Tatort Gemeindebau. Manfred Rebhandl. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Manfred Rebhandl
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Триллеры
Год издания: 0
isbn: 9783854395836
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ned wahr! Wir haben zwar nur zwei Sender g’habt, aber genau deswegen war jede einzelne Sendung ein Highlight, verstehen S’! »Dalli Dalli« oder auch das mit dem Eierschädel, wie hat der schnell g’heißen, dieses heitere Beruferaten, das war lustig. Genau! »Was bin ich« hat das g’heißen. … Na und erst die Serien, die waren super damals! Kottan! Mundl! … Robert Lemke – so hat der g’heißen, der was das »Was bin ich« gmacht hat! Und »Ringstraßenpalais«. Mei, das war fesch. Die Leut damals, alle so … fesch, halt! Ned? Aber heute? Lauter Schmarren, wenn S’ mich fragen! »Vorstadtweiber«! Pfff! Was interessiert mich, wer da wann mit wem herumpudert! Wenn ich spechteln will, dann geh ich runter in die Waschküche und schau dem Bösel zu, wie er die Halina schnackselt. Der Depp glaubt, das weiß keiner! Dabei weiß es ein jeder im Bau, sogar die Sevgi, die was die Kopftuchtürkin im zweiten Stock ist. Wahrscheinlich weiß es sogar in Bösel seine Alte, aber die ist wahrscheinlich froh, dass er sie auslasst mit seiner Geilheit, der ausgschamte Haderlump der. … Wo war ich? Ach ja, das Fernsehen von heute! Schrecklich, ganz einfach schrecklich! Heute müssen S’ schon ein Mordstrumm Glück haben, wenn S’ einmal eine gscheite Sendung sehen wollen. Vor der Wahl zum Beispiel, da war so eine Dokumentation über den Jonas Franzl im ORF, die war gut, die hab sogar ich mir angschaut. Da hat der Androsch gredet und der Krimischreiberling, der Pittler! Kennen S’ den? Ned? Na, wurscht, ich kennert ihn ja auch ned, wenn er ned da im Reumannhof auf unserer Stiegen fünfzehn Jahr gwohnt hätt. Ganz nett eigentlich, aber immer eine furchtbare Frisur. Ich glaub fast … Was? Ah! Sie täteten gern anfangen! Na warum sagen S’ das ned gleich. Ich sitz da und wart wie bestellt und ned abg’holt, und Sie plauschen mich da nieder in einer Tour!

      Also, was wollen S’ wissen? Sagen S’ jetzt ned, Sie machen schon wieder so eine depperte Dokumentation über die Freaks im Gemeindebau, weil für so etwas bin ich nicht zu haben, dass das gleich einmal klar ist! Bitte, es stimmt schon, dass der Gemeindebau auch nimmer ist, was er einmal war, aber solchene Trottel, wie ihr Fernseh-Fuzzis immer aus uns macht, simma auch wieder nicht. Und als Hausmeister, bitte schön, hat man eine Verantwortung. Immer noch! Auch wenn’s nicht mehr so ist, wie’s früher einmal war.

      Früher war man als Hausmeister ja eine Respektsperson, bitte schön. Da hat der ganze Bau auf einen g’hört. Mein lieber Schwan, wenn ich beim Fenster außegschaut hab und nur kurz gschrien hab, eine Ruh is, dann war’s da still wie am Friedhof um Mitternacht. Und genau so g’hört es sich auch! Und wir haben nur astreine Mieter g’habt! Alles Mechaniker, Maurer, Tischler, Elektriker, Installateure! Ned solche windigen Gestalten wie heute, wo du keine Ahnung hast, was die eigentlich machen. So Programmierer, PR-Heinis oder Softwehrentwickler. Ich mein, was soll das überhaupt sein, eine Softwehr, ned wahr! Na ja, früher, da hat man halt noch ehrliches Geld mit ehrlicher Arbeit verdient, drum waren wir früher auch ned so im Oasch daheim wie heute. Mit die ganzen Banken und so, wissen S’ eh, Krise, sag ich nur. Früher war eine Bank eine Sparkassa. Da hat man einen Zehner einzahlt oder auch einen Zwanziger, und die haben das auf ein Sparbuch tan, und wenn man’s braucht hat, dann haben sie es einem wiedergegeben. Da wär keiner auf die Idee gekommen, das als Spielgeld für irgendwelche halbseidenen Gschichten zu nehmen. Aber gut, damals haben die Banken ja auch noch uns g’hört und ned wir den Banken. Das ist ja erst alles mit dem depperten Neoliberalis … was? Ah so, die Kamera rennt schon. Na, warum sagen S’ denn das nicht gleich! Warten S’, bin ich überhaupt gscheit frisiert? Ned, dass mir da irgendwo eine Meschen weghängt oder so. … Gut? Gut! Also, als Hausmeister hat man damals ja noch den Zins kassiert, ned wahr. Da sind die Mieter am Ultimo kommen und haben das Geld bar bei mir auf den Tisch legen müssen. Und da hat’s so ein kleines Zinsbüchl geben, und in das hab ich dann den Empfang quittiert. Stellen S’ Ihnen vor, ich hätt mich da einmal verzählt oder so etwas, der Hausinspektor hätt mir den Kopf abgrissen. Da hätt ich dann schön ausgschaut, mit die ganzen Kabeln, die da dann aus dem Hals außestehn, ned wahr! … Ah, das finden S’ ned lustig? Na gut, ich find auch viel ned lustig. Immer weniger eigentlich. Wenn ich allein schon bei unserer Hauswand heute raufschau, da seh ich diese ganzen depperten Sat-Schüsseln überall hängen. Echt abstoßend, sag ich Ihnen. Das hat ja alles kein Gsicht mehr, aber bitte, allerweil, das wär unsere einzige Sorg. Na wurscht. Jedenfalls hab ich immer in der Nacht vorm Ersten zigtausende Schilling bei mir im Brotladl liegen g’habt. Das war eine unvorstellbar hohe Summe damals. Andere wären da in Versuchung kommen. Aber bei mir hat’s nix geben! Als Hausmeister ist man quasi eine Amtsperson. Und eine Amtsperson, die ist unbestechlich. Also damals halt. Heut, na, das wissen S’ ja eh selber. … Aber egal. Was auch immens wichtig war, das waren die Waschmarken! … Ja, ja! Damals hast ned so einfach in die Waschküche runtergehen können und dein Zeug in die Trommel stopfen! Da hat Ordnung geherrscht, mein lieber Herr! Ich hab einen ganz genauen Plan g’habt, wer wann dran war. Und der hat sich dann pflichtschuldigst bei mir den Schlüssel zur Waschküche abholen dürfen und Waschmarken kaufen dürfen. Je nachdem, für was er es halt gebraucht hat. Unterwäsch oder so, das geht ja schnell, gell, da brauchst höchstens eine. Also Waschmarke, mein ich jetzt. Aber wennst deine Bettwäsch gwaschen hast oder, was weiß ich, Frühjahrsputz halt, da hast mitunter auch zwei oder sogar drei braucht. Na ja, jedenfalls hab ich darüber natürlich auch ganz genau Buch führen müssen.

      Und dann natürlich die eigentliche Hausmeisterei! Zweimal die Woche Stiegen kehren, einmal die Woche Stiegen waschen, einmal im Monat Fenster putzen. Lift kehren, das Grünzeug im Hof gießen. Schauen, dass die Kinderschaukel in Ordnung ist, und im Winter natürlich Schnee schaufeln, wenn’s gwesen ist. Glauben S’ mir, als Hausmeister wird dir nie fad. Und vor allem, wie gsagt, als Hausmeister bist ja auch eine Respektsperson, das heißt, du musst zwischen die Leut vermitteln, wenn’s irgendwo Probleme gibt, ned wahr. Früher, ja früher war das ganz leicht. Wir waren ja alle vom selben Schlag, da hat’s eigentlich gar keine Probleme geben. Hie und da sind einmal zwei unten im Wirtshaus aneinandergraten, aber da hat’s mich auch nicht braucht, weil zerst hat sie der Wirt außeg’haut und dann sind s’ eh von ihre eigenen Frauen birnt worden, weil s’ so blöd waren. So haben wir uns unsere Sachen eigentlich immer selber gregelt. So eine Gemeindebaubetreuung oder wie das neumodische Zeug da heute heißt, das die vom Rathaus uns da dauernd aufs Aug drücken wollen, das hätt’s damals nie gebraucht. Wir waren, wenn S’ so wollen, eine einzige große Familie, und da regelt man seine Probleme auch unter der Tuchent, also, Sie wissen schon, wie ich das meine. Man braucht keinen Richter, wenn S’ verstehen!

      Was? Ob das jetzt anders ist? Ja schon! Aber ned, wie Sie das jetzt vielleicht hören wollen. Ich kenn euch ja, euch Fernseh-Pülcher. Ihr dreht die Sachen immer gern so, wie ihr sie haben wollt. Aber das sag ich Ihnen gleich: dass es nimmer so ist, wie’s einmal war, das hat nix damit zu tun, dass da jetzt Türken und Jugos und Perser und, was weiß ich, Murlis wohnen. Das ist da ein Gemeindebau. Da hat’s immer schon alle Farben gspielt, bildlich gesprochen! Als ich da im Neunundsiebzigerjahr den Posten antreten hab, da hat’s oben im ersten Stock die Marek geben. Die hat immer noch böhmakelt wie der Maxi Böhm. Die Neziba von der Siemerstiegn, a so eine Kanaille. Gelt. Und der Swetoslawski, das war ein waschechter Pole. Der ist ein Jahr später kommen, direkt aus Krakau oder wo. Der ist damals abpascht wegen dem Kriegsrecht und so, was die g’habt haben in Polen droben. Der Swetoslawski, jöh, der war lustig. So einen Schnurrbart hat der g’habt. So einen, aber wirklich! Und ganz verwoahdagelt hat er Deutsch gredet. Ich komm siebene, wegen Wasch. Na und erst der Spasojević. Der hätt der Hausmeister sein sollen, sag ich Ihnen. War zwar aus einem Ort, den keiner aussprechen hat können, Wrschatz oder so, aber der war ein echtes Genie. Der hat alles reparieren können, vom Klo bis zum Automotor. Und wenn bei uns auf der Stiege einmal eine Glühbirn ausgfallen ist, dann hat die der Spasojević schon auf eigene Regie austauscht g’habt, bevor ich’s überhaupt gmerkt hab. Und von der Marek, die schon seit 1924 da gwohnt hat, hab ich gwusst, dass früher da auch noch Ukrainer und Rumänen, Slowaken und Juden und was weiß ich noch alles da gegeben hat. Also wir im Gemeindebau, wir waren immer schon eine kleine UNO, gell!

      Anders? Was soll da bitte heute anders sein? Nur weil die Neuen halt aus anderen Ländern kommen, geh bitte! Der Bösel, der Trottel, der is ein Stoasteirer. Des is aa ein anderes Land. Und verstehen tut man den mit seinem ewigen »Woul, woul« genauso wenig wie den Kümmeltürken im zweiten Stock. Ja, der ist schon ein wengerl streng, stimmt schon. Aber er weiß, was sich g’hört. Und immer ordentlich. Bitte, ja, die Sevgi, die was seine Frau ist, die hat er ein bisserl sehr an