Kruppsche Hütte weiterhin vor allem Ballasteisen und Gewichte, Eisenplatten der verschiedensten Art, Gusswaren für den täglichen Bedarf wie Töpfe, Kessel und Pfannen sowie verschiedene Öfen her.140 Immer wieder wurde auch Munition produziert.
Frau Krupp ärgert die Haniels
Trotz aller Maßnahmen von Friedrich Krupp warf die Hütte Gute Hoffnung keinen Profit ab. So verzichtete er am 15. Mai 1808 zu Gunsten seiner Großmutter wieder auf sein Eigentum und Amalie Krupp stellte die Hütte im folgenden Jahr zum Verkauf. Der mangelnde ökonomische Erfolg sowie die fortwährenden Konflikte mit Jacobi dürften zu dieser Entscheidung beigetragen haben. Interesse an der Hütte hatten die drei Gesellschafter der St. Antony-Hütte und der Hütte Neu-Essen. Durch den Kauf wäre der wichtigste Konkurrent auf den Absatz- und Beschaffungsmärkten ausgeschieden. Doch wussten sie, dass sie mit der Witwe Krupp nur schwer handelseinig werden konnten. Franz Haniel schrieb in seiner Autobiografie, dass sie „mit jener alten Frau sehr in Hader [lagen] und diese wünschte daher ihre alte Hütte und Plunder zu verkaufen“.141
Franz und Gerhard Haniel kannten die Hütte Gute Hoffnung gut. 1793 waren sie vom befreundeten Handelshaus I. F. Hoffmann und Söhne in Rotterdam – einem Auftraggeber Pfandhöfers – eingesetzt worden, um die Arbeiten auf der Hütte zu kontrollieren. Hoffmann hatte Munition bei Pfandhöfer geordert, doch verzögerte sich die Lieferung. So bat er die Haniels, die Abwicklung seiner Aufträge