Edith Kneifl (Hg.)
Tatort Gemeindebau
13 Kriminalgeschichten aus Wien
Falter Verlag
© 2016 Falter Verlagsgesellschaft m.b.H.
1011 Wien, Marc-Aurel-Straße 9
T: +43/1/536 60-0, E: [email protected], W: www.falter.at
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Keine unerlaubte Vervielfältigung!
ISBN ePub: 978-3-85439-583-6
ISBN Kindle: 978-3-85439-584-3
ISBN Printausgabe: 978-3-85439-573-7
E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH 2016
Die Handlung der folgenden Kurzgeschichten ist frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit lebenden oder verstorbenen Personen ist rein zufällig.
Inhalt
Andreas P. Pittler ~ Hausmasters Voice
Lisa Lercher ~ Die Tatort-Fini hat einen Verdacht
Erwin Riess ~ Brief an einen Floridsdorfer im Exil
Reinhardt Badegruber ~ Nackt und rasiert
Eva Holzmair ~ Das Wassermännlein
Manfred Rebhandl ~ « L’Ennui, c’est moi! »
Günther Zäuner ~ Ruf an! Sofort!
Sylvia Treudl ~ Die Stunde des Drachen
Reinhard Kleindl ~ Justin Sedlacek, Meisterdetektiv
Beatrix Kramlovsky ~ Im Tischtennisraum
Thomas Schrems ~ Hütet euch vor dem Karierten
Herausgeberin, Autorinnen und Autoren
Vorwort
»Du bist die Blume aus dem Gemeindebau«. Der bekannte österreichische Liedermacher Wolfgang Ambros setzte mit diesem wunderschönen Liebeslied dem Wiener Gemeindebau ein musikalisches Denkmal.
Aufgewachsen im Gemeindebau? Ja, einige der zwölf österreichischen Kriminalschriftstellerinnen und Kriminalschriftsteller, die ich einlud, Geschichten für diese Anthologie zu schreiben, sind in einer Gemeindewohnung aufgewachsen, manche leben noch heute dort. Vielleicht ist ihnen auch deshalb die Schilderung dieses ganz spezifischen Milieus so gut gelungen.
Das Rote Wien der Zwischenkriegszeit und der international vorbildliche kommunale soziale Wohnbau in Wien sind untrennbar miteinander verbunden. Begonnen hatte alles in den 1920er-Jahren. Der in Wien regierenden Sozialdemokratischen Arbeiterpartei gelang es, die verheerenden Lebensbedingungen der Arbeiterinnen und Arbeiter maßgeblich zu verbessern, indem sie 65.000 billige und hygienisch einwandfreie Gemeindewohnungen errichten ließ. Größter Wert wurde schon damals auf eine gute Infrastruktur gelegt. Lebensmittelgeschäfte, Büchereien, Kindergärten, gemeinsame Waschküchen und Grünflächen mit Kinderspielplätzen wirkten der Isolierung entgegen, stärkten den Gemeinschaftssinn.
Während des Februaraufstandes 1934 gegen die Ständestaatdiktatur wurden einige der festungsartig anmutenden Gemeindebauten vom Republikanischen Schutzbund dazu genützt, sich gegen die Angriffe der Polizei und des Bundesheeres zu verteidigen. Nach der Machtergreifung der Austrofaschisten und in der darauf folgenden NS-Diktatur erlosch die Bautätigkeit des Roten Wien. Kurz nach Kriegsende nahm die Stadt den kommunalen Wohnbau wieder auf und führt ihn bis heute fort.
Architektonisch passten sich die Gemeindebauten immer den jeweiligen gesellschaftlichen Verhältnissen an. Die klassischen Gemeindebauten der Zwischenkriegszeit wurden übrigens wegen ihrer oft pompösen Eingänge scherzhaft »Arbeiterbarock« genannt. Die typischen Hochhäuser und Hochhaussiedlungen in Fertigteilbauweise der späten Fünfziger- und Sechzigerjahre wurden als »Emmentaler-Architektur« verspottet und in den reicheren Siebziger- und Achtzigerjahren von Wohnhausanlagen mit schönen Terrassen abgelöst. »Ohne dich wär dieser Bau so grau«, sang Wolfgang Ambros damals und meinte damit seine Blume aus dem Gemeindebau.
Freuen Sie sich auf spannende und witzige Geschichten. Und wer weiß, vielleicht melden Sie sich nach der Lektüre sogar für eine Gemeindewohnung an?
Herzlichst,
die Herausgeberin Edith Kneifl
Wien, im September 2016
Andreas P. Pittler
Hausmasters Voice
Eine schwarze Geschichte
I.
Wer san Sie und was wollen Sie? Ah, vom Fernsehen! Gut, und was wollen S’ da von mir? Weil eins sag ich Ihnen gleich: wenn S’ wegen derer Gschicht da kommen, da sind S’ bei mir an der falschen Adress, weil dazu sag ich einmal aus Prinzip überhaupt nix, nur damit das klar ist. … Ah, eine Dokumentation machen S’. Na gut, wenn’s weiter nix ist, dann kommen S’ halt erst einmal rein.
Von welchem Sender sind Sie noch einmal? ATV? Nein? … Was? … Nie g’hört! Gibt’s den auf Kabel? Na wurscht, ich schau eigentlich eh nie fern. Zahlt sich nicht aus. Ich kenn das von der Pokorny ober mir. Hundert Programme und überall dasselbe. … Ja, ja, das ist mir klar, dass Sie das sagen müssen, von Berufs wegen quasi. Aber mir macht da keiner was vor. Früher, ja, da war Fernsehen noch was! Peter Frankenfeld zum Beispiel, kennen S’ den noch? »Musik ist Trumpf«! … Ah ned, na, da haben S’ echt was verpasst. Das waren noch Sendungen. Oder »Am laufenden Band« mit dem Dings, dem … was? Rudi Carrell! Genau! Der Edamer! Der war echt witzig! Also auch seine Sketche,