Das Tagebuch der Prinzessin Leia. Carrie Fisher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Carrie Fisher
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Сделай Сам
Год издания: 0
isbn: 9783854456261
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und da „mehr“ nicht kam, versuchte er, mir zu helfen: „Wie haben sie mit dir gearbeitet?“

      Ah, das wollten sie also wissen. „Die ließen mich die Szene wieder und wieder spielen – mit Essen. In der Szene wurde gegessen. Ich musste Warren einen gebackenen Apfel anbieten und ihn dann fragen, ob er es mit meiner Mutter mache – mit ihr schlafe –, Sie wissen schon!“

      George überwand sich fast zu einem Lächeln, Brian lächelte tatsächlich. „Ja, ich weiß, was ‚es machen‘ bedeutet.“

      Ich wurde knallrot und dachte kurz daran, das Vorstellungsgespräch augenblicklich abzubrechen. Doch ich kämpfte weiter.

      „Nein, nein, so lautete der Dialog: ‚Machst du es mit meiner Mutter?‘ Ich fragte ihn das, weil ich meine Mutter hasste. Nicht die im wirklichen Leben. Ich hasse die Mutter im Film, teils, weil sie mit Warren schläft – der ihr Friseur ist. Lee Grant spielte meine Mom, aber ich hatte keine große Szene mit ihr, was schade war, denn sie ist eine grandiose Schauspielerin. Und Warren ist auch ein großartiger Schauspieler, und er schrieb auch das Drehbuch mit Robert Towne, und darum haben die beiden auch mit mir gearbeitet. Mit Essen. Es klingt einfach natürlicher, wenn man beim Sprechen etwas isst. Nicht, dass Sie das in Ihren Filmen machen würden! Vielleicht in dem unheimlichen Film, aber ich habe keine Ahnung, wie es mit Essen im Weltall ist.“ Das Treffen schien nun besser zu laufen.

      „Und was hast du seit Shampoo so angestellt?“, fragte George.

      Ich verkniff mir den Kommentar, ich hätte zwischenzeitlich drei Symphonien komponiert und gelernt, wie man Dental-Chirurgie bei Affen durchführe, sondern erzählte stattdessen die Wahrheit.

      „Ich bin nach Großbritannien gegangen, auf die Schauspielschule. Ich schrieb mich bei der Central School of Speech and Drama ein.“ Es sprudelte nur so aus mir heraus, und ich bekam kaum mehr Luft. „Also, ich bin nicht dahingegangen, ich gehe immer noch dahin. Ich habe gerade Weihnachtsferien und bin deswegen zu Hause.“

      Mir stockte der Atem. Brian nickte, wobei er die Augenbrauen fast bis zum Haaransatz hochzog, als sei er überrascht. Er fragte mich höflich nach meinen Erfahrungen an der Schauspielschule, und ich antwortete ebenso höflich, während George scheinbar unbeteiligt zuschaute. (Erst später erfuhr ich, dass Georges Gesichtsausdruck keine Gleichgültigkeit oder etwas ähnliches bedeutete. Er drückt Schüchternheit und Urteilsvermögen aus und neben vielen anderen Charaktereigenschaften auch Intelligenz und Bildung und – etwas, das man mit dem Wort „Darling“ umschreiben könnte. Nein, nicht exakt dieses Wort, da es sich zu sehr auf junge Menschen bezieht und nicht eindeutig genug ist. Mal abgesehen davon – und was am wichtigsten ist –, George würde es auch hassen.)

      „Was würdest du machen, wenn du einen der Jobs bekommst, für die du jetzt vorsprichst?“, fuhr Brian fort.

      „Ich meine, es würde natürlich von der Rolle abhängen, aber … ich schätze mal, ich würde die Schule schmeißen. Ich meine, ich weiß, dass ich es machen würde. Weil, ich meine …“

      „Ich weiß, was du meist“, unterbrach mich Brian. Das Vorstellungsgespräch ging noch weiter, doch ich war nicht mehr länger bei der Sache – bereits voll und ganz überzeugt, es vermasselt zu haben, indem ich meine Illoyalität preisgegeben hatte. Meine Schule mitten in der Ausbildung verlassen – für den ersten Job, der sich anbot?

      Kurz darauf war das Gespräch beendet. Quasi beim Hinausgehen gab ich beiden Männern die Hand und ging den Weg, der mich zum Galgen der Vergessenheit führen würde.

      Ich kam wieder in das vorgelagerte Büro und wusste ganz sicher, dass ich wieder zurück zur Schule müsste. „Miss Fisher“, hörte ich da einen Casting-Assistenten rufen. Ich erstarrte wie schockgefroren oder wäre erstarrt, hätten wir uns nicht im sonnigen Los Angeles befunden. „Hier sind Ihre Seiten. Den Flur zwei Türen runter. Sie lesen noch auf Video vor.“ Ich spürte meinen pochenden Herzschlag, wo auch immer man seinen Puls fühlen kann.

      Bei der Szene aus Carrie spielte die Mutter mit (später beeindruckend von Piper Laurie dargestellt). Es war eine düstere Szene, in der die Leute bedrohlich wirkten. Doch die Szene in Star Wars – da gab es überhaupt keine Mutter! In der merkwürdigen Sprache, die man da benutzte, erkannte ich Autorität, Vertrauen und Respekt. Konnte ich das verkörpern? Hoffentlich würde George das so sehen. Ich vermochte es vorzutäuschen. Vorzutäuschen, ich sei eine Prinzessin, deren Leben sich vom Chaos bis zur nächsten Krise bewegt und die keine Zeit hat, sich ihr Kleid anzuschauen, das glücklicherweise nicht zerrissen war.

      Heute kann ich mich besser an das Gefühl beim Lesen der beiden Szenen erinnern. Ich schätze mal, ich schlug mich laut und lange durch den Text. Mochten sie mich? Dachten sie, ich sei zu dick? Glaubten sie, ich ähnle einer Schüssel Haferflocken mit Verzierungen? Vier kleine dunkle Punkte in einem großen, flachen und bleichen Gesicht („Ich Bleichgesicht – du Tonto“). Fanden sie, ich sei hübsch genug? War ich überhaupt so liebenswert, dass ich mich selbst entspannen konnte? Glauben Sie bloß nicht! Der Grund?

      a) In meinem Umfeld war Entspannen ein Fremdwort.

      b) Im ganzen Showbusiness gibt es keine Entspannung.

      George aber muss wohl geglaubt haben, ich sei gut genug, um mich ein zweites Mal zu sehen. Sie schickten mir das Star Wars-Skript zur Vorbereitung für das nächste Vorlesen. Ich erinnere mich noch daran, wie ich den braunen Briefumschlag ganz behutsam öffnete, Ecke für Ecke, und dann den unbekannten Inhalt herauszog. Das Skript sah auch nicht anders aus als andere Drehbücher – an beiden Seiten mit einem Papp-ähnlichen Falz verstärkt, der das gewöhnliche Papier schützte. Ich schaute auf das Buchstaben-Wirrwarr, das einem Ameisenhaufen glich, und wollte den Text sofort laut vorlesen, warum auch immer.

      Auftritt: Miguel Ferrer! Wie ich wusste Miguel nicht, ob er wirklich Schauspieler werden sollte. Wir zeigten uns beide jedoch so fasziniert, dass wir unseren Weg weiter erforschen wollten. Wie ich stammte auch er aus einer Showbusiness-Familie. Sein Vater war der Schauspieler José Ferrer und seine Mutter die Sängerin/Darstellerin Rosemary Clooney. Guter Freund, der er war, rief ich ihn an und bat, das Drehbuch mit mir zu lesen. Er kam zum neuen, wesentlich kleineren Haus meiner Mutter – seit einer zweiten zerbrochenen Ehe waren ihre finanziellen Möglichkeiten dramatisch eingeschränkt –, und wir gingen in mein Zimmer im ersten Stock.

      Wie jeder andere junge Mann aus Hollywood mit Schauspielabsichten hatte auch Miguel schon vorgesprochen. Somit wussten wir beide, was uns erwartete. Wir setzten uns aufs Bett und begannen zu lesen. Schon auf der ersten Seite – STAR WARS: A SPACE FANTASY – sprangen uns die Charaktere und Bilder förmlich entgegen. Sie drangen nicht nur in unsere Vorstellungskraft ein, sondern setzten sich auf die Stühle und die uns umgebenden Möbel. Ich übertreibe (aber nur ein kleines bisschen), doch sie hätten tatsächlich auf die Möbel springen und das Blut eines „Englishman“ trinken können, denn es war ein Epos, das jeden schnöden Science-Fee-Fi-Fo-Fum überragte.

      Die Bilder des Weltalls öffneten sich vor uns, Planeten und Sterne zogen vorbei. Die Figur, in die ich schlüpfte, Leia, war von dem bösen Darth Vader entführt und an den Füßen aufgehängt worden, als der Schmuggler-Pilot Han Solo (den Miguel gerade las) und sein gigantischer, Affen-ähnlicher Co-Pilot Chewbacca mich retteten. Man hatte mich (im Drehbuch) mit dem Kopf nach unten aufgehängt. Ich war bewusstlos und hatte gelbe Augen. Ich werde das Bild niemals vergessen. Wer auch immer die Rolle der Prinzessin Leia bekäme, durfte das spielen. Vielleicht sogar ich? Möglicherweise – mit etwas Glück – würde ich von Han Solo und Chewbacca (Chewie!) aus den tiefgelegenen Gewölben befreit werden, wo man mich folterte. Chewie würde mich über seine Schultern wuchten und durch bis an die Oberschenkel reichendes Wasser tragen, während wir uns vor der (interplanetarischen) Bedrohung in Sicherheit brächten.

      Leider wurden diese Bilder niemals realisiert, was an einer Kombination aus Kostengründen und der Tatsache lag, dass Peter Mayhew – den man für die Rolle des Chewie auserwählte – trotz seiner extremen Größe von über 2,10 Meter nicht in der Lage war, mich zu tragen. Er hatte gesundheitliche Probleme, die verhinderten, dass er sich schnell erheben und dann stabil aufrecht stehen konnte. Für ihn war es einfach unmöglich, irgendein Gewicht aufzuheben und zu stemmen. Und mein Gewicht,