Wie angelt man sich einen Prinzen?. Rachel Hauck. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Rachel Hauck
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Религия: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783865068774
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Hause angekommen war, war sie zuerst fest entschlossen gewesen, die Papiere zu unterzeichnen. Darum war es doch bei dem Umzug nach Melbourne gegangen: um einen Neuanfang, darum, ihr Leben in die Hand zu nehmen und zu gestalten. Oder nicht?

      Wie konnte sie neu anfangen, wenn sie nach wie vor an ihn gebunden war? Sie betete um Mut, während sie darauf wartete, dass er anklopfte. Aber als er eintrat, war ihr plötzlich die Idee mit Carlos gekommen, und dann hatte sie nicht mehr davon ablassen können.

      Sie wischte sich die Augen mit dem Saum ihres Oberteils. Ihre Bitte bedauerte sie kein bisschen. Ihre kleine Ansprache an Stephen war direkt aus ihrem Herzen gekommen, und es fühlte sich gut an, sich dieser Last entledigt zu haben.

      Sie brauchte Stephens Gnade nicht. Er brauchte die ihre. Was war also dabei, wenn ihre Forderung sie noch für ein paar Wochen – oder Monate, oder Jahre – länger mit ihm verband? Ihre Familie würde endlich einen Abschluss finden. Frieden. Die Chance, wieder die Del Reys zu sein. Immer zusammen. Immer lachend.

      Corina setzte sich auf den hölzernen Adirondackstuhl. In solchen Momenten vermisste sie den weisen, wenn auch in aller Regel sehr vorwitzigen Rat ihres Bruders. Sie vermisste seine unerschütterliche Zuversicht. Sein dröhnendes Lachen.

      Aber heute Abend vermisste sie am meisten das, was mit Stephen hätte werden können. Carlos war immer ihr bester Freund gewesen. Sie hatte sich nie vorstellen können, dass jemand seinen Platz einnehmen könnte. Bis sie Stephen kennengelernt hatte.

      Sein mutiges, keckes Selbstvertrauen hatte sie für ihn eingenommen … Nun ja, zumindest so nach und nach. Corina lächelte, als sie daran dachte, wie Stephen in einem Management-Seminar hinter ihr saß und sich andauernd zu ihr vorbeugte, um ihr Fragen ins Ohr zu flüstern. Als ob er tatsächlich ihre Hilfe gebraucht hätte. Aber er war ein Schürzenjäger. Ein unverfrorener, charmanter Schürzenjäger.

      Als sie dann seinem ausdauernden Werben nachgab und sich mit ihm verabredete, verlor sie ein Stück ihrer selbst an ihn. Er wurde zu ihrem Seelenverwandten, ihrer wahren Liebe. Weit mehr als ein bester Freund.

      Aber das Leben hatte anderes mit ihr vor.

      Corina drückte sich aus dem Stuhl hoch, ging hinein und ließ ihre Gedanken auf dem Balkon zurück. Sie fischte ihr Telefon aus der Handtasche und wählte die Nummer von Daisy, ihrer besten Freundin seit der Junior High, die inzwischen verheiratet war und zwei prächtige kleine Mädchen hatte.

      Aber sie beendete den Anruf, noch bevor die Verbindung zustande gekommen war. Im Grunde war ihr gar nicht nach Reden zumute. Und Gespräche mit Daisy waren stets mit den Zwischenrufen ihrer Kinder gewürzt.

      Corina warf ihr Telefon aufs Bett und ging durch den mysteriösen Duft von Stephens Rasierwasser, der immer noch in der Luft hing, zum Kleiderschrank in der Ecke ihres Schlafzimmers. Oder spielte ihr da ihre Vorstellungskraft einen Streich? Als er im Auslandseinsatz war, hatte sie sein Kopfkissen nicht gewaschen, damit sie seinen Duft beim Einschlafen noch einatmen konnte.

      Aber das war lange her. Eine Geschichte aus dem Märchenbuch. Corina stellte sich vor den antiken Kleiderschrank, der einst ihrer Ururgroßmutter mütterlicherseits, Thurman, gehört hatte, gekauft im Jahre 1910 in Frankreich.

      Corina knipste die Stehlampe an und öffnete die geschnitzten Türen. Dann schob sie ihre Pullover beiseite und fand den Eisenring an der Rückwand, der ein Geheimfach öffnete. Hatte sie nicht nach ihrer letzten Reise nach Brighton etwas hier hineingelegt? Als Stephen sie abgewiesen hatte?

      In dem gedämpften Licht fand sie den Umschlag. Den Umschlag, den sie dort hineingestopft hatte, nachdem sie in diesem verhängnisvollen Januar vor über fünf Jahren aus Brighton zurückgekehrt war.

      Noch einen Monat zuvor war sie so glücklich gewesen, hatte sich auf ein freudiges, glückliches Weihnachtsfest zu Hause gefreut. Ihr süßes Geheimnis, eine verheiratete Frau zu sein, hatte nicht gerade wenig zu ihrem ganz eigenen Privatvergnügen beigetragen.

      Carlos Geschenke waren lange im Voraus in die Post gegeben worden. Und Corinas private Geschenke waren zu Stephen unterwegs.

      Sie hatten vor, in den frühen Stunden des Weihnachtsmorgens miteinander zu skypen. Oh, wie heiter und warm hatte sie sich mit dem großen Schatz ihres Geheimnisses gefühlt. Der Traum einer Liebenden.

      Aber der Anruf über Skype blieb unbeantwortet. Ebenso wie die Karte, die die Familie an Carlos geschickt hatte.

      Was vielleicht wie eine harmlose Kleinigkeit aussah – immerhin hatten sie sich schon vorher manches Mal verpasst, wenn sie telefonieren wollten – war zu einem abscheulichen Albtraum geworden, von dem Corina glaubte, sie würde nie wieder daraus aufwachen.

      Sie griff in das Geheimfach und zog den Umschlag heraus. Dann ging sie auf den Balkon. Vermutlich sollte sie das vermaledeite Ding einfach in den Fluss werfen. Gut, das Ufer war beinahe einen halben Kilometer entfernt. Egal. Das wäre dann eben ein symbolisches Wegwerfen. Eine Metapher dafür, dass sie das letzte Bisschen Stephen aus ihrem Kopf und aus ihrem Herzen tilgte.

      Sie zog die Hand zurück und fragte sich, wie weit sie den leichten Umschlag wohl werfen könnte. Bei ihrem Glück würde er vom Wind erfasst und auf Mrs. Davenports Balkon geweht werden.

      Corina ging zu ihrem Bett zurück und schüttelte den Inhalt heraus.

      Eine Grußkarte. Ein Zeitungsausschnitt. Der Kronkorken einer Limonadenflasche. Und ein dünnes, seidiges rotes Bändchen.

      Corina nahm die Karte in die Hand. Mit dem Finger strich sie über die Umrisse einer sittsamen Braut aus dem Jahre 1900, die ein Kleid mit einem hochgeschlossenen Kragen und einen langen, fließenden Schleier trug. Ihre glänzenden Locken kräuselten sich um ihre Porzellanwangen, während sie ihren umwerfenden, dunkelhaarigen Bräutigam mit blauen Augen anstrahlte.

      Und sie glitt in die Erinnerung hinein.

       »Er sieht aus wie ich«, sagte Stephen, der die Karte aus dem Ständer pflückte.

       »Ja, aber sie sieht nicht aus wie ich.«

       »Perfekt, die Karte ist genau richtig für dich. Damit du dich an mich erinnerst.« Er zog sie an sich und küsste sie leidenschaftlich und liebevoll. Was der Ladenbesitzer, der die ganze Szene beobachtete, sich dabei dachte, kümmerte ihn nicht. »Ich werde meine eigenen Erinnerungen an dich haben.« Sein durchtriebenes Grinsen zeigten ihr ganz eindeutig, welche Sorte Erinnerungen er in sich wachhalten würde, und sie errötete.

       »Stephen, pssst …«

       »Was denn? Du bist meine Frau. Meine Erinnerungen werden mich durch meinen Einsatz bringen. Ich bin froh, dass sie meine Erinnerungen sein werden, ganz allein meine. Keiner wird mich fragen können ›Was macht die Werteste?‹ Wenn ich ein dämliches Grinsen im Gesicht trage, werden sie einfach denken, ich hätte zu viel Eintopf gegessen.«

       »Na, na, so viel Lob. Da komme ich doch tatsächlich gleichauf mit deiner Vorliebe für Eintopf.« Corina boxte ihn sanft auf die Schulter, lachte, errötete wieder. »Ich werde auch meine privaten Erinnerungen haben. Aber die Karte nehme ich trotzdem. Sie ist so schön. Und ein Souvenir an unsere Hochzeitsnacht in Hessenberg.«

       »Es tut mir leid, dass wir nicht mehr machen können, Liebes«, sagte Stephen. »Aber wenn ich von dem Einsatz zurück bin, bringen wir die Heirat mit Dad und dem Parlament in Ordnung. Du suchst dir einen Ring aus den Kronjuwelen aus. Dann machen wir ein ordentliches Fest, das einem Prinzen und seiner Prinzessin angemessen ist.«

       »Aus all dem mache ich mir nichts. Das weißt du doch, oder? Solange ich ganz die deine bin.« Sie küsste ihn mit brennender Liebe. »Ist das alles wahr? Du gehörst ganz mir?«

       »Sehr wahr. Du hast mein Herz gefangen, Liebes, und wir haben das ganze Leben vor uns, um Erinnerungen zu schaffen.« Er segnete ihre Schläfe mit einer leichten Berührung seiner Lippen. »Aber bis dahin hast du die hier als kleine Gedächtnisstütze.« Stephen hielt die Karte hoch