Wo war es während Eurer Tour besonders faszinierend?
Faszinierende Momente gab es natürlich reichlich: In erster Linie in den USA. Dieses Land, mit seinen abwechslungsreichen Nationalparks, mögen wir ganz einfach sehr. Toll war es auch ab Peru. Bolivien, Chile, eigentlich ganz Südamerika kam für uns recht spannend daher.
Inwiefern?
Die Andenstaaten mit ihren Hochländern, die einzigartigen Landschaften, das übte schon einen ganz besonderen Reiz auf uns aus. Peru mit seinen beeindruckenden Bergregionen samt atemberaubender Pässe, den großen Alpaka-Herden, dem einfachen Landleben und den bunten Märkten. Wir sahen über vier Wochen lang kaum einen Touristen. Das ist ursprünglich, ja abenteuerlich. Nordwest-Argentinien war grandios, mit der Ruta 40, der längsten Straße des Landes, meist in hervorragender Qualität, oft sehr einsam. Wir konnten überall wild zelten. Bolivien, die Lagunenrunde um den größten Salzsee der Erde, den Salar de Uyuni, der Lago de Colorado (rote Farbe), die Vulkane, die Flamingos und die bunten Berge mit der Wüste der sieben Farben. Einzigartig. Unvergessen bleiben uns die Wüstenzeltnächte am Lagerfeuer, der sternenklare Himmel darüber, die unglaublichen Ausblicke auf die schneebedeckte Andenkette. Chile mit seiner Carretera Austral: Eine 1.200 Kilometer lange, größtenteils nicht asphaltierte Straße durch urige Wälder, vorbei an Gletschern, Fjorden, Wasserfällen …
Welche Vorteile barg das Zelten vor allem für Euch?
Wenn das Wetter passte, gab es fast nichts Schöneres, als in der Wildnis zu sein, Essen über dem Feuer zu kochen, eine sternenklare Nacht zu erleben, im Hochland, in den Bergen, viel klarer als über tiefer gelegenen Städten. Das war besonders in den Wüsten beeindruckend, in vollkommener Stille. Wir dachten dann oft an das gestresste Europa. Wir lieben die Unabhängigkeit: Wir aßen, wann wir wollten, hatten unsere eigenen Schlafutensilien, ja, wenn man so will, unseren eigenen Dreck – nicht jenen anderer Leute.
Nach welchen Kriterien habt Ihr Eure Übernachtungsplätze ausgewählt?
Wenn wir unter freiem Himmel campierten, war Sicherheit für uns ein wichtiger Faktor. Wir achteten stets darauf, dass unser Zeltplatz – wenn möglich – nicht von der Straße einsehbar war, um die Gefahr eines Überfalls zu verringern. Außerdem war es natürlich von Vorteil, einen See, einen Fluss oder zumindest einen Bach in der Nähe zu haben – einfach der Hygiene wegen. Die Kleidung war vom Schweiß verklebt, wir wollten uns schon jeden Abend gut waschen können. Und natürlich benötigten wir auch gutes Wasser zum Kochen und Spülen.
Und wenn das nicht möglich war, beispielsweise in sehr trockenen Gebieten?
Dann versuchten wir, uns möglichst vorab mit reichlich Wasser zu versorgen. Es funktionierte schon auch mal, sich mit einer gut gefüllten Wasserflasche zu waschen. Übrigens: Ab einer Höhe von 3.000 Metern schwitzten wir nicht mehr.
Wie wichtig war Euch die Kleiderwäsche? So viel hattet Ihr schließlich auch in dieser Hinsicht nicht dabei.
Wir machten es halt so gut es ging. Einige Male duschten wir auch in voller Montur, um gleich alles auf einmal sauber zu bekommen.
Glückliche Alpakas, Peru.
Exklusiver Outdoor-Waschplatz, Peru.
Was war sonst noch wichtig, wenn es auf die Suche nach einem geeigneten Schlafplatz ging?
Bis 16 Uhr wollten wir immer einen gefunden haben. Denn bis das Zelt aufgebaut und genug Brennholz gesammelt war, vergingen schon zwei, drei Stunden. Das sollte alles erledigt sein, bis es dunkel wurde. Und wir wollten immer bei noch halbwegs gutem Tageslicht Abendessen. Die Suche war von den klimatischen Bedingungen abhängig. Im Hochland Perus wurde es schon ab 4 Uhr nachmittags ziemlich kalt, bis minus 15 Grad. Das wäre dann fast zu spät gewesen, um mit der Suche nach einem Übernachtungsplatz zu beginnen. Bis zum Sonnenuntergang um zirka 18 Uhr wollten wir alle anfallenden Arbeiten wie Zeltaufbauen, Körperhygiene, Kochen, Essen und womöglich auch noch Feuerholz Sammeln hinter uns haben. Ohne Feuer wurde es bitterkalt, so dass wir schon um halb sieben Uhr in den Schlafsack kriechen mussten. Anhand eines Kompasses versuchten wir, unser Zelt immer so zu platzieren, dass wir morgens schon die ersten Sonnenstrahlen abbekamen. Mithilfe von Höhendiagrammen hielten wir unseren Schlafplatz niedrig, da man auf über 4.000 Metern meist sehr viel schlechter schläft. Wir wollten aber auch vermeiden, in der morgendlichen Frische gleich bergab fahren zu müssen – lieber erst ein wenig warmstrampeln. Freilich gab’s auch die exakt gegensätzlichen Bedingungen: In Zentralamerika stiegen die Temperaturen um die Mittagszeit oft bis auf 40 Grad im Schatten an. Mit dem ersten Tageslicht um 5 Uhr ging’s auf die Strecke, um 11 Uhr machten wir meist Schluss. Da die Gegend zu dicht besiedelt ist und zelten aufgrund der erheblichen Kriminalität für uns ohnehin nicht infrage kam, suchten wir uns meist Unterkünfte, die über einen Ventilator oder, noch besser, über eine Klimaanlage verfügten. Gegen einen Swimmingpool hatten wir natürlich auch nichts einzuwenden.
Unverzichtbares Utensil für Volkers Höhenprofile.
Woher hattet Ihr die Höhendiagramme?
Aus dem Internet unter www.perfilderuta.es. Da gibt es zwei Seiten. Eine funktionierte, die andere nicht. Unser absolviertes Höhenprofil zeichnete ich (Volker) Abend für Abend in unser Reisetagebuch.
Auf wie viele Höhenmeter nur bergauf kamt Ihr am Ende?
Auf 250.000, also auf 250 Kilometer.
Für den Fall, dass kein Brennholz aufzutreiben war, hattet Ihr einen Campingkocher dabei.
Sogar zwei, einen mit Gas, einen mit Benzin gefüllt.
Als Reserve, wenn einer ausfiel?
Eher aus Kostengründen und weil nicht überall Gas zu bekommen war. Eine 400-Gramm-Gasfüllung kostete acht Euro, die gleiche Menge Benzin 30 Cent.
Wo war es mit dem Brennholz schwierig?
In ganz Peru. Oder auch in Kanada. Da hätte es zwar reichlich davon gegeben, war aber zu nass und qualmte nur. In den Wüstengegenden Argentiniens war es dagegen spitze: viel trockenes Brennholz, ideal.
War alles für die Nacht erledigt, blieb womöglich auch viel Zeit, um beispielsweise in einem Buch zu lesen. Doch Ihr hattet keines dabei. Warum nicht?
Aus Gewichtsgründen. Jedes Gramm wog bei dieser Tour doppelt schwer. Es wäre ganz einfach zu belastend gewesen.
Ihr hättet also schon ganz gerne das eine oder andere Buch dabei gehabt?
Ja und nein. Auf der einen Seite verspürten wir schon ab und zu die Lust, zu lesen. Allerdings gingen wir während der Tour meist früh schlafen, weil wir von den vielen Eindrücken und den körperlichen Belastungen immer ziemlich müde waren. Wir konnten jedenfalls fast immer zwölf Stunden ganz gut durchschlafen (beide schmunzeln).
Der dicke Radführer war der einzige „Literatur“-Luxus, den Ihr im Gepäck hattet?
Auf dem Weg nach Sorata in den Anden, Bolivien.
Wir hatten auch einige Reiseführer und eine Menge Landkarten dabei. Wenn wir eine Region hinter uns gelassen hatten, rissen wir die entsprechenden Seiten raus – einfach, damit wir wieder ein paar Gramm weniger mitschleppen mussten. Wir sind da zwar nicht so extrem drauf wie