SOKO bizarr. Axel Hildebrand. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Axel Hildebrand
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Триллеры
Год издания: 0
isbn: 9783944180946
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hat er den nie. Aber sein Vater meinte damals beim Auszug, dass man sowas haben muss.

      „Nimm mal mit, Junge.“

      Jetzt braucht Benjamin das Ding auch. Und zwar dringend. Kein Auge würde er mehr zukriegen, solange er nicht weiß, was hinter dieser alten Tür ist.

      Es knackt sehr laut. Splitter fliegen. Dann geht alles ganz einfach.

      Benjamin muss nicht Tausend rostige Nägel entfernen. Nur einen kleinen Schnappriegel.

      Die Scharniere der Tür sind bestens geschmiert. Quietschen nicht mal. Kein Wunder – da liegt eine Dose Sprüh-Öl, die er seit Längerem schon vermisst.

      Und hinter der Tür sieht Benjamin jetzt eine Kammer. So um die 2 Quadratmeter. Auf dem Boden eine Matratze. Etwas stinkig, aber sonst sauber. Dazu Decken und Kissen. Und ein Wandregal mit Konservendosen.

      Beleuchtet von einer Lampe, die Benjamin gerade angeknipst hat.

      Damit wäre mal geklärt, woher der Lichtstreifen auf dem Film kam.

      Ansonsten ist hier gar nichts geklärt.

      Benjamin steht zitternd da und langsam sickert in seinen Verstand die Erkenntnis, dass hier jemand wohnt.

      Und zwar schon seit seinem Einzug. Vielleicht schon seit Jahren.

      Zwar ist der Raum kleiner als eine Gefängniszelle – aber irgendwer hat sich hier eingenistet! Wie eine Zecke im Fell von Katzen!

      Hinter Benjamins Beinen erscheint jetzt Raimund. Er streicht kurz an Benjamins Hose vorbei und legt sich dann auf das Bett – also vielmehr die Matratze.

      Schnurrend.

      Damit wäre dann auch geklärt, was Raimund so tagsüber tut. Auch ohne Kamera.

      Offen ist weiterhin: Wo geht der geheimnisvolle Katzenbetreuer eigentlich aufs Klo?

      Die Antwort ist leider ziemlich zwingend: In der Wohnung natürlich.

      Und weil dieser winzige Raum keine Verstecke bietet, gibt es auch nicht viele andere Möglichkeiten, wo der Mitbewohner jetzt gerade ist. Sebastian umklammert das Brecheisen und dreht sich um.

      Gerade ist im Bad der Spülknopf gedrückt worden …

      FEUER

      „Der arme Mann brennt. Der reiche Mann brennt. Frauen brennen. Kinder brennen.

      Hunde und Katzen. Alle brennen.

      Feuer macht keine Unterschiede.

      Feuer ist gerecht.

      Wenn man also ein Feuer legt, dann hilft man eigentlich nur dem Schicksal nach.

      Hey, Moment! Gerechtigkeit im Tod hat ja wohl nichts mit dem Schicksal zu tun, könnte man jetzt einwerfen.

      Aber auch die Nörgler und Besserwisser brennen.

      Alle gleich. Alle Asche am Ende.“

      Holger sitzt am Küchentisch und schreibt. Seine Hand saust über das Papier. Der Kugelschreiber schmiert.

      „Alles brennt.“

      Holger hängen die Haare ins Gesicht. Er hält inne. Starrt auf das Papier. Die Seite ist voll. Holger nimmt das Blatt und legt es auf einen Stapel zu den anderen. Der Stapel ist ziemlich groß. Mindestens 300, 400 Blatt liegen da schon.

      Man bekommt eine ungefähre Idee, womit Holger seine Freizeit verbringt.

      Irgendwo draußen wartet Melanie auf den Bus. Der Wind pfeift und das kleine Bushäuschen ist an der einen Ecke angekokelt und in der anderen Ecke vollgekackt. Also steht sie lieber draußen im Wind.

      Es wird noch – wenn sie Glück hat – etwa eine Viertelstunde dauern, bis sie im Warmen sitzen kann. Bis der Bus – der Lumpensammler – seinem Spitznamen gerecht wird und die letzten Heimkehrer einsammelt.

      Und wenn Melanie Pech hat, dann ist irgendwas mit dem klapprigen Scheißding. Dann steht er im Depot. Oder wenn der Fahrer krank ist. Oder was auch immer. Der letzte Bus ist schon oft nicht gekommen. Und wenn doch, dann zu spät. Also wird Melanie noch eine Weile frieren.

      Aber so ist das eben, wenn man die gute Landluft dem städtischen Feinstaub vorzieht und preiswerter wohnen will. Für Melanie ist das okay. Sie kriegt ja auch ihren Führerschein nächsten Monat wieder und dann ist die Welt auf dem platten Land wieder schön.

      Bis man das nächste Mal eingeladen wird, 30km weg von zu Zuhause, und entweder nichts trinkt oder riskiert, dass man wieder einen Monat Bus fahren darf.

      Melanie beschließt, weniger zu trinken.

      Irgendwann beschließt sie, gar nichts mehr zu trinken. Denn ihr ist so kalt und der beschissene Bus lässt sich immer noch nicht blicken.

      Und obwohl ihre Nase schon fast taub ist vor Kälte, riecht sie jetzt etwas. Etwas, das sich aus dem Pisse-Kokel-Geruch des Bushäuschens schält: Feuer!

      Melanie dreht sich um und sieht – gar nicht weit weg – eine alte Scheune, aus der Rauch aufsteigt.

      Na toll.

      Melanie überlegt, ob sie hingehen soll.

      Oder auf den Bus warten.

      Menschenleben retten.

      Bus.

      Harte Entscheidung um die Zeit.

      Dann läuft sie doch los.

      Netz hat ihr Handy nicht. Aber im Haus neben der Scheune brennt Licht und da wird es ja wohl ein gutes, altmodisches Festnetztelefon geben.

      Hoffentlich.

      Als Melanie die Scheune erreicht, sieht man die Flammen schon hinter den Fenstern. Also eher Fensterrahmen – denn Glas gibt es hier nicht. Hat es vermutlich auch nie gegeben. Das soll auch richtig so sein, hat ihr Opa mal erzählt, weil dann der Luftzug dafür sorgt, dass das Heu nicht schimmelt über den Winter.

      Melanie sieht, dass da dringend Handlungsbedarf ist und klingelt beim Haus.

      Klingelt Sturm.

      Dann endlich geht die Tür auf. Ein Mann – mit ein, zwei Flecken vom Essen der letzten Tage auf dem Hemd – steht vor ihr.

       Ja?

       Es brennt!

       Wo?

       In Ihrer Scheune! Los, los! Feuerwehr rufen!

      Der Mann nickt und geht zurück ins Haus. Die Tür geht vor Melanies Nase zu.

      Sie weiß nicht genau, was das soll. Der Typ muss ihr ja jetzt nicht einen heißen Tee anbieten oder sich auf Knien bedanken. Aber wenigstens aufwärmen wird sie sich ja wohl dürfen.

      Wohl nicht. Die Tür ist zu.

      Und als Melanie sich umdreht, sieht sie gerade noch ihren Bus.

      Schön. Danke.

      Melanie klingelt wieder.

       Hier draußen ist es sehr, sehr kalt!

      Keine Antwort.

      Und nochmal klingeln.

       Ich erfriere und das ist unfair, weil ich gerade Ihre doofe Scheune gerettet habe. Und wenn nicht die, dann das Haus. Weil die Flammen sicherlich übergreifen werden. Halllloooooooooo?!

      Da geht die Tür wieder auf.

       Was wollen Sie?

       Mich aufwärmen!

       Hier?