Dies lief aus unerfindlichen Gründen schief. Seitdem gibt es den Verdacht gegen den Admiral. Sicherheitshalber hat der Gewählte Hochadmiral deshalb die Crew persönlich übernommen, genauso wie er ja auch euch übernommen hat. Kontakt mit ihr gibt es nur noch über mich. Das schränkt den Kreis der Mitwisser entsprechend ein.
Zum Glück, wie es jetzt noch deutlicher geworden ist. Obwohl leider die Beweise bei weitem nicht ausreichen, um gegen den Admiral vorgehen zu können. Er genießt höchstes Ansehen in der Raumflotte. Sogar der Gewählte Hochadmiral von Axarabor sieht derzeit keinerlei Möglichkeit, ihn zu überführen.“
„Dann geht es letztlich also darum, diese Crew zusätzlich zu beschützen und außerdem, dieses Verräters habhaft zu werden, beziehungsweise die Beweislage zu verändern zu seinen Ungunsten? Und welche Rolle sollen wir jetzt dabei spielen?“
„Der Gewählte Hochadmiral hat bestimmt, diese Crew zu euch zu schicken!“
Das war für die Séance wie ein Schock. Ihre geistige Verbindung wäre darüber beinahe zerbrochen. Doch Xirr schaffte es, sie zusammenzuhalten.
„Ist das nicht ein zusätzliches Risiko?“, gab er mit Einverständnis der Gemeinschaft zurück. „Sie könnten das Kartell doch unmittelbar zu uns führen.“
„Es ist nicht anzunehmen, dass die Crew bereits wieder im Fokus ist des Kartells. Der Verräter hat keine Angaben über ihren Verbleib hinterlassen können, sondern lediglich eine kurze Beschreibung zu jeder einzelnen Person. Inzwischen wurden diese Angaben natürlich aus der Datenbank gelöscht, in der Hoffnung, dass sie noch nicht vom Kartell aufgenommen wurden.“
„Und wenn doch?“
„Dann muss das Kartell sie ja erst noch ausfindig machen. Was durch den Verräter nicht mehr geschehen kann, weil der Gewählte Hochadmiral die Koordinierung der Crew wie schon erwähnt rechtzeitig persönlich übernommen hat.
Ihr wisst ja, wie das außerdem so abläuft: Das Kartell hat Mutantenjäger, sogenannte Supermutanten, die imstande sind, über große Distanz hinweg Mutanten aufzuspüren. Vor allem dann, wenn diese ihre Fähigkeiten einsetzen. Damit verstärken sie kurzzeitig ihre Signatur.“
„Genau deshalb ja unsere Bedenken! Es ist anzunehmen, dass Mutantenjäger bereits fleißig dabei sind, den Verbleib dieser Crew herauszufinden.“
„Wäre es schon zu spät, hätte man schon versucht, sie doch noch einzufangen“, entgegnete der Telepath unbeugsam. „Aber noch ist Zeit, sie in Sicherheit zu bringen.“
„Wir nehmen also zu Recht an, wir haben da keinerlei Widerspruchsmöglichkeiten mehr?“
„Nein, habt ihr nicht. Und warum solltet ihr auch dagegen sein? Es sind doch Euresgleichen. Sie sind Mutanten genauso wie ihr, und benötigen dringend eure Unterstützung.“
„So gesehen durchaus richtig“, musste Xirr stellvertretend für seine Crew zugeben. „Tut mir leid, dass wir Bedenken äußerten, aber wir sind es halt nicht gewöhnt, mit anderen Crews zusammenzuarbeiten oder auch nur auf sie aufzupassen.“
„Der Gewählte Hochadmiral von Axarabor hat jedoch auch Anlass zu der Hoffnung, dass ihr gemeinsam eine Lösung finden werdet. Nicht was das Aufspüren des Verräters betrifft vorerst, denn dessen Aufenthaltsort ist bekannt, sondern vor allem, was getan werden muss, um ihn auszuschalten, ehe der Schaden noch größer wird. Ich halte euch auf jeden Fall darüber auf dem Laufenden, wie weit wir ohne eure Hilfe kommen in dieser Angelegenheit. Es ist und bleibt äußerst brisant, und es muss mehr als sorgfältig abgewogen werden, wem zu vertrauen ist und wem nicht. Was euch betrifft und auch die Crew des Scoutschiffs DARWIN, gibt es dahingehend natürlich keinerlei Bedenken!“
„Danke. Wir verstehen. Es ist natürlich damit zu rechnen, dass der Verräter möglicherweise sich rechtzeitig dem Zugriff entzieht. Und weil er ein höherer Würdenträger und somit Geheimnisträger ist, könnte das zu einem noch weitaus größeren Problem führen. Wer weiß denn, was er noch alles mitzuteilen hat, wenn er einmal persönlich in der Obhut des Adakoni-Kartells sein wird?“
„Ich sehe schon, ich muss das nicht mehr näher erläutern. Bis dann!“
Damit war der Kontakt abgebrochen. Die Crew erwachte. Sie sahen sich erschüttert an.
„Und wann ist mit der Ankunft dieser andere Crew zu rechnen?“, fragte Derwinia Tuamor in die Runde. Und sie fügte gleich noch eine weitere Frage hinzu, zu der es keinerlei Hinweis gegeben hatte von Seiten des Telepathen: „Und wer sind die überhaupt im Einzelnen? Also wissen die Drecksäcke vom Kartell derzeit mehr über die als wir, die wir ihnen helfen sollen?“
Niemand konnte darauf etwas sagen. Vorläufig.
Doch dann erreichte sie erneut ein telepathisches Signal.
Sie dachten sogleich wieder an den Telepathen des Gewählten Hochadmirals und schlossen sich reflexartig ein weiteres Mal zur Séance zusammen.
Doch sie irrten sich...
3
Claudile fieberte dem Ergebnis der Séance entgegen, der sie sicherheitshalber hatte fernbleiben müssen. Der Telepath des Gewählten Hochadmirals war extrem stark. Immerhin schaffte er allein etwas, wozu sonst eine komplette 7er-Séance nötig war, nämlich den perfekten telepathischen Kontakt über eine solche Distanz zu halten.
Sie überlegte inzwischen, was man wohl über sie als Eintrag hätte finden können in der zentralen Datenbank der Raumflotte, falls überhaupt bekannt gewesen wäre, dass sie existierte und darüber hinaus auch, dass sie ebenfalls ein Mutant war.
Etwa so:
„Claudile Fermonje – Informatikerin vom Planeten KROOG. Fähigkeit: Zeitreisende, die allerdings die Beherrschung dieser Fähigkeit erst noch ausgiebig üben muss. (Telepathie ist bei ihr nur latent vorhanden!) Aussehen: Klein, zierlich, brünetter Bürstenhaarschnitt, unscheinbar, knabenhafte Oberweite, leichte O-Beine. Sieht sich selber als kleines, hässliches Entlein, von allen unbemerkt, außer natürlich der Crew um Sovie.“
Sie lachte wie über einen Witz. Ja, es stimmte sogar, dass sie stets unbemerkt geblieben war, bevor sie ihrer eigenen Fähigkeit zum Opfer gefallen war. Die Begegnung mit dem Zeitreisenden hatte schließlich alles verändert. Sobald er ihr erschienen war. Vorher hatte sie noch nicht einmal im Geringsten auch nur die Vermutung gehabt, so etwas könnte es wirklich geben. Und nun hatte sie erfahren müssen, selber eine Zeitreisende zu sein.
Der Zeitreisende hatte sie schließlich in die Obhut der Crew um Sovie gegeben. Seitdem war sie hier. Und sie nutzte ihren Aufenthalt an Bord der DARWIN nicht nur, um die einzelnen Crewmitglieder und ihre abgefahrene Vergangenheit kennenzulernen, sondern vor allem eben um zu üben, ohne Gefahr zu laufen, besonders großen Schaden anrichten zu können. Zumal die Mutanten-Crew während größerer Experimente immer erst eine Séance durchführte, um sie lückenlos überwachen zu können. So würde die Crew als Vereinigung aller Seelen an Bord rechtzeitig einschreiten können, um das Schlimmste zu verhindern.
Bisher war alles gut gegangen, obwohl sie zugeben musste, nicht wirklich schon weit gekommen zu sein mit dem Üben.