Geduld als Ressource. Bettina Siebert-Blaesing. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Bettina Siebert-Blaesing
Издательство: Bookwire
Серия: Wissenschaftliche Beiträge aus dem Tectum Verlag: Pädagogik
Жанр произведения: Социология
Год издания: 0
isbn: 9783828876781
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      z.B. zum Beispiel

      Wenn sich Coaching – wie es aktuelle Tendenzen in Aussicht stellen – weiterhin im Aufwärtstrend befindet und viele namhafte Experten dieser Beratungs-, Unterstützungs- und Begleitungsform vielfältige positive Entwicklungschancen bescheinigen, wird es in Zukunft nicht nur als personenbezogene Dienstleistung für (Sozial-)Manager und Führungskräfte aus öffentlichen und privaten Trägern der Sozialen Dienste immer interessanter werden, sondern v.a. auch für unterschiedlichste Adressat*innengruppen der Sozialpädagogik. Denn gerade für jene, die erschwerte Lebens- und individuelle Problemlagen zu meistern haben, könnte ein sozialpädagogisches Coaching eine zusätzliche, spezifische Hilfe (zur Selbsthilfe) bedeuten, mit der soziale Benachteiligungen abgebaut und persönliche Entwicklung und Lebensbewältigungskompetenzen gefördert werden könnten.

      Die persönlichkeitszentrierte Entwicklung des Subjekts und die Arbeit an der Sinnfindung und Sinngebung für einen gelingenden Lebensentwurf ist somit nicht nur das Kernthema verschiedenster Ansätze humanistisch geprägter sozialpädagogischer Beratung, sondern ebenso das eines sozialpädagogischen Coachings. Dieses versteht sich als eine spezifische Teilform professioneller Beratung, Beziehung, Begegnung, Bildung, Betreuung und Begleitung von Menschen unterschiedlichster Lebensalter. Dabei hat sich das sozialpädagogische Coaching als Medium der Gestaltung und Bewältigung von Lebensaufgaben jedoch erst noch konzeptionell, (meta-)modelltheoretisch und ethisch zu begründen, empirisch zu belegen sowie wissenschaftlich abzusichern, um sich tatsächlich auch als innovative Form professionellen, methodischen Handelns in der Sozialpädagogik ausweisen zu können.

      Auf der Basis der Lesart einer modernen Sozialpädagogik, die auf Ressourcen, Potentiale und Stärken ihrer Adressaten setzt, die Fragen des Selbstmanagements, der Selbststeuerung, der Selbstregulation, des Lernens und der Handlungsbefähigung rekrutiert und – wie im Coaching auch – die Hoffnung auf eine gelingende(re) Lebensbewältigung und auf eine gelingende Lebensführung teilt, lassen sich auch jene Forschungsarbeiten zuordnen, die sich seit 2005 am Lehrstuhl für Sozialpädagogik an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt zur Entwicklung und Begründung eines dezidiert sozialpädagogischen Coachings bemühen.

      Die vorliegende Studie von Frau Siebert-Blaesing reiht sich sehr eindrucksvoll in diese Forschungstradition mit ein. Sie ist als ein äußerst gelungener Versuch zu sehen, dort forscherische Pionierarbeit zum sozialpädagogischen Coaching zu leisten, wo sich bisher noch niemand vorzudringen wagte, und das Konzept des sozialpädagogischen Coachings nicht nur theoretisch als ressourcenorientierte und gesundheitsförderliche, innovative Denk- und Handlungslogik weiter zu denken und zu spezifizieren, sondern den Aspekt der „Geduld“ neu in das Repertoire sozialpädagogischer Coaching-Forschung einzuflechten und empirisch-evaluativ zu überprüfen.

      Frau Bettina Siebert-Blaesing legt mit ihrer Studie eine Arbeit vor, die wohl einzigartig und von ihrem Wert her und von ihrer Relevanz für die Weiterentwicklung des sozialpädagogischen Coachings in seinen spezifischen Ausprägungen nicht hoch genug zu würdigen ist. Mit äußerster Akribie und verbindlicher wissenschaftlicher Objektivität bearbeitet die Autorin die gesamte relevante Literatur, die im Kontext der Hauptbegriffe „Geduld“, „Gesundheitsförderung“ und „Coaching“ erschienen ist.

      Die Verfasserin kann zum einen durch ihre Recherche der geschichtlichen Quellen und der Sichtung bisher veröffentlichter empirischer Studien zum Themenkomplex eindrucksvoll verdeutlichen, dass „Geduld“ eine wesentliche psychosoziale Ressource bei langanhaltenden und schwierigen Herausforderungen und Krisensituationen ist und sie begründet plausibel die inter-, multi- und transdisziplinäre Bedeutung der „Geduld“ für ein vernetztes Handeln und Verstehen in sozialpädagogischen Handlungsfeldern. Zum anderen kann Frau Siebert-Blaesing durch ihre eigene empirische Forschung und durch eine beispielhaft akkurate Analyse und Interpretation der Ergebnisse sehr überzeugend belegen, dass sämtliche, mit „Geduld“ kontextuell verbundene Kriterien äußerst hilfreich sind für die Praxis eines sozialpädagogisch inspirierten Einzelcoachings mit jungen Erwachsenen.

      Eine Vielzahl der Ergebnisse aus vorliegender Studie sind ebenso anschlussfähig für etwaige methodische Weiterentwicklungen, insbesondere der sozialpädagogischen Beratung sowie einer dezidiert gesundheitswissenschaftlich konzipierten Sozialpädagogik. Damit wird das notwendige systematische Reflektieren innerhalb der Sozialpädagogik und den Gesundheitswissenschaften befördert, die sich – so die Prognose – in Zukunft weiter annähern werden.

      In vielerlei Hinsicht betritt Frau Siebert-Blaesing mit ihrer Forschungsarbeit wissenschaftliches Neuland, das es auf höchstem wissenschaftlichem Niveau zu erobern galt. Es ist der Autorin zu wünschen, dass ihre akademisch-wissenschaftliche Neugier zur Erkundung weiterer Gegenstandsbereiche des sozialpädagogischen Coachings niemals versiegt. Dem vorliegenden Buch wünsche ich viele interessierte LeserInnen, die sich durch das sozialpädagogische Coaching inspiriert fühlen und die das Thema „Geduld“ auch für ihre praktische Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden fruchtbar machen möchten.

      Eichstätt, den 15.12.2020 Apl. Prof. Dr. Bernd Birgmeier

      Gesundheitsförderung ist ein interdisziplinäres wissenschaftliches Feld, das 1986 durch die Ottawa-Charta der Weltgesundheitsorganisation nicht nur gesundheitswissenschaftlich, sondern auch gesundheitspolitisch explizit und auf höchster Ebene adressiert wurde. Seit dieser Zeit entwickelt sich das Feld stetig weiter, naturgemäß wird es von den Entwicklungen in den theoretischen und angewandten Bezugswissenschaften aber auch gesellschaftlichen Prozessen nicht nur beeinflusst, sondern wirkt auch in diese hinein. Kurz gesagt, Gesundheitsförderung ist ein Thema der Zeit; Aufbau, Aufrechterhaltung, Wiederherstellung und vor allem Förderung von gesundheitsbezogenen Ressourcen, Kompetenzen, Fertigkeiten und Verhaltensweisen auf individueller und/oder gesellschaftlicher Ebene sind äußerst relevant. Mit diesem salutogenetischen Anspruch steht Gesundheitsförderung natürlich nicht allein in der wissenschaftlichen Landschaft, beispielsweise wird dies ja auch durch die Sozialpädagogik, Soziale Arbeit, Erziehungswissenschaften aber auch durch die Präventionsmedizin und Resilienzforschung angestrebt. Insofern wundert es nicht, dass auf Potenzialentfaltung und –entwicklung ausgerichtete Beratungs- und Unterstützungsangebote wie das Coaching sich auch zunehmenden Interesses erfreuen.

      Der naheliegende, aber bisher nur selten explizit untersuchte Zusammenhang zwischen Gesundheitsförderung und Coaching wird in der vorliegenden Arbeit von Frau Siebert-Blaesing anhand einer etablierten, altehrwürdigen Tugend, der Geduld, für das Anwendungsfeld des Einzelcoachings junger Erwachsene systematisch und aus unterschiedlichen Perspektiven untersucht. Besonders interessant ist dabei die Vorgehensweise von Frau Siebert-Blaesing, die konzeptionell-theoretische Arbeit mit empirischer Forschung kombiniert und synthetisch verbindet. So wird das Thema Geduld nicht nur historisch, philosophisch, ethisch, psychologisch, soziologisch beleuchtet, sondern auch neurobiologisch und verhaltenswissenschaftlich fundiert und extrem detailliert dargestellt. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse werden auf dem Hintergrund der empirischen Ergebnisse reflektiert und dann daraus praktische Handlungsempfehlungen entwickelt.

      Vor allem die Tatsache, dass die empirische Studie im Kontext der Kirchlichen Jugendarbeit über einen Zeitraum von drei Jahren durchgeführt wurde, macht diese Studie extrem wertvoll und aus meiner Sicht zumindest im deutschsprachigen Raum auch einzigartig. Hier werden erstmals auf empirische Weise, mit einem dafür gut geeigneten strukturiert-qualitativen Ansatz, Ansichten, Haltungen und Einstellungen junger Menschen zum Thema Geduld und ihren Zusammenhang mit Gesundheit erhoben und detailliert analysiert, um daraus sieben praktische Handlungsempfehlungen für das Einzelcoaching abzuleiten. Da die Stichprobe für qualitative Studien groß ist, und eine äußerst hohe Rücklaufquote vorliegt, kann in dieser Zielgruppe sicherlich Repräsentativität vorausgesetzt werden, was nebenbei gesagt nicht immer in qualitativen Forschungsstudien vorkommt. Mit äußerster Akribie, methodologischen Geschick und Fleiß hat Frau Siebert-Blaesing einen äußerst umfangreichen Datensatz