Der Aufstieg von Atlantis. Daniel Whitmore. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Daniel Whitmore
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Научная фантастика
Год издания: 0
isbn: 9783948397258
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sagtest du auch, als ich bei den Pionieren angefangen habe,erwiderte Valentina.

      Ja, aber du lernst auch ständig dazu, was den Umgang mit anderen angeht. Das stimmte zum Glück. Valentina fiel es mittlerweile wesentlich einfacher, sich in die gesellschaftlichen Normen einzufügen, als es noch vor einem Jahr der Fall gewesen war. Sie fragte sich nur, wie viele Leute sie noch vor den Kopf stoßen würde, bis sie genug gelernt hatte. Diejenigen, die ihre Vergangenheit kannten, verziehen ihr zum Glück relativ schnell und hatten Verständnis, doch solange sie sich nicht anpasste, würde sie immer die Außenseiterin bleiben. Es war ihr zwar egal, ob sie viele Freunde hatte oder nicht, aber so vieles war einfacher, wenn sie sich nicht ständig überall Feinde machte.

      Mit einem leichten Ruck setzte das Shuttle schließlich auf dem Boden auf und die Tür im hinteren Bereich entriegelte sich.

      „Wir sind da“, stellte Hector überflüssigerweise fest. Valentina schnappte sich ihre Tasche, in der die meisten ihrer Habseligkeiten waren und Hector nahm die zweite. In beiden zusammen war alles, was Valentina je besessen hatte. Als sie noch ein Mensch war, hatte sie nicht viel gehabt. Was sollte eine fast völlig gelähmte Person auch mit Besitztümern anfangen? Und auch als sie dann eine Atlantin geworden war und sich wieder bewegen konnte, hatte sich das nicht wirklich geändert. Bis vor wenigen Monaten waren sie schließlich ständig auf der Flucht gewesen. Jeder Atlantae war mit leichtem Gepäck unterwegs gewesen. Für viel mehr war auf den Schiffen nie wirklich Platz gewesen. Selbst nachdem sie ihre Wohnung auf Atlantis bezogen hatte, hatte sie spartanisch gelebt. Die meisten Sachen dort hatte sie für ihre Arbeit als Pionierin gebraucht und hatten dazu gedient, Dinge zu untersuchen und zu analysieren. Da das auch ihr Hobby gewesen war, kam abgesehen von einem Pad nicht viel an persönlichen Dingen dazu.

      Welches Quartier ist denn meins?,fragte Valentina Galizia.

      Deck zwei. In Richtung Brücke und dann kurz vorher rechts weg,beschrieb sie ihr den Weg in ihr Quartier. Valentina hatte sich den Bauplan der Lutin ganz genau eingeprägt. Sie wollte gut vorbereitet sein, wenn sie bald das Kommando übernahm. Wenn sie schon nicht mit Sozialkompetenz oder anderen Führungsqualitäten protzen konnte, wollte sie es zumindest mit Wissen tun. Sie kannte jeden Raum der sechs Decks und wusste, wo was war. Nur die Info, wem welches Quartier zugeteilt worden war, fehlte ihr noch. Die Raumaufteilung war bei jeder Korvette des Typs Artemis gleich, doch die Lutin hatte ein paar Veränderungen erfahren. Die unteren Quartiere auf Deck fünf waren verschwunden und hatten einem komplett eingerichteten wissenschaftlichen Labor Platz gemacht. Der kleinere Lagerraum auf Deck zwei war gefüllt mit Vorräten und Ersatzteilen, und der größere Lagerraum auf Deck fünf war für alles reserviert, was sie eventuell auf ihrer Reise finden und mitnehmen würden. Zuletzt waren noch die Waffendecks, die an den Hangar anschlossen, so weit wie möglich verkleinert worden, um Platz für die Kommunikationssatelliten zu schaffen. Jeder Quadratzentimeter der Lutin wurde nun bestmöglich genutzt, um die ganze zusätzliche Technik unterzubringen. Von Hector hatte Valentina erfahren, dass der Schiffskonstrukteur Talon eigentlich einige der Waffensysteme aus dem Schiff hatte entfernen wollen, doch der König und der oberste General hatten dem vehement widersprochen. Beide wollten offenbar nicht, dass ein Schiff mit Atlantae an Bord in irgendeiner Form wehrlos war. Stattdessen war das Schiff so weit wie möglich mit modernster Technik aufgerüstet worden, damit es trotz der ganzen zusätzlichen Ansprüche kein bisschen seiner Kampfkraft verlor. Die Lutin war zwar nun offiziell ein Forschungsschiff, aber sie stellte im Notfall immer noch gut ein Zehntel der Kampfkraft der atlantischen Kriegsflotte. Valentina hatte selbst zwar in der letzten Schlacht vor ihrer Flucht von der Erde mitgekämpft, aber sie hatte den Sinn von Waffen noch immer nicht ganz verstanden. Sie verstand weder, warum jemand sein Leben für irgendetwas wegwerfen sollte noch warum man jemanden für irgendeinen Zweck töten sollte. Für sie gab es nur einen Grund zu kämpfen, und zwar, um nicht selbst zu sterben. Vielleicht lag es daran, dass sie selbst dem Tod jahrelang so nah gewesen war. So häufig war sie nachts dagelegen und hatte gespürt, wie ihr Körper gegen sich selbst kämpfte. Sie wollte nie wieder die Berührung des Todes spüren, aber das hielt sie auch nicht davon ab, Risiken einzugehen, um das Leben zu greifen und es jeden Tag aufs Neue zu erfahren.

      „Da sind wir“, riss die Stimme ihres Bruders sie aus ihren Gedanken. „Das ist deine Kabine.“ Die Tür glitt auf und Valentina trat in ihr neues Zuhause. Ihr Quartier war ziemlich geräumig, dafür, dass Platz auf der Lutin im Moment Mangelware war. Auf dem Weg vom Mars nach Atlantis hatte Valentina in einem ähnlichen Quartier gewohnt, nur hatte sie sich es mit sechs anderen Atlantae teilen müssen. Doch das einzelne Bett, das in der Wand eingelassen war, zeigte deutlich, dass sie hier alleine wohnen durfte. Mit dem Raumtrenner vor der Schlafnische konnte man den Schlafbereich völlig verdecken. Eine Tür führte in ein kleines Badezimmer mit einer Dusche und einer Toilette, die beide für den Einsatz im All umgebaut worden waren. Schließlich wollte niemand, dass sich überall Wasser verteilte, wenn die Schwerkraft ausfiel. Im restlichen Raum standen ein kleiner Tisch, ein Stuhl und sogar ein bequem aussehendes Sofa, alles über Magnete am Boden fixiert. Neben dem Tisch stand, eingelassen in die Wand, ein Essensreplikator. Craibian schien Wort gehalten zu haben. Der eigentliche Luxus war jedoch die Wand gegenüber der Tür. Dort konnte man durch ein großes Fenster ins All hinaussehen. Fenster waren rar auf einem Raumschiff. Jedes Fenster war eine potenzielle Schwachstelle und musste mit Schotts abgesichert werden. Valentina wusste, dass das Quartier des Käptens das einzige an Bord war, das einen solchen Luxus genoss. Im Moment konnte man durch das Fenster nur die Schiffswerft in der Nähe und den Mond von Atlantis sehen. Atlantis selbst befand sich auf der anderen Seite des Schiffs. Vermutlich konnte man den Planeten von der Brücke aus sehen. Valentina stellte ihre Tasche neben den Spinden ab, die ebenfalls in die Wand eingelassen waren und ging sofort mit schnellen Schritten auf das Fenster zu. Sie hoffte, mehr sehen zu können, wenn sie direkt davorstand. Tatsächlich konnte sie in der Ferne eine helle Scheibe erkennen. Das musste Niflheim sein. Einer der sechs Schwesterplaneten von Atlantis. Seine Umlaufbahn lag nur einige Millionen Kilometer von der von Atlantis entfernt und die beiden Planeten waren damit für astronomische Verhältnisse sehr nah beieinander. Die anderen fünf Schwesterplaneten zogen ihre Bahnen entweder in ähnlichen Abständen zueinander oder befanden sich gar auf identischen Bahnen, nur auf der anderen Seite der Sonne. Valentina hätte nie gedacht, dass es ein solches Sonnensystem geben würde. Warum hatten sich sieben einzelne Planeten in so unmittelbarer Nähe zueinander gebildet? Warum hatte sich die Materie, nachdem der Stern geboren worden war, nicht in einem einzigen gewaltigen Planeten vereinigt? Vielleicht würden sie das irgendwann herausfinden. Valentina war jedenfalls gespannt, welche kuriosen Sternensysteme sie in den nächsten Jahren entdecken würde und welche Geheimnisse das All für sie noch bereithielt.

      Hier werde ich mich wohlfühlen,dachte sie bei sich. Das wird mein neues Zuhause.

      Craibian mochte Ranoras Wohnung. Alles hier zeigte deutlich, dass sie nicht das war, was man sich unter den Menschen unter einer typischen Frau vorstellte. Eine chaotische Küche, ein unaufgeräumtes Wohnzimmer, aber ein ordentlicher Arbeitsraum. In dem Kühlschrank neben ihrem Schreibtisch befanden sich neben etlichen Bioproben, die sie noch untersuchen wollte, einige Teller mit nicht ganz aufgegessenen Nahrungsmitteln, die Ranora sich wohl für später aufhob. In einem Regal in der Nähe stapelten sich zahllose technische Bauteile, deren genauer Zweck Craibian nicht ganz klar war. Er wusste aber, dass Evan sehr gerne bastelte und Ranora schien dieses Hobby nun mit ihm zu teilen.

      „Ich sehe, du hast dich mit Evan hier sehr gut eingelebt“, stellte Craibian fest.

      Ranora nickte und grinste breit. „Jep.“

      „Und, wie ist es so?“, fragte Craibian interessiert.

      „Unbeschreiblich“, erwiderte Ranora vergnügt. „Ich glaub, ich war noch nie so glücklich.“

      „Das freut mich“, erwiderte Craibian lächelnd. „Nach dem, was in den letzten drei Jahren so passiert ist, tut es gut zu sehen, dass ein gewisses Maß an Normalität wieder einkehren kann.“

      „Das stimmt, auch wenn ich nichts hier als normal bezeichnen würde“, lachte Ranora.

      „Na ja, so normal, wie es eben für atlantische Verhältnisse sein kann“, räumte Craibian ein und sein Lächeln wurde eine Spur breiter.

      „Wie